SÉBASTIEN BUEMI, SCHWEIZER MEISTER DER SIMULATOREN

Mit seinen Erfahrungen kann der Waadtländer die rasante Entwicklung der Simulatoren bestens beurteilen.

©Red Bull

Es ist bekannt, dass die meisten Formel-1-Teams mit Simulatoren arbeiten und so dem drastischen Beschneiden von Trainingsläufen im neuen Reglement entgegenwirken. Was als Handicap angefangen hat, entwickelt sich aber immer mehr zu einer Trainingsmethode, ohne die ein Team im richtigen Leben kaum noch um die Spitze mitfahren kann.

Als einer der seit 2007 erfahrensten Nutzer des Red-Bull-Simulators in der Formel 1 hat sich hier Sébastien Buemi zum grossen Experten entwickelt. Der Waadtländer war von Anfang an dabei, als das österreichische Spitzenteam die Plattform entwickelte und er hat eine fundierte Sichtweise: «Die Simulatoren haben sich in den letzten zehn Jahren um Lichtjahre weiterentwickelt. Wir können jetzt die Rennstrecken einscannen und sind damit in der Lage, jedes Schlagloch und jede Welle mit unheimlicher Präzision nachzustellen.»

Höchste Realitätsnähe

Das von einem echten Formel-Wagen stammende Cockpit ist auf einer sechsfach aufgehängten, riesigen Bühne montiert und übermittelt die Roll-, Gier- und Beschleunigungskräfte. Dem Fahrer präsentiert sich ein umfassendes Sichtfeld von 180° bis zur Peripheriesicht. «Wir haben gelernt, wie die Plattform bewegt werden muss, um dem Piloten die höchstmögliche Realitätsnähe vermitteln zu können, wie sich das Auto in Wirklichkeit anfühlt», erklärt Sébastien Buemi. Die G-Kräfte werden nicht in voller Intensität übertragen, denn das bräuchte zu grosse Bewegungen. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn die Gierkräfte sind am wichtigsten. Die Simulatoren schaffen heute so gut wie 100 % der Werte auf dieser Achse.»

Neben den Verbesserungen am Simulator selbst verbringt Sébastien Buemi viele Stunden mit der Perfektionierung der Abstimmungen des echten Formel-Wagens des Teams mit dem roten Stier im Logo. Teils gilt diese Arbeit den Vorbereitungen für das nächste Rennen, teils betrifft sie langfristige Entwicklungen. «Im Moment befassen wir uns ausgiebig mit verschiedenen Reifentypen. Das ist vor allem in der Formel 1 höchst wichtig. Was das Set-up angeht, so können wir absolut jede Einstellung ändern, vom Reifendruck über die Flügelwinkel und die Bodenhaftung bis zu den Getriebeuntersetzungen. Das Ziel ist, so schnell wie möglich zum Set-up zu finden, um während des Rennens Zeit zu gewinnen.»

Keine vergeudete Minute

Fast 50 Mitarbeiter kümmern sich allein um den Unterhalt und die Datenauswertung des Simulators. Das Cockpit dient nicht nur den Profis für die Abstimmungen und als Trainingsplattform für die Werksfahrer, sondern wird auch gelegentlich jungen Nachwuchstalenten zur Verfügung gestellt, die ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Eine ganze Batterie von Sensoren und Telemetrieauswertungen gibt Aufschluss über ihren Zustand und ihre Leistung. Das hat nichts Spielerisches, zumal die Fahrer mit Helm antreten. «Das ist obligatorisch. Der Simulator schüttelt einen ganz schön durch, eine Verletzung ist nicht ausgeschlossen», verrät Sébas­tien Buemi.

Wenn sich der Mann aus Aigle VD nicht in Milton Keynes (GB) aufhält, dann ist er mit den virtuellen Programmen seiner beiden anderen Arbeitgeber, Toyota und Renault e.Dams, beschäftigt, allerdings mit einem anderen Ziel. «In der Formel 1 hat die Simulation ein viel höheres Budget, entsprechend sind die Anlagen fortschrittlicher als in der Formel E oder bei Toyota. In der Formel E nutzen wir die Simulation vor allem zum Vertrautwerden mit einer neuen Strecke oder um die Software des Rennwagens zu entwickeln. In der WEC gibt es nur sehr wenige Tests.» Und wie sieht es in der Freizeit aus? «Vor einigen Jahren war ich ein grosser Fan von Gran-Turismo- und F1-Spielen, aber bei meinem Beruf und den Anforderungen des Familienlebens bleibt keine Minute mehr dafür übrig!»


 

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