Ein wenig stolz ist Lexus schon darauf, dass man mit dem UX 300E das erste batterieelektrische Modell des Toyota-Konzerns im Angebot hatte. Jetzt folgt im Zuge der grossen Elektro-Offensive das erste richtige BEV, das auf einer eigens dafür entwickelten Plattform steht. Der Lexus RZ, so der Name des neuen Modells, wurde von Grund auf neu entwickelt. Nicht alleine natürlich, und auch die Gemeinsamkeiten zu Toyotas Erstling lassen sich nicht leugnen: Beide bauen auf der E-TNGA-Plattform auf und teilen sich auch sonst einige Systeme. Dagegen spricht auch nichts, schliesslich sind andere Konzerne äusserst erfolgreich im Verbauen und Vermarkten von Gleichteilen. Und dadurch, dass Lexus einen ganz eigenen Weg geht, was Innenraumgestaltung und Wertigkeit betrifft, sind die Gemeinsamkeiten zwischen dem Lexus RZ und dem Toyota BZ4X doch überschaubar.
Gemeinsam ist den beiden Modellen die Lithium-Ionen-Batterie, die im Fahrzeugboden sitzt und eine Kapazität von 71.4 kWh bietet. Das klingt erst einmal nach nicht wirklich viel, gehen doch die Kapazitäten im Premiumbereich, in dem Lexus sich bewegt, eher von 90 kWh an aufwärts. Es gebe eben noch mehr Aspekte zu berücksichtigen als bloss die Anzahl Kilowattstunden, meint Tine Poels, Marketing- und Produktmanager von Lexus Europa. Vielmehr müsse man einen idealen Kompromiss finden zwischen Batteriegrösse, Ladedauer und Kosten. Gerade die Kosten seien ein sehr wichtiger Punkt, wenn auch bei Toyota wohl relevanter als bei Lexus. Es sei sinnvoller, die Batterie etwas kleiner zu halten und damit günstiger, leichter und umweltfreundlicher. Ausserdem habe eine leichte Batterie den Vorteil, dass der Antrieb generell weniger Strom verbrauche, was auch wieder der Reichweite zugutekomme. Der noch nicht homologierte Verbrauchswert des Lexus RZ soll denn auch unter 18 kWh/100 km betragen, die Reichweite damit rund 400 Kilometer.
Bis 2030 oder auch schon früher
Eines der markantesten Gestaltungselemente von Lexus war in den vergangenen Jahren der grosse Kühlergrill – der mit dem Wechsel auf Elektroantrieb obsolet wird. Man habe versucht, das Design auf eine kühlerlose Front zu übertragen mit einer Zweiton-Lackierung, die sich über Motorhaube und Frontschürze zieht, und den Spindeln unter den Scheinwerfern, meint Tina Poels. Im Innenraum fällt das neue Infotainment auf, wie es bereits im NX zum Einsatz kommt, und natürlich das aussergewöhnliche Lenkrad. Wie im Toyota BZ4X gibt es auch im Lexus RZ optional ein Steer-by-Wire-System und somit das asymmetrische Yoke-Lenkrad. One-Motion-Grip heisst das Prinzip bei Lexus, das eine variabel Lenkübersetzung ermöglicht, sodass ein Übergreifen am Lenkrad überflüssig wird. Für die Präsentation des RZ hatte Lexus erst Vorserienfahrzeuge bereit, die mit Steer-by-Wire ausgerüstet waren. Wie sich das anfühlt, wird eine erste Probefahrt zeigen müssen. Zum Marktstart diesen Herbst wird One-Motion-Grip wohl noch nicht verfügbar sein, sondern erst nächstes Jahr die Zulassung erhalten.
Auch bezüglich Haptik lässt sich anhand der Vorserienmodelle noch nicht viel sagen. Dank des langen Radstandes und der flach im Unterboden verbauten Batterie ist der Platz sehr grosszügig, gerade auch im Fond. Das zweiteilige, elektrisch dimmbare Glasdach sorgt für viel Licht.
Wenn der RZ im Herbst auf den Markt kommen wird (vorbestellbar ist er online bereits jetzt), wird er das erste Modell einer breiten Palette an Stromern sein, die Lexus in den kommenden Jahren auf den Markt zu bringen plant. Wenn die Marke bis 2030 elektrisch sein will, braucht es ein ordentliches Tempo mit den Lancierungen. Und Pascal Ruch, Vizedirektor von Lexus Europa, zeigt sich im Gespräch mit der AUTOMOBIL REVUE optimistisch: «Es kann gut sein, dass es auch schon früher der Fall sein wird. Das wird sich noch zeigen.» Er zeigt sich aber auch realistisch und schiebt hinterher: «Wenn wir davon reden, vollelektrisch zu werden, geht es primär um Mittel- und Westeuropa. Jeder Markt hat sein eigenes Tempo bei der Elektrifizierung, entsprechend müssen wir ein passendes Auto anbieten können.»
Auch im Vertrieb ist Lexus auf Vorsicht bedacht. Während andere Marken im Zuge der Elektrifizierung und Digitalisierung auch gleich den Onlineverkauf eingeführt haben, sind Onlineverkauf und Direktvertrieb für Ruch kein Thema: «Wir vertrauen auf unser Händlernetzwerk. Das wird auch in Zukunft so bleiben.» Eine schrittweise Evolution anstatt einer kompletten Revolution – das war schon immer die Stärke von Toyota.