AUTOMOBIL REVUE: Nico Rosberg, Sie sagen, es sei absolut erfüllend durch die Extreme-E-Serie ihr Engagement für nachhaltige Mobilität mit ihrer Leidenschaft für den Rennsport verbinden zu können. Können Sie diese Erfüllung etwas näher beschreiben?
Nico Rosberg: Die Extreme E verbindet Motorsport mit sozialen und ökologischen Belangen, indem sie die Fans auf wichtige Themen unserer Zeit aufmerksam macht: Klimawandel, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Nachhaltigkeit. Das ist ein sehr mutiges, aber auch extrem ansprechendes Konzept – und ich finde es fantastisch, dabei mitzuwirken.
Sehen Sie sich mit ihrem Namen auch etwas als Eisbrecher für die alternative Mobilität? Ganz nach dem Motto: Wenn sich ein Ex-Formel-1-Weltmeister für E-Sport begeistert, kann die Sache nicht so unsexy sein, wie vielleicht manch Petrolhead vermutet?
Sicher trage ich mit meiner Vergangenheit und meiner Leidenschaft für den Motorsport dazu bei, das Thema Nachhaltigkeit cooler zu machen. Das ist ja auch das Anliegen meines Greentech-Festivals, bei dem wir grünen innovativen Ideen und Produkten eine globale Plattform bieten.
Wie überzeugen Sie Menschen davon, auf ein Elektroauto umzusteigen?
Die Elektromobilität ist ein Meilenstein auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft, und es ist wichtig, dass die Leute genauso begeistert von E-Autos sind wie von Verbrennern. Letztlich ist es ja auch so, dass sie wesentlich besser beschleunigen (lacht).
Sie haben das Greentech-Festival in Berlin erwähnt, das Sie gegründet haben und mit dem Sie Menschen von Zukunftstechnologien begeistern wollen. Ist dieses Engagement und diese Begeisterung auch von Menschen in ihrem nächsten Umfeld beeinflusst? Allen voran ihrer Frau und ihren Töchtern Alaïa und Naila?
Natürlich beeinflussen meine Frau und meine Töchter diese Entwicklung. Meine Frau war schon immer sehr an Nachhaltigkeit interessiert, auch zu einem Zeitpunkt, an dem ich mich selbst noch zu 100 Prozent auf meine Formel-1-Karriere konzentriert habe und keinen Kopf für etwas anderes hatte. Meine zwei Töchter sind überhaupt der grösste Antrieb für mich. Ich möchte sie dazu inspirieren, respektvoll mit der Umwelt und anderen Menschen umzugehen und etwas zurückzugeben. Und natürlich möchte ich, dass auch sie eine schöne Zukunft haben.
In der Formel 1 haben Sie um die 80, 90 Liter Sprit auf 100 Kilometer verbraucht. Jetzt sind es möglichst null Liter – das ist ein gewaltiger Gamechanger. Scheint fast, als ob Sie in der Formel 1 manchmal gegen ihr Herz für die Umwelt unterwegs waren. Ist das so?
Nein, überhaupt nicht. Die Formel 1 war immer einer der grössten Treiber effizienter Technologien, die dann auch auf der Strasse für weniger Emissionen sorgten. Man denke nur an das Thema Hybridmotor, Ultraleichtbau, Reifenentwicklung oder Aerodynamik. In Zukunft kann sie die Entwicklungsfeld für CO2-neutralen Biosprit und synthetisches Benzin werden.
Was halten Sie von synthetischem Treibstoff?
Wenn das von A bis Z richtig funktioniert, gibt es noch lange Zeit Platz für Verbrennungsmotoren. Beide Welten können so auch punkto Racing noch lange parallell existieren.
Zurück zur Extreme-E-Serie. Speziell dabei ist auch, dass sich ein Mann und eine Frau ein Auto teilen. Wie gefällt Ihnen das?
Dieser Fahrerwechsel wird ein spannendes Extra werden. Wir haben den Namen unseres ersten Fahrers gerade bekannt gegeben. Es ist der dreifache Rallycross-Weltmeister Johan Kristoffersson, ein extrem talentierter und vielseitiger Fahrer, den ich für seine Leistung sehr bewundere. Seine Teamkollegin werden wir bald vorstellen. Zusammen sind sie ein aussichtsreiches Fahrerteam für den Sieg.
Gibt es noch andere Spezialitäten während des Rennens im Rahmen der Extreme E?
Es wird wie in der Formel E auch viele Gamification-Elemente geben und zwar in Form von Augmented Reality. Alejandro Agag hat bewiesen, dass er weiss, wie man Rennen attraktiv macht.
Haben Sie immer ausgeschlossen, dass Sie sich selber ans Steuer setzen?
Ja, ich werde nicht selbst fahren, sondern als CEO von Rosberg Xtreme Racing mit dem Team und unseren Partnern im Hintergrund arbeiten. Als CEO bin ich in alle Entscheidungen, sei es punkto Engineering, Fahrer oder Sponsoren, involviert.
Lewis Hamilton hat wie Sie ein Team in der Extreme-E-Serie gegründet. Das alte F1-Duell Rosberg versus Hamilton erlebt in dem Sinn quasi ein Zero-Emission-Revival! Das ist doch sehr speziell, oder nicht? Schliesslich sind Sie und Hamilton ja nicht pensionierte Radsportler und Umweltschützer.
Es ist toll, dass wir uns auf diese Weise wieder begegnen und erneut im Motorsport gegeneinander antreten. Aber viel mehr begeistert mich, dass wir abseits der Rennstrecke gemeinsam für den guten Zweck kämpfen. Ich finde es genial, dass Lewis in meine Fussstapfen tritt und sich nun auch für das Thema Nachhaltigkeit stark macht, denn wir brauchen grosse Namen wie ihn, um wirklich was zu bewegen. Es wird definitiv spannend!
Also Motorsport nicht nur als Entwicklungstreiber von maximaler Leistung, sondern auch von maximal sauberer Leistung?
Ich sehe den Motorsport da gerade in einer sehr wichtigen Rolle als Entwicklungsplattform für die Hersteller und andere Eventveranstalter. Der Strom für die Autos kommt von einem netzunabhängigen, mit Solarstrom betriebenen Wasserstoff-Brennstoffzellen-System. Das einzige, was es braucht, ist also Wasser und Sonne. Klimaneutrales Rennfahren – ist das nicht irre?
Wartet noch ca 5 Jahre und dann reden wir nur noch von Wasserstoff