Die Bezeichnung drückt es schon klar aus: Der Ferrari 250 GT California Spider war für Amerika gedacht. Er öffnete dort dann auch die richtigen Türen.
- 49 Exemplare gebaut
- Colombo-V12 mit bis zu 280 PS
- Glaubensfrage
Viele offene Ferrari gab es in den frühen Jahren nicht, zumindest nicht bei den Strassenfahrzeugen. Doch dann, Mitte der 50er Jahre, ging es Schlag auf Schlag: Zuerst kam der offene 250 GT von Pininfarina, der im März 1957 auf dem Genfer Salon seine Premiere erlebte. Zwar wussten die beiden amerikanischen Ferrari-Importeure, Luigi Chinetti an der Ostküste, John Neumann im Westen, von dieser Offenbarung, doch das war ihnen irgendwie zu wenig, vor allem Neumann, auch ein erfolgreicher Rennfahrer, wollte ein sportlicheres Modell.
Einen offenen Ferrari, mit dem seine Kunden in Kalifornien auch auf der Rennstrecke nicht zu den Verlierern gehören würden. Er hatte auch einen klaren Vorschlag an Maranello: man solle doch dem 250 GT «Tour de France» das Dach entfernen. Der «Tour de France» war seit 1956 das Gerät der Wahl für Privatkunden, die tatsächlich Rennen gewinnen wollten.
Enzo Ferrari, einem guten Geschäft alles andere als abgeneigt, hörte gut zu – und bestellte bei seinem Vertrauensmann Sergio Scaglietti, dem Mann mit dem Hammer, einen solchen Spider. Schon am 16.12.1957 wurde das erste Exemplar, Chassis-Nummer #0768GT, ausgeliefert, Anfang Januar kam es in Amerika an – und weckte sofort Begehrlichkeiten. Das ist auch verständlich, der Ferrari 250 GT California Spider gilt heute noch als einer der schönsten Ferrari aller Zeiten.
Und der California Spider lieferte auch: Bei den 12 Stunden von Sebring gewann er die heiss umkämpfte GT-Klasse – und bei den 24 Stunden von Le Mans fuhren Bob Grossmann/Fernand Tavano offen auf einen grossartigen fünften Gesamtrang. Wobei man da klar unterscheiden muss: Die echten Rennfahrzeuge erhielten von Scaglietti eine Alu-Karosse und von Ferrari die schärfste Version des Colombo-3-Liter-V12 mit wohl etwa 280 PS. Die «normalen» Varianten mussten mit etwa 220 PS auskommen, waren mit einem Stahlaufbau auch etwa 100 Kilo schwerer.
Es entstanden bis 1959 wahrscheinlich 49 Exemplare. Nun braucht es aber noch eine Unterscheidung: Hier ist die Rede von den California Spider mit langem Radstand, LWB, 2,6 Meter. Ab 1960 gab es dann auch noch den SWB, Short Wheelbase, noch 2,4 Meter Radstand, von dem noch einmal 55 Stück gebaut wurden. Es ist unter den Ferraristi eine Glaubensfrage, welcher denn schöner ist; wir werden hier in der Folge sicher auch noch einen «Kurzen» vorstellen.
Entscheidend war aber, dass diese offenen Modelle Ferrari in den USA erst so richtig berühmt machten. Insider hatten die italienische Marke selbstverständlich schon vorher gekannt, doch mit dem California Spider sprachen die Italiener erstmals nicht nur Rennfahrer an, sondern noch mehr die Schönen und Reichen. Und das brachte natürlich viel mehr Geld nach Maranello.
Beim hier gezeigten Exemplar handelt es sich um die Chassis-Nummer #1203GT, der Anfang 1959 auf der SS Augustus von Genua nach New York überführt wurde. Erster Besitzer war der erst 18-jährige Harvey Schur, Sohn eines reichen Knopf-Herstellers – der junge Mann erreichte schnell Berühmtheit in New York, weil er Manhattan offenbar als seine Rennstrecke betrachtete. Der ursprünglich in «Blu Genziana» lackierte California Spider wird von RM Sotheby’s Anfang März auf Amelia Island versteigert werden, die Kaufsumme könnte sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.
In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, schon beschrieben wurden der 250 LM, ein paar Feinheiten am Testarossa und der Ferrari Dino 206 GT.