Der Zurückhaltende

Die Optik des Citroën C4 ist gewöhnungsbedürftig, seine (Bei-)Fahrer überzeugt er aber mit hohem Komfort.

Die Coupé-SUV-Crossover-Bauweise hat auch bei Citroën Einzug ­gehalten.

Der C4 ist so etwas wie die Wundertüte von Citroën. Die Bezeichnung wurde für so viele verschiedene Modelle genutzt, dass man nie weiss, was als Nächstes kommt. Erstmals wurde der Name im Jahr 2004 eingeführt, als der fünftürige C4 den Xsara ablöste. Eine dreitürige Variante gab es auch, die als C4 Coupé vertrieben wurde – und mit einem Coupé so gut wie gar nichts am Hut hatte. Parallel dazu wurde die Bezeichnung C4 ab 2007 auch für die Minivans C4 Picasso und C4 Grand Picasso, der später in Grand C4 Picasso und dann in Grand C4 Spacetourer umbenannt wurde, genutzt. Ab 2014 war der C4 mit dem Namenszusatz Cactus dann auch ein Crossover-SUV. Das muss man alles nicht verstehen, wichtig ist, dass Citroën im vergangenen Jahr die neueste Iteration des C4 auf den Markt gebracht hat, als Crossover-SUV mit stufenheck-artig abfallender Dachlinie. Als erstes Modell von Citroën basiert der neue C4 auf der von PSA entwickelten Common Modular Platform, die bisher im Konzern vor allem für die kleineren A- und B-Segmente genutzt wird, während die Kompaktklasse auf die EMP2 setzt.

Die Sache mit der Optik

Der Citroën C4 ist ein weiteres Modell aus der Reihe der sieben Finalisten für den Car of the Year 2021, deren Testberichte bereits in der AUTOMOBIL REVUE erschienen sind oder noch erscheinen werden. Zum Sieg hat es ihm nicht gereicht – mit Abstand, möchte man sagen –, aber bereits die Nominierung für die Shortlist weckt doch schon gewisse Hoffnungen in ein Auto. Als grosse Stärke wurde wieder und wieder die grosse Vielfalt an Motorisierungen erwähnt sowie der für dieses Segment nicht selbstverständlich hohe Fahrkomfort. Als Schwächen angekreidet wurden ihm vor allem, dass er nicht wirklich etwas Spezielles sei, und das gewöhnungsbedürftige Design.

Was damit gemeint ist, sticht nicht auf den ersten Blick ins Auge. Ja, die Front mit den zweigeteilten Scheinwerfern und den hoch angesetzten, zusammengekniffenen Tagfahrleuchten ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Sie passt aber ins Markendesign von Citroën und verleiht dem C4 ­eine charakteristische Frontansicht. Auch an die Kunststoffpaneele über den Türen hat man sich nach den Airbumps des C4 Cactus gewöhnt. Die stufenheckartige Dachlinie in Kombination mit ­einem SUV ist in diesem Segment noch etwas ungewöhnlich, aber das ist offenbar ein Trend, man kennt das bereits von BMW, Mercedes und anderen. Wenn also die Gestaltung kritisiert wird, so bezieht sich das aufs Hinterteil. Vom angedeuteten Heckflügel über die zerstückelten Leuchten bis zu den Zierelementen, ist so vieles hier gewöhnungsbedürftig.

Genügend Platz

Wenig gewöhnungsbedürftig ist der Innenraum. Dieser orientiert sich optisch am C4 Cactus und überzeugt mit seiner Ergonomie. Die Vielzahl an physischen Bedienelementen ist heute eine Seltenheit, aber sie hat durchaus ihre Berechtigung, da viele sie einer Lösung über den Touchscreen vorziehen. Der Zehn-Zoll-Bildschirm des Infotainments ist elegant hoch auf dem Armaturenbrett montiert und liegt so gut im Blickfeld, was für das Navi hilfreich ist. Denn das Kombiinstrument fällt dagegen eher bescheiden aus und zeigt bloss relevante Fahrdaten an. Beim Head-up-Display hat sich Citroën für die günstige Variante mit der Plexiglasscheibe im Sichtfeld entschieden. Und noch ein weiteres optionales Zusatzdisplay haben sich die Entwickler bei Citroën einfallen lassen: Mit ­einer eigens dafür konzipierten Halterung kann der Beifahrer vor sich ein Tablet am Armaturenbrett befestigen und sich damit beschäftigen, wenn er – oder sie – keine Lust auf Konversation hat.

Ergonomisch nicht über alle Zweifel erhaben ist einzig der winzige, versenkte Wählhebel mit den kleinen Tastern daneben für die Parksperre. Da ist die Bedienung nicht nur für Patschfinger ein ziemliches Gefummel. Schade auch, dass die elegante Gestaltung des Innenraums durch die teilweise billigen Materialien getrübt wird, beispielsweise den exzessiven Einsatz von Hartplastik.

Genug Genörgel, der Citroën C4 hat durchaus starke Argumente, die für den kompakten Franzosen sprechen. Nicht zuletzt das überraschend grosszügige Platzangebot, das die abfallende Dachlinie so nicht erwarten lassen würde. Mit einem Kofferraumvolumen von 380 bis maximal 1280 Litern bewegt er sich im guten Mittelfeld, und auch auf der Rückbank sitzt es sich bequem. Die Kopffreiheit von 91 Zentimetern reicht aus, damit auch durchschnittlich gross Gewachsene ohne Verrenkungen mitreisen können.

Komfort wird grossgeschrieben

Und sowieso: Im C4 reist es sich komfortabel. Das Gestühl – in unserem Testwagen in Teilleder ausgeführt – wird auch auf langen Fahrten nicht unbequem, und optional gibt es für Fahrer und Beifahrer noch eine Massagefunktion. Bequeme Sitze sind wichtig für guten Komfort, noch entscheidender ist aber natürlich das Fahrwerk. Wie üblich bei den Fahrzeugen auf CMP, bei denen ausschliesslich Frontantrieb möglich ist, kommt an der Vorderachse eine McPherson-Aufhängung zum Einsatz, hinten eine Verbundlenkerachse. Was im C4 den Unterschied macht, ist die Federung mit progressivem, hydraulischem Endanschlag, die mit Ausnahme der günstigsten Ausstattungsreihe in allen Varianten serienmässig verbaut ist. Wie auch schon im C4 Cactus ermöglichen diese den Einsatz weicherer Federn, was den Fahrkomfort auf kostengünstige Weise merklich verbessert. Freunde der dynamischen Fahrweise werden sich im C4 dagegen weniger wohl fühlen, dafür zeigt sich das Fahrwerk in den Kurven zu nachgiebig und bieten die Sitze zu wenig Seitenhalt.

Breite Motorpalette

Der C4 überzeugt mit seiner Vielfalt an Motorisierungsvarianten. Die ganze Palette ist alltagsorientiert. Besonders sportliche Versionen sucht man vergeblich, das würde auch nicht ins Konzept des zurückhaltenden Kompakt-SUV passen. Mit drei Benzinern (102, 131 und 155 PS), zwei Dieselmotoren (110 und 131 PS) und einem rein elektrischen Antrieb mit 136 PS zerreisst der C4 keine grossen Stricke, ist aber solide aufgestellt. Für die leistungsschwächeren Versionen gibt es ein Sechsgang-­Handschaltgetriebe, für die anderen eine Achtgang-Automatik. Allradantrieb gibt es nicht. Unter der Haube unseres Testwagens arbeitete der 131-PS-Benziner in Kombination mit der bewährten EAT8-Wandlerautomatik von Aisin. Dass diese Kombination aus dem C4 keinen Spitzensportler macht, liegt in der Natur der Sache. Die gemessene Zeit von 10.8 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h überrascht somit nicht. Der kleine Dreizylinder bewies seine grosse Stärke aber auf einem anderen Gebiet: mit seinem Durst respektive seiner diesbezüglichen Genügsamkeit. Auf der rund 120 Kilometer langen Normrunde der AUTOMOBIL REVUE mit Stadtverkehr, auf Landstrassen und auf der Autobahn begnügte er sich mit 6.1 l/100 km. Damit ist der C4 vergleichsweise sparsam unterwegs.

Günstiger Stromer

Diese Sparsamkeit beim Verbrauch ist im Fall des Citroën C4 auch Programm hinsichtlich dem Preis. Mit einem Basispreis von 23 800 Franken – oder einer monatlichen Leasingrate von 240 Franken über vier Jahre – stellt der Citroën C4 ­eine valable Option für preisbewusste Neuwagenkunden dar. Der Preis unseres Testwagens inklusive Mehrausstattung kam dann allerdings dennoch auf nicht wirklich unbescheidene 37 600 Franken zu liegen.

Auch der Ëlectric – so die offizielle Schreibweise für den vollelektrischen C4 – ist mit einem Einstiegspreis von 35 900 Franken einer der günstigsten Vollstromer in diesem Segment. Ausstattungsbereinigt entspricht das einem Elektroaufpreis von rund 10 000 Franken. Dem günstigen Anschaffungspreis des Stromers zum Trotz: Dass sich das bei einem derart sparsamen Benziner rechnet, ist wohl in den meisten Fällen doch eher unwahrscheinlich.

Testergebnis

Gesamtnote 73.5/100

Antrieb

Der Motor des C4 überzeugt mit Laufruhe und einem tiefen Verbrauch. Die Achtgangautomatik schaltet sanft. Aber wirklich dynamisch ist der Antrieb nicht.

Fahrwerk

Komfort wird grossgeschrieben im Citroën C4, dank der Federn mit hydraulischen Endanschlägen fährt er sich äusserst angenehm.

Innenraum

Die Gestaltung ist elegant, und die Sitze sind komfortabel (optional mit Massagefunktion). Das kann aber nicht über die teilweise billigen Materialien hinwegtäuschen.

Sicherheit

Die Rundumsicht ist durch die hohe Heckkante eingeschränkt, und LED-Scheinwerfer sind nur in höheren Ausstattungslinien verfügbar.

Budget

Mit dem tiefen Basispreis – sowohl bei Verbrennern, wie auch beim Stromer – und den sparsamen Motoren schont der C4 das Port­monnaie.

Fazit 

Der Citroën C4 ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite überzeugt er durch einen ausserordentlich hohen Komfort und sparsame Motoren zu einem attraktiven Preis. Auf der anderen Seite stehen die teilweise enttäuschende Materialwahl und die wenig dynamischen Motorisierungen. Was höher gewichtet wird, muss jeder Kunde für sich selber entscheiden.

Die technischen Daten und unsere Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der AUTOMOBIL REVUE.

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