Wir wollen zu Beginn gleich den grössten Stolperstein an unserem Testwagen erwähnen, damit das erledigt ist: das PDK. Also nicht das PDK an sich, das ist nach wir vor eines der besten Doppelkupplungsgetriebe auf dem Markt, sondern die Tatsache, dass jemand dieses dem manuellen Sechsganggetriebe vorziehen würde. Denn dieses gibt es ja auch wieder, und auch wenn die Automatik auf dem Papier – und wohl auch in der Realität – einige Zehntelsekunden schneller ist und auch komfortabler, so will man bei einem so fahrspassorientierten Gefährt doch irgendwie selber rühren können.
Grösser, schneller, teurer
Kein Argument für das eine oder gegen das andere Getriebe ist auf jeden Fall der Preis, denn beide kosten exakt gleich viel. Womit wir beim nächsten Punkt sind: Mit einem Einstiegspreis von 209 800 Franken ist der GT3 teuer. Den BMW M4 mit gleich viel Leistung gibt es bereits ab 119 800, den AMG GT ab 161 100 Franken. Und der Porsche ist nicht nur teuer, sondern auch teurer geworden, den Vorgänger gab es noch für 186 600 Franken. Ein Aufschlag von fast zehn Prozent für den Neuen, ein ziemlich grosser Unterschied also.
Apropos gross – und dann sind wir durch mit der Kritik: Das ist das Auto auch, was aber nicht nur ein Problem des GT3 ist, sondern des 911er ganz im Allgemeinen. Das Urmodel von 1963 mass 4.29 × 1.65 × 1.31 Meter bei 2.2 Metern Radstand. Der neue bringt es auf 4.57 × 1.85 × 1.28 Meter bei 2.45 Metern Radstand. Oder in anderen Worten beziehungsweise Zahlen: Der aktuelle GT3 beansprucht 20 Prozent mehr Fläche als der Ur-Elfer. Wer sich mit dem Auto auf der Rennstrecke bewegt, wird damit kein Problem haben. Wer nur Autobahn fährt, auch nicht. Wer aber das Auto gerne an einem schönen Wochenende über einen schönen Pass jagen will, wird sich der Grösse des Fahrzeuges bewusst werden. Unterstützend greift die serienmässige Hinterachslenkung ein, die bei tiefen Geschwindigkeiten bis zu zwei Grad gegen den Einschlag der Vorderräder lenkt und den virtuellen Radstand um sechs Millimeter verkürzt.
Technikverliebt
Tatsächlich sollte jeder Besitzer eines GT3 zu einer regelmässigen Pflichtfahrt über einen Alpenpass verdonnert werden, um dem Auto seinen rechtmässigen Auslauf zu ermöglichen. Und damit meinen wir vor allem: dem Motor. Denn der Vierliter-Saugmotor gehört zu einer eigentlich schon längst ausgestorbenen Spezies, die ausgewildert sein sollte, die ihren Freilauf benötigt. Im unteren Drehzahlbereich verhält er sich saugertypisch linear und wenig explosiv. Aber er dreht. Und dreht. Und dreht. Bis 9000 U/min. Um das überhaupt zu ermöglichen, hat sich Porsche wieder von den heute gängigen Hydrostösseln verabschiedet und setzt auf eine direkte Ventilbetätigung.
Die Spitzenleistung von 375 kW (510 PS) liegt bei 8400 U/min an, das maximale Drehmoment von 470 Nm bei 6100 U/min. Damit bewegt sich der Sechszylinder-Boxer in der Spitzenklasse der Saugmotoren und zeugt von der technischen Detailversessenheit der Entwickler in Weissach. Der Ansaugtrakt besteht aus zwei Resonanzrohren, die für Überdruck in den Zylindern sorgen. Dazu kommen sechs einzelne Drosselklappen, um Pumpverluste im Ansaugverteiler zu minimieren und die Leistungsausbeute weiter zu verbessern. Ausserdem sorgen ganze sieben Ölpumpen dafür, dass das Aggregat stets gut geschmiert ist.
Nur wenige Fahrzeuge schaffen es, diese technischen Finessen so effizient und direkt in Fahrspass umzuwandeln, wie Porsche das kann. Wenn das mächtige Aggregat im Rücken hochdreht und seine Kraft auf das Getriebe überträgt, dann geht der Puls unweigerlich mit. Dank des fast vollständigen Verzichts auf Dämmmaterial zum Innenraum werden natürlich auch einige Kilogramm an Gewicht eingespart, primär sorgt es aber für eine Akustik, die die rohe Kraft des Motors direkt ins Nervensystem des Fahrers einspeist, ohne die Umwelt mit allzu übermässigem Lärm zu plagen.
Rennfahrwerk auf der Strasse
Dank der langen Getriebeübersetzung – die sieben Gänge müssen bis 318 km/h reichen – lässt sich so ziemlich alles, was sich im legalen Bereich bewegt, im zweiten Gang erledigen. Und auf der Autobahn grummelt das Aggregat monoton bei 2500 U/min von hinten. Immer in Lauerstellung, um beim kleinsten Aufmucken des Gaspedals zum Angriff überzugehen.
Es erstaunt immer wieder aufs Neue, wie es Porsche auf die Reihe bekommt, den Spagat zwischen einem absoluten Rennwagen und einem dennoch irgendwie alltagstauglichen Fahrzeug zu meistern. Beim neuen GT3 kommen zum ersten Mal bei einem Strassen-Elfer doppelte Dreiecksquerlenker an der Vorderachse zum Einsatz. Das bedeutet wenig Veränderung der Fahrwerkgeometrie beim Einfedern. Das Auto folgt dem Lenkrad auf den Millimeter genau. Und der Grip ist – atemberaubend. Klar, die monströsen Walzen krallen sich ohnehin schon mit Gewalt am Asphalt fest, aber durch wenig Sturzveränderung wird die Radaufstandsfläche konstant gehalten und die Seitenführungskraft bei Kurvenfahrt vergrössert. Beim Anbremsen bleibt die Geometrie ebenfalls konstant, was auch dringend nötig ist, denn die optionalen Keramikbremsen sind einfach nur beeindruckend. 31.2 Meter benötigten wir von 100 km/h bis zum Stillstand.
Einzig auf kleinen und nicht perfekt geteerten Strässchen wird das Auto anstrengend. Dass er zu gross ist, haben wir eingangs schon erwähnt. Durch das hart abgestimmte Fahrwerk wird er aber auch nervös und benötigt einiges an Aufmerksamkeit am Lenkrad.
Das optionale Liftsystem kann den Vorderwagen um bis zu 46 Millimeter anheben und sich sogar die Stellen merken, an denen das System betätigt wird, um beim nächsten Durchfahren das Auto selbständig anzuheben.
Jetzt oder nie
Es gibt wohl nur wenige Autos auf diesem Planeten, die am Morgen zur Rennstrecke fahren, dort eine Topzeit hinlegen und am Abend wieder gemütlich nach Hause tuckern können. Mit dem Überrollbügel hinter den Sitzen und der zurückhaltenden Ausstattung ist der GT3 zwar alles andere als luxuriös, aber trotzdem ist vom Infotainment bis zu den Basis-Assistenzsystemen alles dabei. Bloss einige Schwächen bei den Kunststoffen im Innenraum fallen auf.
Unsere Empfehlung: Wer sich das Auto leisten kann und schon länger auf ein solches Fahrspassgerät schielt, soll zuschlagen. Es könnte die letzte Gelegenheit sein.
Testergebnis
Gesamtnote 86.5/100
Antrieb
Ein Saugmotor mit vier Litern Hubraum, Einzeldrosselklappen und einer maximalen Drehzahl von 9000 U/min. Müssen wir mehr dazu sagen?
Fahrwerk
Erstmals kommen an der Vorderachse doppelte Dreiecksquerlenker zum Einsatz. Das macht das Auto noch präziser beim Einlenken als den Vorgänger. Unterstützend arbeitet auch die Hinterachslenkung.
Innenraum
Der Innenraum ist mit einem Überrollkäfig anstelle der Rücksitze auf Rennsport getrimmt. Trotzdem mangelt es nicht an Komfortausstattung.
Sicherheit
Die Keramikbremsen sind etwas vom Stärksten, das wir je in einem Test gemessen haben. Bei den Assistenzsystemen beschränkt sich der GT3 aufs Nötigste.
Budget
Mit einem Basispreis von fast 210 000 Franken ist der GT3 kein Schnäppchen – und auch deutlich teurer als der Vorgänger. Immerhin ist das Risiko für einen rapiden Wertzerfall gering.
Fazit
Wer ein Fahrzeug sucht, das auf der Rennstrecke eine ebenso gute Figur macht wie auf der Strasse, und wer über das nötige Budget verfügt, wird am neuen Porsche 911 GT3 seine Freude haben. Einzige Kritik an unserem Testwagen: Obwohl das Doppelkupplungsgetriebe hervorragend arbeitet, würden wir die Handschaltung bevorzugen.
Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.