KONTROVERSE ÜBER KONTROLLUNTERSUCHUNG FÜR ÄLTERE AUTOFAHRER

Bundesrat und eine Mehrheit der Verkehrskommission finden, dass Kon­trollen für Lenker erst ab 75 nötig sind. Die bfu erarbeitet eine Studie dazu.

Soll die ärztliche Kontrolluntersuchung mit 70, wie bisher, beginnen oder auf 75 angehoben werden? Darüber entscheidet das Parlament. © bfu

Sind ältere Autofahrer eine Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer, sodass sie strenger oder öfter auf ihre Fahreignung überprüft werden müssen? Genaue Statistiken oder sonstige verlässliche Angaben gibt es dazu nicht. Tatsache aber ist, dass im Jahr 2016 schätzungsweise 9800 Personen im Alter von 70 bis 74 Jahren freiwillig auf den Ausweis verzichteten. Das geschah meist bei einer ärztlichen Kontrolluntersuchung, wie Zahlen der Kantone zeigen. Von diesen 9800 freiwilligen Ausweisverzichten erfolgten geschätzte 60 Prozent bei der ersten Untersuchung im Alter von 70 Jahren. Bei den weiteren Untersuchungen bis zum 75. Altersjahr nehmen die freiwilligen Verzichte auf den Ausweis stark ab, ebenso die Entzüge. Und genau um diese beiden Zahlen 70 und 75 geht es. Bisher wurden alle Autofahrer bei der Erreichung des 70. Geburtstages vom Verkehrsamt zur ärztlichen Kontrolle aufgeboten. Alle zwei Jahre wird diese Kontrolle wiederholt.

Geteilte Ansichten

Nun beschloss eine Mehrheit des Parlaments, dass sich Autofahrer erstmals mit 75 Jahren dieser Kontrolluntersuchung zu stellen haben. Zu diesem Zweck erarbeitete die Verkehrskommission des Nationalrats einen Gesetzesentwurf, nachdem sie zuvor eine Vernehmlassung dazu durchgeführt hatte. Die Meinungen waren geteilt. So sprachen sich 12 Kantone für die Erhöhung der Alterslimite aus, 14 waren dagegen. Auch bei den anderen Stellen waren die Antworten unterschiedlich. So beschloss die Verkehrskommission in ihrer Mehrheit, die Kontrolluntersuchung für ältere Autofahrer vom 70. auf das 75. Altersjahr heraufzusetzen.

Der Bundesrat beantragt in seiner Stellungnahme zu diesem Bericht, auf die Vorlage einzutreten und unterstützt diesen Vorschlag. Er ist der Ansicht, dass die Eigenverantwortung der Senioren beim Entscheid, wann sie mit dem Autofahren aufhören sollen, gestärkt werden soll. Das allein genüge aber nicht. So muss nach Auffassung des Bundesrats mit flankierenden Massnahmen zwingend sichergestellt werden, dass sich der spätere Beginn der obligatorischen Untersuchung nicht negativ auf die Verkehrssicherheit auswirkt.

Deshalb seien die älteren Autofahrer besser zu informieren und zu sensibilisieren. Das könne etwa dadurch geschehen, dass sie bei Vollendung des 70. Altersjahres ein Schreiben mit Informationen und Hinweisen zu Beratungs- und Kursangeboten rund um das Thema Fahreignung erhalten. So sollen sie etwa mit den Assistenzsystemen vertraut werden, mit denen neue Autos ausgerüstet sind und die das sichere Fahren erleichtern. Zu empfehlen wäre aber älteren Autofahrern schon heute, eine Fahrstunde mit Fahrlehrern zu absolvieren.

Dass die Vorschläge des Bundesrats nicht überall gut ankommen, ist kein Geheimnis. Dass sich aber die bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung) gemäss ihrem Pressesprecher Nicolas Kessler weder für noch gegen die Heraufsetzung der Alterslimite ausspricht, berührt doch seltsam. Es fehle an einer wissenschaftlichen Studie bisher, heisst es. Deshalb sei die bfu jetzt daran, eine solche auszuarbeiten, die dann in zwei bis drei Jahren vorliegen sollte. Dann dürfte allerdings das Parlament seinen Entscheid bereits gefällt haben.

AO

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