So zufrieden sei er in seiner langen Karriere selten gewesen nach einem Sieg, sagt Marcel Steiner nach seinem Erfolg beim Bergrennen in Oberhallau SH. Der Sieg am Wochenende, der dritte in dieser Saison nach Hemberg SG und Les Rangiers JU, war der ersehnte Exploit. Irgendwo müsse er Eric Berguerand noch in die Knie zwingen, wenn er den Titel holen wolle, hatte der Berner während der Saison bisweilen gemahnt. Vor den ausstehenden Bergrennen am Gurnigel BE und in Les Paccots FR steht es nach Punkten und mit Berücksichtigung des Streichresultats 117:117 im Duell Steiner gegen Berguerand.
Nicht nur der Zweikampf in der Schweizer Bergmeisterschaft kostete die beiden Kontrahenten Nerven. Das Bergrennen Oberhallau, welches wegen der 100-Jahr-Feier über drei statt zwei Tage ging, wurde zur feuchtfröhlichen Party. Vor allem am Samstag und Sonntag zwangen Regengüsse die Piloten immer wieder zum Umdenken in der Reifenfrage. «Beim zweiten Rennlauf stand ich im Startgelände, an meinem Auto waren noch Slicks aufgezogen, als der Regen einsetzte. Beim dritten und letzten Rennlauf habe ich auf dem Livestream gesehen, dass die Ideallinie zu trocknen begann, weshalb ich mich bei Piloten, die bereits im Ziel waren, über die Situation erkundigte», sagte Steiner zum Reifenpoker.
Berguerans Kopf rauchte nicht weniger. Der Walliser musste sich zwischen Regenreifen von Avon oder Michelin entscheiden: «Ich habe mich für Avon entschieden. Die funktionierten gut, aber der zweite Lauf war zu nass, und die 3.5 Sekunden Vorsprung, die ich auf Steiner herausfuhr, nützten nichts, weil das der langsamste Lauf war.» Der einzige Fehler, den er gemacht habe, sei, dass er «die Hälfte des ersten Laufs verschlafen habe». Es war eine weitere Herausforderung, die das Wetter mit sich brachte: Die Gruppe 3 mit den Klassen, in denen Steiner und Berguerand fuhren, konnte am Samstagabend nicht mehr an den Start. Der erfolgte tags darauf nach sieben Uhr.
Rabenschwarzes Wochenende
Da passte Robin Faustini. Der Aargauer, 2022 und 2019 in der Berg-SM hinter Berguerand und Steiner jeweils Dritter, erlebte ein rabenschwarzes Wochenende, das er im Gesamtklassement auf Platz 13 beendete. Dass ihm der E-Scooter geklaut wurde, war eine Nebengeschichte. «Vor dem ersten Lauf hatte ich keine Anzeige auf dem Dashboard meines Autos. Ich verzichtete auf den Start, weil ich keinen Motorschaden riskieren wollte. Zudem fuhr ich das erste Regenrennen mit diesem Auto», erklärte Faustini. «Mir hat es zu wenig geregnet», meinte hingegen Thomas Amweg, hinter Joël Volluz viertbester Schweizer. Im Trockenen fehle ihm mit dem Reynard-Formel-3000 noch die Erfahrung. «Deshalb schlagen wir am Gurnigel zu», sagte Amweg und grinste. 2019 gewann er den Klassiker – im Regen!
Für Roger Schnellmann, Bruno Sawatzki, Stephan Burri, Michael Schläpfer und Thomas Zürcher geht es wie im Duell Steiner – Berguerand in den verbleiben Rennen um Titel. Schnellmann und Sawatzki holten im SM-Kampf bei den Tourenwagen wieder Klassensiege. Burri (Sieger Interswiss bis 2000 cm3) hat im Bergpokal (Tourenwagen bis 2000 cm3) die Nase nun auch unter Berücksichtigung der zwei Streichresultate vorn, weil Sébastien Coquoz in seiner Klasse (E1 bis 2000 cm3) nur Dritter wurde. «Die Anspannung steigt. Verschreien will ich es nicht, aber die Weichen sind gestellt», sagte Burri. Leicht resignierte Töne schlug Michael Schläpfer an. Der Leader im Renault-Classic-Cup sieht seinen Vorsprung auf Thomas Zürcher schmelzen. «Ich glaube nicht, dass es reicht. Bei den zwei letzten Rundstreckenrennen auf dem Nürburgring bin ich gegen Tom wohl chancenlos.» – Auf einen spannenden Saisonschlussspurt!
Burgermeister, Synfuel-Rennsport und Darani gehen neue Wege
Es wäre interessant zu sehen, was Joel Burgermeister in einem Dreiliter-Sportwagen für Zeiten fährt. Zu diesem Schluss kamen Andreas Jenzer und die AUTOMOBIL REVUE beim Fachsimpeln. Rennstallbesitzer Jenzer betreut den Formel 4 mit 2000 Kubikzentimetern Hubraum, mit welchem Burgermeister zum schnellsten vieler Formel-piloten in der Zweiliterklasse geworden ist. Allein beim Bergrennen Les Rangiers JU am vorletzten Wochenende verbesserte Burgermeister seine Bestzeit um über fünf Sekunden. Vergangene Saison trat er erstmals mit dem F4 an, musste sich aber nach dem Wechsel vom Tracking mit Saugermotor an die Charakteristik eines Turbos gewöhnen. «Mittlerweile fahre ich problemlos», sagt Burgermeister. Seit Mitte Juli beim Bergrennen in Anzére VS habe er auch sehr viel Vertrauen ins Set-up seines Boliden. Den hat er seit Saisonbeginn allerdings zum Verkauf ausgeschrieben, das ist kein Geheimnis. Umso mehr fragt man sich: Bahnt sich da etwas in Richtung Dreiliter-Sportwagen an? «Ein solcher würde mich irrsinnig reizen! Nur kann ich ein solches Auto finanziell allein nicht stemmen. Was ich mit einem solchen Rennwagen leisten könnte, weiss ich nicht, denn ich bin nie zuvor ein solches Auto gefahren.» Ein Dreiliter-Sportwagen – für Joel Burgermeister ein Traum, «aber die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben».
Bestimmt neue Wege geht die Schweizer Automobilmeisterschaft. Beim Bergrennen in Oberhallau startete erstmals eine ganze Klasse mit Autos, die synthetischen Treibstoff getankt hatten. Initiator Mathias Schläppi in einem Hyundai i30 siegte im sechsköpfigen TCR-Feld vor Patrick Flammer in einem Opel Astra und Danny Krieg in einem Seat Leon.
In Oberhallau war auch Christian Darani wieder mit von der Partie. Er bietet seinen kultigen Fiat X1/9 zum Verkauf an. Für Rennsport bleibe künftig weniger Zeit wegen der Familie und der Arbeit, begründet der Tessiner diesen Schritt.
Drei, die in Oberhallau auffielen: Joel Burgermeister holte den nächsten überlegenen Sieg bei den Zweiliter-Formelrennwagen und träumt von mehr Hubraum, Mathias Schläppi ist der erste Sieger einer Klasse mit Autos, die alle mit synthetischem Treibstoff betankt waren, und Christian Darani will seinen Fiat X1/9 verkaufen (v. l.).