Der Bund fordert von den Automobil-Importeuren immer strengere Co2-Grenzwerte einzuhalten. Ansonsten werden sie sprich die Hersteller kräftig zu Kasse gebeten. Was aber tut der Bund mit seinen eigenen Fahrzeugen? Zum Teil ist es beschlossene Sache, dass Fahrzeuge der Bundesverwaltung künftig elektrisch sein müssen. Und was tut speziell die Armee, die ja sehr viele Fahrzeuge betreibt? Immerhin verursacht die Mobilität im VBS 75 Prozent der CO2-Emissionen, wobei 50 Prozent davon auf den Luftverkehr zurückgehen. Bleibt indes immer noch ein stattlicher Teil für die Fahrzeuge am Boden.. Das VBS verbraucht rund 80 Millionen Liter Treibstoff jährlich. Das meiste davon als Diesel. «Persönlich liegt mir sehr viel daran», betont VBS-Chefin Viola Amherd, «die Umweltbelastung zu reduzieren». Insofern stehen die Zeichen von ganz oben her auf grün, in Zukunft grüner zu werden. Auf den Fahrzeugbestand adaptiert bedeutet das, lieber früher als später saubere Diesel- und Benzinmotoren beschaffen, wo alternative Antriebe sprich Elektromobilität (noch) nicht möglich ist. Dazu gehört es zum Auftrag für die dazugehörende Infrastruktur punkto Laden, Warten und (sauberer) Stromproduktion zu sorgen. Als Leitziel besagt die Armeebotschaft 2021 nämlich, den Co2-Ausstoss im VBS bis 2030 gegenüber 2001 um mindestens 40 % zu senken.
Bis 2030 Vervierfachung
Die Armee betreibt heute über 40 Photovoltaikanlagen, die rund sechs Gigawattstunden elektrische Energie pro Jahr produzieren. Dies entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Energiebedarf von rund 1500 Haushalten. Bis 2030 soll die Produktionskapazität auf rund 25 Gigawattstunden pro Jahr steigen. Gebäudesanierungen nach striktem Minergiestandard sowie die Reduzierung von Gebäude-Nutzungen sind hier per se essenziell. Das VBS ist grösster Immobilienbesitzer des Bundes. Aber auch die Erneuerung der Fahrzeugflotte soll die Energieeffizienz der Schweizer Armee in den kommenden Jahren massiv verbessern. «Wichtig ist hierbei, dass die Armee erneuerbare Energie selber produziert», betont Bundesrätin Amherd. Dies dient letztlich auch der Erfüllung des Primär-Auftrages, nämlich der Landesverteidigung und dem Schutz der Bevölkerung. Bei einem durchaus realistischen Szenario eines Blackouts – sprich dem totalen Stromausfall über längere Zeit – läuft auch an konventionellen Tankstellen nicht mehr viel. Die wenigsten von diesen verfügen nämlich über Notstrom.
Es müssen nicht primär Panzer sein
Es liegt auf der Hand, dass man bei der Elektrifizierung der Armeeflotte nicht mit den Panzern beginnt. «Gefechtsfahrzeuge stehen sicher nicht zuoberst auf der Liste, wenn es darum geht, alternative Antriebe in die Flotte zu integrieren», bestätigt Brigadier Marco Schmidlin, Chef Armeeplanung. Wobei die Rüstungsfirma FFG aus Flensburg kürzlich, das nebenbei, einen Prototyp eines 40-Tonnen-Panzers namens Genesis mit Hybridantrieb präsentiert hat. Ein Ding, das bis zu 13 Mann Besatzung fasst. Vorteil dieses Future-Tanks – das Teil kommt auf leisen Sohlen angeschlichen. Die Batterien des über 100 km/h schnellen Achtrad-Genesis wird bei Bedarf über einen 200-Kilowatt-Sechszylinder-Dieselmotor aufgeladen. Im Gefechtsbereich erneuert sich die Schweizer Armee freilich vorerst noch im thermischen Bereich. So sollen demnächst für 360 Millionen Franken die Fahrzeuge für die Panzersappeurinnen und -sappeure erneuert werden. Die aktuellen Radschützenpanzer stammen von 1963 und verbrauchen mehr als doppelt so viel Treibstoff wie die neuen Piranha IV. Zudem stehen 1- und 2-achsige Anhänger für 66 Millionen auf der Einkaufsliste von Armasuisse. Heute verfügt die Armee über 5600 1-achsige Anhänger. Mehr als die Hälfte stammt aus den 1980er-Jahren. Anhänger sind für den Materialtransporte immer sauberer als motorisierte Nutzfahrzeuge.
In erster Linie bieten sich punkto Elektrifizierung mit wachsendem Angebot auf dem Markt natürlich PKW, Lieferwagen, Kleinbusse, Gesellschaftswagen etc. an. Rund 16.700 gibt es allein davon. «Wir sind alternativen Antrieben gegenüber sehr offen. Wenn es Angebote auf dem Markt gibt, die unseren Bedürfnissen entsprechen und die wirtschaftlich sind, ist das auf jeden Fall eine Option für uns», sagt der Einsterne-General Marco Schmidlin. Freilich muss die Armee hinsichtlich Umrüstung auf Elektromobilität (inklusive Wasserstoff) noch einige Parameter mehr beachten, als der zivile Bereich. «Wichtig ist, dass Fahrzeuge auf dem Markt sind, die unsere Bedürfnisse abdecken, die die Einsatzbereitschaft gewährleisten und genau dann zur Verfügung stehen, wenn wir sie brauchen.» Darum gibt es immer mehrjährige Rahmenverträge mit Lieferanten (z.B. Iveco). Verträge indessen, die nach einer gewissen Zeit neu ausgehandelt werden können. Wichtig ist schliesslich auch ein vernünftiges Kostenmanagement da man ja mit Steuergeldern haushaltet. Verramschen des Ist-Bestandes zu Schleuderpreisen bloss weil man sauberer oder elektrischer werden will geht nicht. Eine gewisse Einsatzdauer und Laufleistung müssen gewährleistet sein. Es sei denn, es finden sich valable Absatzkanäle. Wie zum Beispiel Lorinser wenn es um die Mercedes G-Klasse geht.
Wartung und Reichweite kein Problem
Intern gebe es keinen Widerstand gegen eine möglichst rasche und weitgehende Elektrifizierung des Armeefahrzeugbestandes. «So lange der Bereitschaftsauftrag – dazu gehört natürlich auch die Reichweite – jederzeit erfüllt werden kann.» Da die kleine Schweiz indes vornehmlich im Inland operiert ist das mit der Reichweite aufgrund des heute Möglichen und Realistischen im Prinzip kein Problem. Indes bedarf es wie im zivilen Alltag einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur mit im Idealfall Strom aus erneuerbaren Quellen, um der Elektromobilität zum ganz grossen Durchbruch zu verhelfen. In dem Sinn ist die Armee just jetzt dabei, viele eigene Standorte (Logistikcentern, Waffenplätze etc.) mit Ladestationen auszurüsten. Cédric Fridez ist Teil eines interdisziplinären Teams von armasuisse Immobilien, das sich dieser Aufgabe im Rahmen eines bis Ende Jahr laufenden Pilotprojektes annimmt. «Das Pilotprojekt wird vom Fachbereich Baumanagement Ost an Standorten in der ganzen Schweiz umgesetzt, die möglichst unterschiedliche Anforderungen und Infrastrukturen aufweisen. Mit dem Pilotprojekt legen wir die Grundlage, um die relativ junge Technik im Betrieb zu erproben», sagt Fridez. Die dringlichste Priorität haben Fahrzeuge bis 3.5 Tonnen, die von den Angehörigen des Berufsmilitärs genutzt werden. Parallel dazu sollen ebenfalls Lademöglichkeiten für weitere Anspruchsgruppen geschaffen werden.
Auf wie viel Goodwill alternative Antriebe in der Armee bauen können, zeigt nebst der Position von VBS-Chefin Viola Amherd auch die Haltung eines weiteren Stakeholders in der Sache: Schon vor Corona gab der Chef der Logistikbasis der Armee, Divisionär Thomas Kaiser, seinem Chef der Fachstelle Personenwagen, Daniel Schumacher, den Auftrag, den ökologischen Umbau des Berufsmilitär-Autoparks in Angriff zu nehmen. Damit leitete die LBA ein Pilotprojekt in die Wege, das Schumacher besonders ganz am Herzen liegt. «Ich möchte die Weichen dafür stellen, CO2-Emissionen zu senken und damit meinen Beitrag an eine ökologischere Gesellschaft leisten», sagt der Zweisterne-General. Am Ende entscheidet zurzeit jedoch noch der Berufsmilitär selbst, welchen Wagen er im Rahmen des vorgegebenen Budgets fahren will. Das Interesse an E-Autos ist aber gross. Um dieses Interesse weiterhin zu nähren wird darauf geachtet, dass an den Arbeits- und den Wohnorten der Berufsmilitärs Ladestationen installiert sind.
Fachpersonal ist da
Was die Wartung einer zum Teil alternativ getriebenen Armeefahrzeugflotte angeht, sieht Brigadier Schmidlin, «überhaupt kein Problem.» Erstens arbeite man durchaus auch mit zivilen Materialkompetenzzentren sprich Garagen und Autohäusern zusammen. Und zum anderen sind die ausgebildeten Fachleute ja auch Armeeangehörige. «Zudem können wir eigenes Fachpersonal ausbilden.» Die rund 16.700 Personenwagen und Nutzfahrzeuge der Armee werden heute zu 99 Prozent mit Diesel betrieben. Dass sich das indes in den nächsten Monaten und Jahren für Armeeverhältnisse schnell ändern wird, ist sicher. «Schon in ein paar Jahren rechne ich damit, dass er Anteil von Fahrzeugen mit alternativem Antrieben, ich sehe hier auch Wasserstoff als vielversprechend, sehr viel höher sein wird», sagt Brigadier Marco Schmidlin. Nun, wenn die Jets nicht innert Kürze sauberer durch den Kosmos düsen, wovon nicht auszugehen ist, müssen die anderen Transportmittel sauberer werden will man die eingangs erwähnte Reduktion des Co2-Ausstoss im VBS bis 2030 gegenüber 2001 um mindestens 40% erreichen.