Mit etwas Phantasie kann man den GT1 als Porsche 911 bezeichnen. Er war in erster Linie ein Rennwagen mit wilder Geschichte.
- Gebaut von 1996 bis 1998
- Wahrscheinlich 33 Exemplare
- Heute unbezahlbar
Anfang der 90er-Jahre hatte Porsche beschlossen, sich auf den GT-Rennsport zu konzentrieren. Man baute Marken-Pokale auf, konnte dann auch in der GT2-Serie Erfolge feiern, doch es brauchte auch noch ein Fahrzeug, mit dem die Stuttgarter um die Gesamtsiege kämpfen konnte. Die damaligen FIA-Vorgaben waren klar: die Basis musste erkennbar bleiben, es mussten mindestens 25 Exemplare auch für den Strassenverkehr tauglich bleiben.
Anfang Juli stand ein erstes Projekt auf Basis der Baureihe 993, aber nur gerade 1,1 Meter hoch, Ende Juli gab der Vorstand grünes Licht, Anfang März 1996 erfolgte der Roll-out der ersten zwei Rennversionen. Nach 234 Tagen Entwicklungsarbeiten schafften diese beiden Fahrzeuge 1996 den zweiten und dritten Rang bei den 24 Stunden von Le Mans.
Auch wenn das Fahrzeug als 911 bezeichnet wurde (bezeichnet werden musste…): Von einem 993 wurde tatsächlich nur gerade der vordere Unterwagen verwendet, der Motor war auch ein Sechszylinder-Boxer, für den Motorgehäuse und Kurbeltrieb aus dem 911 GT2 Evo eingebracht wurden, doch sonst war alles komplett neu. Die Maschine wurde mittig in einem angeflanschten Rohrrahmen eingebaut, die Zylinder wurden zu einem Dreierpack zusammengefasst – und gekühlt wurde mit Wasser anstatt Luft. Der Hubraum betrug 3,2 Liter, es gab zwei KKK-Turbolader, die Leistung wurde für den Rennbetrieb auf 600 PS bei 7200/min und 650 Nm maximales Drehmoment bei 5500/min «begrenzt». Die Kraftübertragung übernahm ein neu entwickeltes 6-Gang-Getriebe, das hinter dem Motor angeordnet war.
Mit den Zahlen ist es so ein bisschen eine Krux (wie so oft bei Porsche). Anstatt der 25 geforderten Exemplare wurden 1996 wahrscheinlich nur gerade drei Stück gebaut, alles Rennversionen. Vielleicht waren es auch sechs. 1997 waren es dann mehr, vielleicht 22 Exemplare mit den Bezeichnungen «Kunden Strasse» und «Kunden Rennen», aber beide mit nur 544 PS. Aber die Renn-Saison 1997 war eine Katastrophe, es gab in elf Rennen keinen einzigen Sieg. Und hier müsste die Geschichte des Porsche 911 GT1 eigentlich enden.
Doch so einfach gab sich Porsche selbstverständlich nicht geschlagen (ganz besonders nicht von Mercedes). Für die Renn-Saison wurde das Fahrzeug nicht weiter entwickelt, sondern komplett neu aufgebaut. Der Vorderwagen des 911 fiel weg, es gab ein komplettes Kohlefaser-Monocoque, der Radstand wurde von 2,5 auf 2,7 Meter verlängert, das Fahrzeug wurde insgesamt 20 Zentimeter länger (4,89 Meter), noch einmal 5 Zentimeter breiter (1,99 Meter) und 3 Zentimeter flacher (1,14 Meter); das Gesamtgewicht belief sich noch auf 950 Kilo. Auch am Motor wurde gebastelt. Wahrscheinlich entstanden fünf Stück, «Coupé Werk» genannt. Und sie holten 1998 einen Doppelsieg in Le Mans. Danach zog sich Porsche für viele Jahre aus dem obersten Rennklassen zurück.
Selbstverständlich kommen diese Porsche 911 GT1 selten auf den Markt. Und vor allem ist es auch nicht ganz so einfach, sie einzuordnen, manch ein Strassen-Fahrzeug fuhr auch Rennen, dafür gab es Rennwagen, die später zu Strassen-Versionen umgebaut wurden. Man darf sich glücklich schätzen, wenn man überhaupt je einen zu sehen bekommt.
Es soll hier eine kleine Serie von «seltenen Porsche» entstehen, bereits vorgestellt hatten wir den Porsche 911 T/R, den Porsche 928 Clubsport, die «Flachbau»-Turbo, den Porsche 968 Turbo S, die so genannten «Package»-911er und den Ruf Turbo R. Mehr Old- und Youngtimer finden Sie in der monatlichen Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE, Abos gibt es: hier.