Lasst uns Volkswagen wieder zum Glänzen bringen! Ein wenig Pathos ist dabei, als Thomas Schäfer, seit Juli 2022 CEO der Marke VW, das Konzept ID 2 All vorstellt. Nach Dieselskandal, dem von Schäfers Vorgänger Herbert Diess vollzogenen harten Kurswechsel Richtung Elektromobilität, nach Lieferproblemen, mangelnder Fertigungsqualität und fehlerhafter Software hat der Wolfsburger Autobauer mit einigen Problemfeldern zu kämpfen.
Schäfer ist sich bewusst, dass das Image der Marke einen schweren Schlag erlitten hat, und er möchte ihr wieder zu ihrem guten Ruf verhelfen, indem er die Aura wiederherstellt, die sich das deutsche Unternehmen dank der Produktion symbolträchtiger Fahrzeuge hart erarbeitete. Um das Ziel zu erreichen, möchte Schäfer zu den Ursprüngen der Marke zurückkehren, indem er ein elektrisches Volksauto zeigt, das für viele Menschen erschwinglich ist: den ID 2 All, ausgesprochen «ID to all» – «ID für alle».
Der Prototyp ist ein Vorgeschmack auf ein serienmässiges elektrisches Stadtauto, das 2025 vorgestellt und spätestens 2026 zu einem Einstiegspreis von unter 25 000 Franken auf den Markt kommen soll. Dieser ID 2 All ist eine «Hommage an den Käfer, den Golf und den Polo», sagt Andreas Mindt, der Leiter der Designabteilung, der an die guten alten Zeiten anknüpfen möchte. Von Schäfer Anfang Februar von Bentley zu VW geholt, ersetzte Mindt Jozef Kaban, dessen Vorschläge bei Schäfer dem Vernehmen nach zuletzt öfter durchgefallen waren. Nur fünf Wochen später präsentierte Mindt nun das Konzeptauto ID 2 All.
Neben dem beruhigenden (weil bekannten) Design kann der ID 2 All auch mit einer besseren Verarbeitung und hochwertigeren Materialien im Innenraum aufwarten. Volkswagen hat auf die Beschwerden seiner Kunden gehört, die sich häufig über die schlechte Ergonomie der Touchscreens beklagten. Aus diesem Grund wurde ein Drehknopf auf der Mittelkonsole eingeführt. Er dient zur Steuerung des Infotainmentbildschirms, dessen Menüs neu gestaltet wurden, um sie übersichtlicher zu machen. Auf dem Lenkrad gibt es keine berührungsempfindlichen Tasten, sondern Drehknöpfe. Die Bedienelemente für die Klimaanlage befinden sich in einer separaten Touchbar und sind hintergrundbeleuchtet. Auch bei den Anzeigen wird die Vintage-Karte gespielt: Das Kombiinstrument kann das Design der Anzeigen des Golf 1 oder des Käfers übernehmen.
Viel Platz für Passagiere und Gepäck
Den Innenraum beschreibt Volkswagen als so geräumig wie den eines deutlich grösseren Golf. Obwohl der ID 2 All mit exakt 4.05 Metern kürzer ist als der aktuelle Polo, verfügt er über einen grossen Radstand, sodass fünf Passagiere bequem Platz finden und der Kofferraum mit 490 Litern Mittelklasseformat aufweist. Das sind 150 Liter mehr als im Polo und 110 Liter mehr als im Golf – oder praktisch gleich viel wie in einem Audi A4 Avant. Bei umgeklappter Sitzbank bietet der Laderaum mehr als 1330 Liter Fassungsvermögen. Dieser für einen Kleinwagen enorm hohe Wert wird durch zwei zusätzliche Staufächer ermöglicht, eines unter der hochklappbaren Rücksitzbank und eines unter dem Kofferraumboden.
Dieser zweite Laderaum ist nur möglich, weil es keine elektrische Maschine an der Hinterachse gibt. Dies ist das Hauptmerkmal der neuen MEB-Entry-Plattform. Im Vergleich zum Standard-MEB, der seine elektrische Maschine an der Hinterachse hat, hat die Einstiegsplattform einen 166 kW (226 PS) starken Motor an der Vorderachse. Aber: Auch in diesem Konzept ist eine elektrische Maschine an der Hinterachse möglich, um bei einer zukünftigen Sportversion Allradantrieb zu ermöglichen. Diese wird wahrscheinlich als GTI (und nicht GTX) bezeichnet werden, auch das eine Hommage an die Geschichte von Volkswagen und ihre Meilensteine.
Um den Preis von 25 000 Euro zu halten, wird der ID 2 eine Batterie mit geringer Kapazität (rund 40 kWh) vom Typ LFP (Lithium-Eisen-Phosphat) verwenden. Ein Lithium-Ionen-Akku mit einer grösseren Kapazität (rund 60 kWh) wird ebenfalls angeboten, allerdings zu einem logischerweise höheren Preis. Sie wird eine Reichweite von etwa 450 Kilometern ermöglichen. Der ID 2 wird im spanischen Werk Martorell zusammen mit seinem Cousin, dem Cupra Urban Rebel, produziert.
Volkswagen nutzte die Vorstellung des ID 2 All auch dazu, die Entwicklung eines kleinen Elektroautos für unter 20 000 Euro anzukündigen, der vermutlich als ID 1 herauskommen wird. Kleine Elektrofahrzeuge zu erschwinglichen Preisen – das bringt ein wenig Logik in die immer grösser, luxuriöser und teurer werdende Automobilwelt zurück.