Seit dem ersten Einsatz im Jahr 1887 hat der Fahrzeugreifen einen langen Weg zurückgelegt. Als – oft vergessenes – Schlüsselelement an einem Auto leistet er den wesentlichen Anteil an Strassenlage und Komfort eines Fahrzeuges.
«Als wir 1990 unseren ersten grünen Reifen einführten, sprach noch kein anderer Hersteller über den Rollwiderstand», erzählt Cyrille Roget, wissenschaftlicher Experte der Michelin-Gruppe. Heute, wo die Frage nach der Umweltbelastung selbstverständlich ist, sieht das anders aus: Die Frage nach der bestmöglichen Energieeffizienz ist auch bei der Reifenindustrie in den Mittelpunkt der Entwicklungen gerückt, da sie eine wichtige Rolle beim Treibstoffverbrauch spielt. «Bei einem PW kann bis zu einem Fünftel des Treibstoffverbrauchs auf den Reifen entfallen. Oder anders gesagt: Jedes fünfte Mal tanken ist durch die Reifen verursacht», so Roget.
Die Entwicklung effizienter Reifen lohnt sich, denn ein guter Reifen kann bis zu 40 Prozent weniger Treibstoffverlust verursachen als ein schlechter. Ein effizienter Reifen zeichnet sich in diesem Fall durch einen geringen Rollwiderstand aus, der entsteht, wenn sich der Reifen beim Abrollen auf der Fahrbahn verformt und dadurch erhitzt.
Unter dem Strich heisst das: Ein effizienter Reifen kann den Treibstoffverbrauch um bis zu acht Prozent verbessern. Und an einem konkreten Beispiel? «Bei einem Fahrzeug das 8 l/100 Kilometer benötigt, kann ein guter Reifen mit Energieeffizienklasse A den Treibstoffverbrauch um etwa 0.6 l/100 km senken, gegenüber einem Reifen mit Energieeffizienzklasse E», rechnet Roget vor. Dass sich das auch für das Portemonnaie lohnt, versteht sich von selbst.
Dass es sich dabei nicht nur um einen theoretischen Wert handel, zeigt der Touring Club Schweiz (TCS) bei den von ihm durchgeführten Tests, die zu ähnlichen Resultaten führten: «Durch die Wahl eines verbrauchsarmen Reifens können bis zu 0.4 Liter auf 100 Kilometer eingespart werden», erklärt TCS-Pressesprecherin Valérie Durussel. Das ist eine signifikante Verbesserung, die gleichwertig und vergleichbar mit der jahrelangen Arbeit in der Motorenentwicklung ist.
Kompromisslos?
Dieses Streben der Hersteller nach grösserer Energieeffizienz wird nicht nur technologisch fortschrittlichere Reifenkarkassen erfordern, sondern bedingt auch eine Verringerung der Reifenbreite, wie dies bereits bei bestimmten ökologischen Fahrzeugen wie dem BMW i3 gezeigt wurde. Auf diesem Weg hin zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch müssen die Reifenhersteller darauf achten, die übrigen Eigenschaften der Reifen nicht zu vernachlässigen, wie Valérie Durussel warnt: «Ökologische Reifen haben einen geringen Rollwiderstand, was aber im Widerspruch zu einem guten Fahrverhalten auf nassen Strassen steht.» Ein weiteres Potenzial für Innovation ist die Gewichtsreduktion bei den Pneus. «Die Masse des Reifens ist eines unserer Hauptentwicklungsfelder. Wir versuchen immer, neue Materialien zu finden, die widerstandsfähiger und somit gewichtseffizienter sind», führt Cyrille Roget aus. Und auch bei Konkurrent Bridgestone klingt es ähnlich: «Leichtere Reifen sind gleich doppelt im Vorteil: Weniger Material bei der Herstellung – und weniger Treibstoffverbrauch im Betrieb», heisst es in einer Pressemitteilung. Ausserdem reduziert ein leichter Reifen auch die ungefederte Masse, was dem Fahrverhalten zugutekommt.
Überraschenderweise ist auch in der Reifenindustrie der Weg zur Unabhängigkeit von Erdöl eine der Hauptprioritäten. Zero Waste und Nachhaltigkeit seien ausdrückliche Ziele der Reifenhersteller, sagt Cyrille Roget: «Im Moment verbrauchen wir noch sehr viele Rohstoffe. Ziel ist es, von der Ölindustrie wegzukommen. Einerseits, um unsere Abhängigkeiten zu verringern, aber auch, um uns hin zu einem saubereren Lebenszyklus unserer Produkte zu bewegen, insbesondere durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe.» Derzeit würden Michelin-Reifen zu 28 Prozent aus erneuerbaren Materialien hergestellt, bis 2048 möchte man diesen Anteil auf 80 Prozent erhöhen. Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das Forschungsprogramme voraussetzt, die beispielsweise darauf hinarbeiten, synthetische Elastomere aus nachhaltigen Materialien wie Holz, Stroh oder Rüben zu gewinnen.
Herstellerspezifische Reifen
Während es bereits heute Reifen gibt, die spezifisch auf gewisse Autohersteller und deren Modelle zugeschnitten sind, so wird diese Thematik in Zukunft noch deutlich wichtiger werden, insbesondere mit der weiteren Verbreitung von Elektrofahrzeugen. Christian Mühlhäuser, Geschäftsführer von Bridgestone Europa, erklärt dies so: «Mit jeder neuen Entwicklung versuchen wir, das Zusammenspiel von Chassis und Reifen so gut wie möglich aufeinander abzustimmen. Die neuste Generation der Elektrofahrzeuge weist erhebliche konzeptionelle Unterschiede zu den Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben auf. Dazu gehören beispielsweise der tiefe Schwerpunkt durch das Batteriepaket, das hohe Motordrehmoment und eine ganz andere Geräuschentwicklung.»
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Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, arbeiten immer mehr Autohersteller Hand in Hand mit den Reifenherstellern, manchmal sogar schon von Beginn der Entwicklung weg.
Nicht zuletzt arbeiten die grossen Reifenhersteller auch an intelligenten Reifen mit Konnektivitätsfunktionen. Was Michelin mit dem Track Connect für Trackday-Enthusiasten und Hobbyrennfahrer bereits im Programm hat, könnte durchaus auf die gesamte Produktpalette ausgerollt werden. Das System, dass konstant Reifendruck und -temperatur überwacht, arbeitet präziser als herkömmliche Reifendrucksensoren und kann somit dazu beitragen, den Reifenverschleiss zu verringern.
Zurzeit funktioniert das System fahrzeugunabhängig, da die Sensoren, die in die Innenseite der Lauffläche eingelassen sind, mit einem Empfänger im Fahrzeug kommunizieren, der die Daten aufs Smartphone überträgt. Es würde aber nicht überraschen, wenn die Hersteller diese Funktion schon bald direkt als zusätzliche und unbedingt sicherheitsrelevante Information ins Fahrzeug integrieren würden.
Wie sieht der Reifen der Zukunft aus?
(R)EVOLUTION Während es bei den Autoherstellern Prototypen am laufenden Band gibt, steht auch die Pneuindustrie nicht still.
In Clermont-Ferrand (F), dem historischen Hauptsitz von Michelin, scheut man nicht davor zurück, das Rad neu zu erfinden. Das kann sogar heissen, dass die Prozesse eines gesamten Industriezweiges überdacht werden müssen. «In Zukunft werden 3D-Drucker zur Herstellung und Modellierung des Gummis zum Einsatz kommen, sodass die Reifen exakt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden können», sagt Cyrille Roget von Michelin. Der Experte veranschaulicht das an einem Beispiel: «Stellen Sie sich vor, bei Ihnen in der Schweiz neigt sich der Sommer dem Ende zu, es wird kalt, und es beginnt vermutlich zu schneien. Anstatt dass Sie jetzt Ihre abgefahrenen Sommerreifen entsorgen, können Sie in einer spezialisierten Werkstatt auf Ihre bestehenden Reifen ein neue Gummischicht mit einem Winterprofil aufdrucken lassen. Da der Reifen nicht mehr als ein halbes Jahr halten muss, kann sehr wenig Material aufgedruckt werden.» Im Frühling wiederholt sich das ganze Spiel dann wieder für das Sommerprofil. Für die Hersteller bringt dieses Aufgummieren 2.0 klare Vorteile: «Wir müssen keine Reifen mehr haben, deren Lauffläche zwingend drei oder vier Jahre hält, sondern der Reifen kann über seine ganze Lebensdauer immer wieder aufgummiert werden.» Und diese Lebensdauer könnte theoretisch so hoch sein wie diejenige des Autos.
Michelin hat die Idee des gedruckten Reifens im Prototyp Vision (gr. Bild links) erprobt. Nicht nur die gedruckte Lauffläche ist eine Eigenart des Vision, sondern auch die Tatsache, dass er keine Luftfüllung mehr enthält. Er trägt das Gewicht auf einer komplexen dreidimensionalen Struktur, die im 3D-Druck erstellt wurde. So kommt also nicht nur der Reifen, sondern auch die Felge aus dem Drucker. Der Vision ist aber noch ferne Zukunftsmusik und wird «voraussichtlich nicht in den nächsten 20 Jahren serienreif sein», so Michelin.
Wesentlich schneller in Produktion gehen soll der Airless-Reifen (Bild rechts): Bereits 2024 könnte es so weit sein, so Cyrille Roget: «Wir arbeiten an einem noch nicht gekannten Design und Herstellungsprozess. Der klassische Reifen wird aus einzelnen Kompenten aus verschiedenen Rohstoffen aufgebaut. Beim Airless-Reifen werden die Rohstoffe für die einzelnen Komponenten gemischt und in Formen gebacken. Daraus wird anschliessend der fertige Reifen aufgebaut.»
Eine wichtige Frage betrifft auch die Zulassung solcher Airelss-Reifen. Die Rechtsabteilung von Michelin, die sich um die Normen und Vorschriften in den verschiedenen Märkten der Welt kümmert, arbeitet deshalb eng mit den Gesetzgebern zusammen, um zu definieren, was ein «luftloser Reifen» ist. Der Begriff an sich mag auch irreführend sein, denn auch ein Airless-Reifen besteht zu einem grossen Teil aus Luft. Im Unterschied zu einem herkömmlichen Reifen steht diese aber nicht unter Druck. Die Technologie eines luftlosen Reifens bringt einen enormen Vorteil mit sich, erklärt Cyrille Roget: «Viele Autofahrer kontrollieren ihren Reifendruck wenig bis gar nicht. Somit arbeiten die Reifen mit einem Luftdruck, der nicht dem entspricht, auf den sie ausgelegt wurden. Das bedeutet, dass mit der Erwärmung des Reifens auch sein Rollwiderstand steigt.» Und somit auch die Abnützung und der Verbrauch.
Das verkannte Hochleistungsprodukt
REIFENHANDEL Sven Sievi, Präsident des Reifen-Verbands der Schweiz (RVS), bezieht Stellung zu aktuellen und künftigen Herausforderungen. Beratung ist und bleibt wichtig.
Automobil Revue: In der Schweiz werden jährlich 6.5 Millionen Reifen verkauft. Was sind die künftigen Herausforderungen für den Handel?
Sven Sievi: Unsere Branche bewegt sich seit Jahren in einem weitgehend gesättigten und daher stagnierenden Absatzmarkt. Andererseits werden die Produkte komplexer, die Dimensionsvielfalt nimmt zu, und der Reifen wird beratungsintensiver. Deshalb investiert der RVS viele seiner Ressourcen in die Aus- und Weiterbildung seiner Fachkräfte. Stichworte dazu sind: Vernetzte beziehungsweise intelligente Reifen und Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Daneben stellt die Digitalisierung eine weitere Herausforderung für die Branche dar.
Sind neue Angebote und Services nötig, damit sich Händler am Markt halten können?
Der gesteigerte Beratungs- und Handlingbedarf durch einen Reifenfachhändler bietet Chancen. Damit dieses Potenzial erschlossen werden kann, muss allerdings erst einmal erheblich in die Betriebs- und Werkstattausstattung investiert werden. Auch die Notwendigkeit gut ausgebildeter Fachkräfte nimmt zu. Massgeschneiderte Dienstleistungspakete für die Kunden und exzellenter Service sind gefragt und gefordert.
Wie sehr sind sich Kunden des enormen Sicherheits- und Energiefaktors bewusst?
Reifen sind leider nach wie vor ein verkanntes Hochleistungsprodukt. Beispielsweise und aktuell im Bereich der Umrüstung von Winter- auf Sommerreifen sind Kunden die Vorteile noch zu wenig bekannt. Diese Themen sind permanenter Bestandteil der Aus- und Weiterbildung des RVS. Wichtig ist, dieses Know-how vom Fachhandel zu den Kunden zu transportieren.
Was ist am Markt derzeit primär gefragt – breiter, schmaler, billiger oder teurer?
Im Moment zeigt der Trend in Richtung breitere und sportlichere Reifen, da die Schweiz über einen sehr hochwertigen Fahrzeugpark verfügt. Andererseits spielen ökologische Aspekte eine zunehmend wichtigere Rolle. Schliesslich sind Premiumprodukte in der Schweiz nach wie vor sehr gefragt.
Die beim Handel unbeliebten Ganzjahresreifen waren gemäss RVS-Jahresbericht 2018 mit einem Plus von 83 Prozent extrem gefragt. Hält dieser Trend an?
Der Absatz der All-Season-Reifen war 2019 im Vergleich zu 2018 leicht rückläufig. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Stückzahlen beim Absatz auf tiefem Niveau steigen werden. Es gibt Kunden, die nicht bei jeder Witterung auf das Fahrzeug angewiesen sind und nur sehr wenige Kilometer im Jahr fahren. Für sie kann ein All-Season-Reifen genügen. Solche Reifen haben jedoch gegenüber echten Sommer- oder Winterreifen je nach Witterungsbedingungen einen Performance-Nachteil.
Was kann man zur Preisentwicklung sagen?
Durch den starken Schweizer Franken sind die Reifen massiv günstiger geworden. Der Grauimport rechnet sich immer weniger, da die offiziellen Importeure die Preise laufend angepassen.
Wie sieht es mit den Margen im Handel aus?
Es gibt eine extreme Preistransparenz, was zu mehr Wettbewerb und zu sinkenden Margen führt.
Ist der Onlinehandel ein Problem oder ein Segen? Manche Pneuhäuser verlangen klar mehr, um einen online gekauften Reifen zu montieren, als wenn der Kunde den Pneu vor Ort kauft.
Die Bedeutung des Onlinehandels ist je nach betrieblicher Ausrichtung unterschiedlich. Wir schätzen den Onlineanteil am gesamten Reifenmarkt immer noch auf rund 15 Prozent. Jeder online gekaufte und im Fachhandel montierte Reifen ist immer auch eine Möglichkeit, sich als Betrieb mit seinen Dienstleistungen gegenüber dem Kunden zu profilieren.Wir haben aber auch Rückmeldungen aus Betrieben, wonach vermehrt wieder die individuelle Beratung und der Service vor Ort gesucht werden. Wir vom RVS empfehlen auch aus garantie- und haftungsrechtlichen Gründen den Kauf und die Montage von Reifen aus einer Hand, also beim Fachhandel.
Kann die Nachfrage derzeit befriedigt werden?
Ja, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet.
Gibt es Erfahrungen von der Front, wie die Leute das Luftdruckkontrollsystem nutzen?
Bei indirekten Systemen ist die Wahrnehmung geringer als bei direkten Systemen, denn ein direktes RDKS muss bei jedem Reifenwechsel gewartet werden. Viele melden sich erst beim Fachhandel, wenn etwas nicht mehr stimmt. Selber kontrollieren nicht viele regelmässig.
Egal welches System – ein Reifen darf nicht mehr kosten. Ein Reifenwechsel aber schon?
Dadurch, dass direkte Systeme gewartet und oft neu angelehrt werden müssen, ist ein erhöhter Preis bei einem Reifenwechsel gerechtfertigt.
Eine Frage der Sicherheit
BEACHTUNG VERDIENT Reifen und deren Luftdruck werden von Autofahrern punkto Pflege nicht selten wie die eigenen Füsse etwas vernachlässigt. Dabei sind sie extrem sicherheitsrelevant.
In den letzten 15 Jahren hat sich die Fahrsicherheit dank Reifen klar erhöht. Mischungen wurden weiterentwickelt, der Reifenaufbau neuen Erkenntnissen angepasst und die Profilgestaltung optimiert. Resultat: kürzere Bremswege, verbesserte Handlingspräzision und verringerter Rollwiderstand. Auch wenn die Fortschritte der Entwicklungsingenieure klein sind, in der Summe ist die Wirkung beträchtlich. Friedrich Eppel, stellvertretender Hauptabteilungsleiter Technik, Test, Sicherheit und Reifenexperte des österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclubs, sagt dazu: «Viele Eigenschaften, die die Sicherheit erhöhen, schliessen sich aus. Darum sind Quantensprünge nicht möglich. Es geht bei der Entwicklung immer darum, einen idealen Kompromiss zu finden.» Die Kraftübertragungsfähigkeit – notabene auf einer Fläche von vier Postkarten – sei in den letzten Jahren aber massiv verbessert worden. Wobei es ungleich schwerer sei, Reifen herzustellen, die bei Nässe und Schnee top funktionieren, als für trockenen Untergrund. «Das Gefälle unter den Herstellern ist kleiner geworden, die neuen haben gelernt», erklärt Eppel dazu.
Druck auch für Profis wichtig
Wenn ein Reifen für einen Kunden entwickelt wird, steht der Reifendruck früh fest. Idealer Luftdruck ist die Wurzel, aus der alles andere gedeiht: «Es ist schliesslich die Luft, die das Auto trägt, der Reifen ist nur ein fester Ballon», sagt Frank Grooz. Der Nordrheinwestfale aus Stolberg (D) bei Aachen ist seit fast 30 Jahren Testfahrer für Continental, Goodyear Dunlop und heute Apollo Vredestein. «Mit zu geringem Luftdruck unterwegs zu sein, schadet der Fahrstabilität ganz massiv und kann in einer Gefahrensituation den Unterschied machen», so Grooz. Der Luftdruck, der im Auto angegeben wird, sei immer ein Kompromiss zwischen Komfort einerseits und Rollwiderstand sprich Sportlichkeit andererseits. Passender Luftdruck bürgt freilich nicht nur für ein besseres Fahrverhalten, mehr Kurvenstabilität, niedrigere Abrollgeräusche und tieferen Verbrauch, sondern auch für eine höhere Aquaplaningreserve. «Aquaplaning ist so eine brutale Reaktion und tritt so schlagartig auf, dass auch geübte Fahrer oft keine Chance haben einzugreifen.» Was die Profiltiefe angeht, sagt Grooz: «Die Grenze, die der Gesetzgeber vorgibt, ist schon fast gefährlich, speziell im Regen.»
Prüfsystem nutzen
Ein geübter Testfahrer wie Frank Grooz spürt Unterschiede im Luftdruck «im Zehntelbereich, ohne auf die Uhr zu schauen». Davon ist der Laie natürlich weit entfernt. Auch optisch ist selbst eine Druckminderung von 0.5 bar kaum wahrnehmbar, hat aber, wie gesagt, gravierende Auswirkungen: Seit 1. November 2014 müssen daher Neufahrzeuge mit einem Reifendruckkontrollsystem (RDKS) ausgerüstet sein. Insofern lohnt sich nachrüsten nicht. Heute ist häufig ein aktives System im Einsatz, bei dem der Reifendruck mittels speziellem Drucksensor in jedem Rad per Funk übertragen und auf dem Display angezeigt wird. «Deutlich günstigere passive Systeme erfüllen ihren Zweck jedoch in der Regel genauso gut», sagt Eppel. Bei einem passiven RDKS erfolgt die Messung indirekt über vorhandene ABS- oder Traktionskontrollsensoren. Diese schliessen aufgrund der Drehzahl der Reifen auf einen Druckverlust und melden Unregelmässigkeiten via Kontrolllampe. Einige Hersteller kehren derzeit von einem aktiven auf ein passives System zurück. Letztlich muss man ohnehin selbst Hand anlegen, um den Schaden zu beheben. «Regelmässig prüfen und reagieren», rät Eppel, «am besten immer alle vier Reifen anfassen und an der Tankstelle mit dem Messgerät checken. Dreckige Hände sind immer noch besser als im Spital oder gar auf dem Friedhof zu landen.» Inzwischen lässt sich der Luftdruck je nach System auch auf dem Handy anzeigen. Vorteil: Viellleicht achtet man sich so intenisver darauf, weil man ja sowieso immer aufs Handy schaut.
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Aufmerksam fahren Fahren Sie achtsam über spitze, kantige Gegenstände oder Bordsteine. Der Reifenaufbau kann sonst, für Sie allenfalls nicht sichtbar, geschädigt werden. Wenn nicht vermeidbar, Hindernisse und Bordsteine möglichst langsam und rechtwinklig überwinden. Kontrollieren Sie Ihre Reifen regelmässig auf Risse, Schnitte, Ausbeulungen oder eingedrungene Fremdkörper. Das gilt besonders für Reifen mit dem Geschwindigkeitsindex H, V, W, Y oder ZR, da sie hohen Belastungen ausgesetzt werden. Diese Reifen sollten in der Regel nicht repariert werden.
Luftdruck beachten und handeln Checken Sie regelmässig (mindesten alle vier Wochen) den Luftdruck mit dem Messgerät an der Tankstelle. Der korrekte Luftdruck findet sich in der Betriebsanleitung oder auf einem Kleber im Türrahmen oder an der Tankklappe. Mit jeder Luftdruckunterschreitung wird der Reifen überbeansprucht – und es kommt zu übermässigem oder ungleichmässigem Profilabrieb. Die Lebensdauer und Sicherheit eines Reifens ist massgeblich abhängig vom richtigen Luftdruck. Zudem verursacht ein ungenügender Reifendruck einen zusätzlichen Verbrauch von bis 0.3 Litern auf 100 Kilometer.
Mangelhaftes Profil wird teuer Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt bei Sommer- und Winterreifen 1.6 Millimeter. Allerdings lassen die sicherheitsrelevanten Fahreigenschaften bereits früher nach. Deshalb sollten Sommerreifen ersetzt werden, wenn die Profiltiefe der Lauffläche – nicht an den Reifenschultern – drei Millimeter (Winterreifen 4 mm) beträgt. Eine ungenügende Profiltiefe kostet 100 Franken Busse pro fehlerhaftem Pneu. Meist kommt es zudem zu einer Kürzung oder Rückforderung der Versicherungsleistung.
Winterreifen Lieber früher als später Reifen wechseln. Moderne Winterreifen sind so konzipiert, dass sie ihre besonderen Eigenschaften bereits bei Temperaturen ab unter sieben Grad entwickeln. Sommerreifen verlieren aufgrund ihrer Gummi-
mischung bei niedrigen Temperaturen Grip. Längere Bremswege sind die Folge. Die Bremswege auf Schnee sind mit Winterreifen um bis zu
20 Prozent kürzer als mit Sommerreifen. Die Gummimischung von M+S-Reifen (Matsch-und-Schnee-Reifen) ihrerseits ist weicher als die von Sommerreifen. Je weicher der Gummi bei hohen Temperaturen wird, desto höher der Abrieb – und damit der Verschleiss. Merken Sie sich einfach die Sieben-Grad-Regel: Das ist die Temperatur, bei der es Sinn macht, die Reifen zu wechseln.
Lagerung Trotz Alterungsschutzmittel altern Reifen. Durch sachgerechte Lagerung und Lagertemperatur lässt sich der Alterungsprozess verzögern. Darum die Reifen bei 15 bis 25 Grad Celsius einlagern, vor Wärmequellen abschirmen, vor direkter Sonnenbestrahlung und Kunstlicht mit hohem UV-Gehalt schützen, Kondensation vermeiden, Reifen nicht mit Ölen, Fetten, Lacken, Kraftstoffen und Ähnlichem in Berührung bringen und nur mässig belüften. Sauerstoff und Ozon sind besonders schädlich. Bei Überwinterung von Fahrzeugen (Oldtimer, Wohnmobilen, Anhänger usw.), bei denen die Reifen am Fahrzeug bleiben, sollte der Luftdruck um mindestens 0.5 bar erhöht werden.
Reifenetikette Beim Kauf lohnt es sich, verschiedene Offerten (mindestens drei) für Reifen inklusive Montage, Auswuchten, Entsorgung und Mehrwertsteuer einzuholen. Die Reifenetikette (Bild) kann bei der Wahl des Reifens helfen. Seit 1. August 2014 ist die Reifenetikette in der Schweiz obligatorisch. Die Reifenetikette zeigt sowohl die Energieeffizienz (Rollwiderstand) an als auch eine Klassierung der Nasshaftung und der Lärmentwicklung. Wichtig ist beim Kauf die Überprüfung des Herstellungsdatums der Reifen. Dabei hilft die DOT-Nummer auf jedem Reifen. Sie ist eine vierstellige Nummer, wobei beispielsweise 2616 bedeutet, dass der Reifen in der Woche 26 im Jahr 2016 produziert wurde. Wenn Sie neue Reifen kaufen, sollten diese nicht älter als drei Jahre sein. Ältere Reifen sollten Sie nicht als neu akzeptieren. Das Herstellungsdatum ist wichtig, weil sich die Reifenproduktion laufend entwickelt.