Die Geschichte von AC Cars ist etwas verworren. Da waren zuerst die Brüder Weller (ab 1900, ein erstes Automobil gab es 1903), dann kam Autocars and Accessories (ab 1904), wo der Auto-Carrier gebaut wurde (wohl ab 1908), was dann zur Gründung von Auto Carriers Ltd. führte (1911) – und zur ersten Verwendung des AC-Logos. John Weller war da immer noch mit dabei. 1919 konstruierte er einen Reihen-Sechszylinder, dessen Karriere bis 1963 andauern sollte. Ab 1922 hiess das Unternehmen AC Cars Ltd. – und so heisst es trotz häufiger Besitzerwechsel auch heute noch. Unterdessen sind die Marken- und alle anderen Rechte in Schweizer Besitz, geführt wird das Unternehmen von David Conza.
Der Hühnerfarmer
Die (bisher) besten Zeiten erlebte AC Cars in den 1950er- und 1960er-Jahren. 1953 kauften die damaligen Besitzer, die Familie Hurlock, dem genialen Konstrukteur John Tojero für ein Trinkgeld die Pläne für einen kleinen Roadster ab, den sie als AC Ace auf den Markt brachten. Angetrieben wurde das Fahrzeug zuerst vom eigenen Sechszylinder (wir erinnern uns: 1919), dann vom berühmten Bristol-Sechszylinder, auch ein Coupé kam dazu, der Aceca. Auf der Rennstrecke zeigte sich schnell, welch feines Gerät Tojero konstruiert hatte.
Das fiel auch einem US-Hühnerfarmer auf, einem gewissen Carroll Shelby, dem nach einer grossen Rennkarriere und wegen gesundheitlicher Probleme etwas langweilig war. Er hatte die Idee, einen amerikanischen V8 in den doch filigranen englischen Roadster einzubauen – die AC Cobra (das ist die einzige korrekte Bezeichnung) war geboren. Was 1962 mit noch relativ bescheidenen 4.3 Litern Hubraum begann, wurde mit einem scharfen 4.7-Liter-V8 ziemlich böse und eskalierte 1965 in einem Vieh mit sieben Litern Hubraum, der AC Cobra 427. Dieses Fahrzeug ist ein ganzes Schlangennest, sehr schwierig beherrschbar, einfach nur übermotorisiert und auch deshalb eine der ganz grossen Legenden der Automobilgeschichte. Auch optisch setzte es unmissverständlich die richtigen Zeichen. Die Rennerfolge blieben relativ bescheiden. Erst als Daytona Coupé gewann die Cobra auch grosse Rennen.
Eine ewige Geschichte
Die Produktion der AC Cobra 427 lief 1966 aus, nach wahrscheinlich 348 Exemplaren. Doch das war noch lange nicht das Ende, die Nachbauten und auch die irgendwie offiziellen Lebensverlängerungen sind zahllos, allein mit der Aufschlüsselung der Namensrechte könnte man ein Buch füllen. Auch wenn jetzt alles klar zu sein scheint, werden weiterhin irgendwelche Kit-Cars und obskure Klone auf den Markt kommen, dagegen ist wohl kaum ein Kraut gewachsen. Was auch daran liegen könnte, dass Carroll Shelby für eine Handvoll Dollar alles signierte, was man ihm vorlegte.
Doch das ist ab sofort nicht mehr wichtig, es gibt mit dem AC Cobra GT Roadster den tatsächlich legitimen Nachfolger. Bis er jetzt in seiner endgültigen Form auf den Rädern stand und vielleicht noch in diesem Jahr die ersten Exemplare ausgeliefert werden können, lief auch nicht immer alles rund. Aber hinter der Entwicklung stehen nun Namen, die tatsächlich etwas vom Geschäft verstehen, etwa die Turiner Spezialisten von Icona (auch bekannt durch ein eigenes Hypercar Vulcano und den Microlino) und Cecomp (spielte bei der Entwicklung der neuen Alpine A110 eine wichtige Rolle). Eigentlich sollte der AC Cobra GT Roadster in Deutschland gebaut werden, doch unterdessen hat man wohl gemerkt, dass in England die Kompetenz für die Realisierung solcher Projekte deutlich höher ist; das Unternehmen hat kürzlich neue Räumlichkeiten an der Rennstrecke von Donington Park bezogen.
Deutlich gewachsen
Selbstverständlich ist alles vom Feinsten, Alu-Spaceframe-Monocoque, Aufbau hauptsächlich aus Karbon. Das ergibt 1450 Kilogramm Leergewicht, 4330 Millimeter in der Länge, 1960 Millimeter in der Breite, der Radstand beläuft sich auf 2570 Millimeter. Eine 289er-Cobra war einst 3848 Millimeter lang und 1549 Millimeter breit, der Radstand betrug 2286 Millimeter, das Gewicht lag bei 1050 Kilogramm. Bei der 427er waren es 3962 Millimeter in der Länge und 1727 Millimeter in der Breite bei gleich bleibendem Radstand. Ach ja, und 1147 Kilogramm.
Der nicht unwesentliche Zuwachs ist selbstverständlich der zusätzlichen Sicherheit geschuldet. Und wohl ein bisschen auch noch der Bequemlichkeit. Der Innenraum bietet einen Mix aus klassischen Analoginstrumenten und digitalen Anzeigen. Man sitzt auf feinstem Leder, das Auge findet allerorten schöne Details. Sehr hübsch sind zum Beispiel die Schalter aus Leichtmetall oder die Lederschlaufen, die als Türöffner dienen. Mit LED-Tagfahrleuchten und bündig eingelassenen Türgriffen haben die Designer dem Zweisitzer einen modernen Touch verliehen. Ob das gefällt, bleibt dem Auge des Betrachters überlassen, doch im Vergleich zum Original wirkt es deutlich weniger aggressiv. Und man sieht gut, dass der AC Cobra GT Roadster deutlich grösser ist als das Vorbild.
Unter der engen Haube arbeitet ein Fünfliter-V8 von Ford, der auch bei Tunern so beliebte Coyote. Den gibt es ohne Aufladung mit 338 kW (460 PS) und 570 Nm. Oder supercharged mit 488 kW (663 PS) sowie happigen 780 Nm maximalem Drehmoment. Geschaltet wird entweder manuell über sechs Gänge oder automatisch mit einem Zehngänger. Selbstverständlich gibt es nur Heckantrieb, es sind sowohl Links- wie Rechtslenker im Angebot, anscheinend soll auch die Homologation schon vorliegen. AC Cars nennt eine Beschleunigungszeit von 0 auf 60 Meilen von 3.4 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist bei einem Roadster zwar nicht wirklich wichtig, aber für
die stärkere Variante vermelden die Schweizer 278 km/h.
Zufriedener Chef
Nachdem der AC Cobra GT Roadster vergangene Woche im Stadion von Tottenham Hotspur seine Weltpremiere erlebt hatte, war er am vergangenen Wochenende zum ersten Mal in der Schweiz, in der Motorworld Manufaktur in Kempthal ZH (wo AC Cars über einen Showroom verfügt). Im Beisein von CEO David Conza wurde das Tuch vom Sportwagen gezogen, auch erste Käufer waren schon zugegen. Conza ist sehr zufrieden mit dem Stand der Vorbestellungen, quasi stündlich melde sich neue Kundschaft bei ihm, erzählt er. 250 Exemplare pro Jahr sollen in England gebaut werden, die Preisskala beginnt bei 285 000 Pfund, also rund 320 000 Franken. Selbstverständlich lässt sich der Roadster vielfältigst individualisieren, so können die auf 21-Zöllern aufgezogenen Michelin Pilot Sport 4 auch durch Cup-2-Reifen ersetzt werden, falls man sich gern auf Rennstrecken tummelt.