Seit seiner Markteinführung Ende der 1980er-Jahre konnte der Land Rover Discovery rasch mit seinen Qualitäten überzeugen. Dank seines Abenteurerauftritts, des im Vergleich zum Range Rover grösseren Platzangebots und der im Vergleich zum Defender (der damals noch einfach 110 hiess) besseren und weniger rustikalen Verarbeitung fand er schnell seinen richtigen Platz zwischen den beiden englischen Referenzen und konnte mit seiner aussergewöhnlichen Vielseitigkeit zahlreiche neue Kunden überzeugen. Aufgrund dieses Erfolgs wurde der Discovery im Lauf der Jahrzehnte über fünf Generationen aktualisiert, wobei das letzte Modell auf das Jahr 2017 zurückgeht.
Doch seitdem der neue Defender 2020 in den Showrooms der Händler steht – wesentlich besser verarbeitet und weniger rustikal ausgestattet als das Vorgängermodell –, muss der Discovery gegen einen direkten Konkurrenten im Land-Rover-Katalog antreten. Keine einfache Aufgabe, denn der ikonische Defender fährt nicht nur auf einer ausgezeichneten Plattform, sondern bietet ausserdem moderne Motoraggregate und einen extrem geländetauglichen Antriebsstrang. Wie kann der Discovery da noch gegen eine solche Maschine antreten? Die Antwort von Land Rover ist simpel: Man aktualisiert einfach das Modell. Doch reicht das aus, um gegen einen solchen Mythos zu bestehen? Dieser Test soll die Antwort darauf finden.
Nehmen wir den Discovery erst einmal von aussen in Augenschein und suchen die von Land Rover vorgenommenen optischen Änderungen. Der vordere Stossfänger ist im unteren Bereich in Wagenfarbe lackiert. Die stärker ausgeprägten Lufteinlässe weisen ausserdem kleine Leitelemente auf. Im Heck gefällt die neue LED-Signatur der Rücklichter, die durch ein schwarz glänzendes Band miteinander verbunden sind.
Im Interieur des SUV kommt das jüngste Infotainmentsystem Pivi Pro des Jaguar-Land-Rover-Konzerns zum Einsatz. Es handelt sich um ein innovatives Konzept mit 11.4-Zoll-Bildschirm, das durch flüssige und intuitive Bedienung gefällt und einen ebenso logischen wie direkten Zugriff auf die wesentlichen Funktionen ermöglicht. Dank eigener Batterieversorgung wird die Navigation in wenigen Sekunden initialisiert. Das System arbeitet mit einer doppelten SIM-Karte und zwei Modems. Damit erledigt der Discovery mehrere Aufgaben. Beispielsweise können gleichzeitig ein Streaming-Angebot verfolgt und Software-Updates over the air vorgenommen werden. Letztere können bis zu 44 elektronische Systeme mit Aktualisierungen versorgen.
Nachzügler
Auf Wunsch verfügt der Discovery über ein digitales, 12.3 Zoll grosses Fahrerdisplay, das Landkarten in dreidimensionaler Darstellung anzeigt. Diese Entlastung für den zentralen Touchscreen sorgt dafür, dass dieser für andere Anwendungen bereitsteht. Der hochauflösende Instrumententräger kann für die gleichzeitige Anzeige mehrerer Daten konfiguriert werden. Auch ein Head-up-Display ist auf Wunsch erhältlich, es projiziert die wesentlichen Informationen in Farbe direkt in das Blickfeld des Fahrers, der dadurch nicht mehr vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird. Vergessen wir jedoch nicht, dass diese Technologie bei den meisten englischen SUV-Konkurrenzmodellen bereits im Angebot ist. Der Land Rover zieht hier also nur nach.
Die betonte Hochwertigkeit des Land Rover Discovery im Vergleich zum Defender kommt durch seine Komfortausstattung wie das neue Raumluft-Ionisierungssystem zum Ausdruck. Nach Analyse der Zuluft entscheidet das System, ob die Luft über die Filter zur Reduzierung von Allergenen oder Schadstoffpartikeln geleitet wird. Das ist schick und raffiniert. Weniger ausgereift sind die beiden Armlehnen der vorderen Sitze. Sie befinden sich auf beiden Seiten zwischen der Mittelkonsole und den Sitzen und erinnern an Nutzfahrzeuge von Grossserienherstellern.
Eine gelungene Anleihe bei den Nutzfahrzeugen sind die Platzverhältnisse im Innenraum. Dank optionaler dritter Sitzreihe finden bis zu sieben Insassen Platz im Discovery, der als Fünfsitzer grossartige 1137 Liter und mit den beiden umgelegten Sitzbänken bis zu 2391 Liter Kofferraumvolumen bietet. Auch mit sieben Insassen bleiben immerhin noch 258 Liter Platz für ein paar Gepäckstücke. Die Sitze des englischen SUV können auf dem Zentralbildschirm per Fernbedienung nach Bedarf einfach umgeklappt werden. Dank serienmässiger Luftfederung kann die Karosserie bis auf eine Ladekantenhöhe von 76 Zentimetern abgesenkt werden, hinzu kommt als Annehmlichkeit eine elektrische Gepäckabdeckung (wie für eine Pick-up-Ladefläche). Es ist ein ideales Zubehör für zahlreiche praktische Einsatzfälle.
Komfortabel
Unterwegs bietet die pneumatische Federung in den meisten Situationen einen ausgezeichneten Fahrkomfort, die Fahrzeugbewegungen werden bis zu 500-mal pro Sekunde gesteuert, wobei die Elektronik das Fahrwerk permanent an die Strassenverhältnisse anpasst. Ansonsten ist der Discovery alles andere als ein Sportler. Mit seinen von uns gemessenen 2540 Kilogramm Eigengewicht bringt er die Voraussetzungen dafür schlicht nicht mit. Natürlich war das aber auch nicht das Ziel der Konstrukteure: Als echter Land Rover kommt der Discovery überall durch, auch in schwerem Gelände. Dank der flexiblen Luftfederung betragen die Bodenfreiheit 28.3 Zentimeter, die Böschungswinkel vorne 34 und hinten 30 Grad sowie der Rampenwinkel 27.5 Grad. Die Wattiefe des Land Rover ist mit bis zu 90 Zentimetern identisch mit der des Defender.
Die variable Luftfederung des SUV verringert die Bodenfreiheit je nach Fahrtempo automatisch. Das verbessert die Aerodynamik und senkt den Treibstoffverbrauch. Dieser lag auf unserer AR-Normrunde bei guten 7.7 Litern auf 100 Kilometer.
Das ist ein sehr niedriger Wert, der natürlich auch auf die sparsame Motorcharakteristik des Allradlers zurückzuführen ist. Der überarbeitete Discovery lässt die alten SD4- und SD6-Dieselmotoren hinter sich und kommt mit reibungsverlustoptimierten Aggregaten auf den Markt. Der hier getestete D300 leistet 221 kW (300 PS) und erzeugt ein maximales Drehmoment von 650 Nm zwischen 1500 und 2500 U/min, was auch in schwierigen Fahrsituationen eine grosse Hilfe bedeutet. Die exklusiven Sechszylinder-Motoren reichen vom D250 (249 PS) bis zu den benzingetriebenen P300 (300 PS) und P360 (360 PS). Sämtliche Aggregate verfügen über eine 48-Volt-Mildhybrid-Technologie, ansonsten hat Land Rover für den Discovery keine weiteren Hybridmodelle im Angebot. Das überrascht insofern, als dass der Defender als solcher zu haben ist.
Als hochwertiger Offroader im Abenteurerlook wurde der aktualisierte Discovery eher als SUV konzipiert, um dem grossen Manitu Defender nicht zu nahe zu kommen. Doch jüngst kommt auch der Defender einigermassen passabel auf Asphaltstrassen zurecht. Wobei er bei einem günstigeren Preis (70 600 Fr.) dieselbe Ausstattung wie der Discovery (76 600 Fr.) bietet. Ein genauer Kassensturz lohnt sich also für jeden Kunden.
Testergebnis
Gesamtnote 79/100
Antrieb
Der Discovery kommt mit einem sparsamen und durchzugskräftigen Sechszylindermotor daher. Der ausgezeichnete Antriebsstrang verteilt das Drehmoment dank Terrain-Response 2 nach Bedarf ideal zwischen Vorder- und Hinterachse.
Fahrwerk
Der komfortorientierte Land Rover Discovery kämpft mit seinem hohen Gewicht, das auch die Luftfederung nicht auf ein agiles Fahrverhalten trimmen kann.
Innenraum
Das britische SUV bietet beinahe aussergewöhnliche Platzverhältnisse sowie bis zu sieben Sitze. Dazu kommt eine sehr gute Verarbeitung.
Sicherheit
Dank der technologischen Nachrüstung bietet der Land Rover Discovery mit der Auffrischung jetzt alle erforderlichen, weil gängigen Assistenzsysteme.
Budget
Mit seinem Einstiegspreis ab 76 600 Franken ist der Discovery teurer als der Defender, sein grösster interner Konkurrent.
Fazit
Der Land Rover Discovery bietet beinahe alles: eine gute Verarbeitung, viel Platz im Innern, einen drehmomentstarken Motor, einen angenehmen Verbrauch, einen geländefähigen Antriebsstrang. Wenn da nur nicht der neue Defender wäre …
Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.