Es ist für niemanden ein Geheimnis: Mit 28 Millionen Fahrzeugen, die im letzten Jahr verkauft wurden (+9 % im Vergleich zu 2015), ist China der grösste Automarkt der Welt. Nach den Prognosen der chinesischen Regierung werden die Verkaufszahlen 2020 eine Stückzahl von 30 Millionen erreichen und 35 Millionen im Jahr 2025. Der asiatische Riese, der Rekorde liebt, schwingt noch in einem anderen Gebiet das Zepter: der Absatz für Elektro- und Hybridautos (nach chinesischer Terminologie Autos mit neuer Energie) ist hier der höchste auf der Welt.
2016 wurden laut der China Association of automotive manufacturers 500 000 Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien oder Plug-in-Hybride verkauft, zudem gehen die Prognosen für 2017 von 700 000 Einheiten aus. Vor vier Jahren umfasste der chinesische Markt gerade einmal 17 600 Exemplare. Auch wenn der Anteil der Autos mit alternativen Antrieben im Vergleich zur Gesamtproduktion (1.85 %) auf niedrigem Niveau verharrt, besitzt dieser Markt ein enormes wirtschaftliches Entwicklungspotenzial; ausserdem bringt dieser eine Lösung für die Verschmutzungsprobleme der Megastädte im Reich der Mitte.
Ein Industrieplan
Mit der üblichen Anpassungsfähigkeit und seinem Sinn für Opportunismus sieht das kommunistische Regime darin eine herausragende Chance und hat den Gewaltmarsch zur Elektrifizierung institutionalisiert, dabei plant es zu einem noch nicht benannten Datum den Tod des Verbrennungsmotors. Anfang des Jahres haben die Behörden einen Industrieplan verabschiedet, der die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und den Bau von Forschungszentren vorsieht. Mit einer Quotenregelung nach dem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche fordern sie von den Herstellern, dass sie ab 2019 mindestens 10 % Elektro- und Hybridautos verkaufen sowie 12 % ab 2020. Dieses Klima des Wandels zum Elektrowagen auf einem vielversprechenden Wachstumsmarkt lockt die westlichen Unternehmen, die bereits einen Geldregen erwarten. Wie Professor Min Xu, Automobil-Experte der Universität Jiao Tong in Shanghai, in «Le Temps» schreibt, handle es sich um einen «neuen Goldrausch. Dieser könnte ebenso profitabel sein, wie die digitalen Technologien.»
In den letzten Monaten haben unzählige westliche Hersteller ihre Figuren auf dem Schachbrett im Reich der Mitte in Stellung gebracht, indem sie Joint Ventures mit lokalen Unternehmen gegründet oder ausgebaut haben, als einzige legale Möglichkeit, um auf dem chinesischen Markt Fuss zu fassen. Ein echter Paukenschlag war die Präsentation der neuen Marke Polestar, die zu Volvo und deren chinesischen Mutterkonzern Geely gehört. Die beiden Unternehmen werden mehr als 740 Mio. Fr. investieren, um in einer Fabrik in Chengdu den Polestar 1 zu montieren, ein GT-Cabrio mit Hybridmotor. Der Standort wird ab Mitte 2018 in Betrieb gehen. Auch Daimler geht bei der Elektromobilität stark in die Offensive, das Unternehmen ist mit Beijing Benz Automotive, einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem fünftgrössten chinesischen Hersteller BAIC Motor (Autosparte des BAIC-Konzerns, der Autos, Busse, LW und Flugzeuge produziert), bereits seit 2005 in China präsent. Die deutsche Marke und der chinesische Partner haben vereinbart, im Jahr 2020 Batterien und Elektrofahrzeuge der Marke Mercedes-Benz in Peking zu produzieren. Das chinesisch-deutsche Duo stellte zu diesem Zweck beinahe 800 Mio. Fr. bereit. «2025 wird der grösste Anteil des Absatzes von Elektro- und Hybridfahrzeugen von Mercedes-Benz auf dem chinesischen Markt verkauft. Die Entscheidung für eine Produktion dieser Modelle vor Ort ist der Schlüsselfaktor für den Erfolg unseres Portfolios mit Alternativantrieben», erklärt Hubertus Troska, als Vorstandsmitglied der Daimler AG für die chinesischen Geschäfte der Marke zuständig.
Ein anderer Riese der deutschen Automobilindustrie, Volkswagen, plant in noch grösserem Massstab: gerade hat er angekündigt, dass er ab 2018 im Rahmen des Joint Ventures mit JAC Motors mehr als 12 Milliarden Franken in die Produktion sauberer Autos in China investieren wird. Es ist offensichtlich, dass die Firma aus Wolfsburg (D) ihren Status als ausländischer Marktführer, mit mehr als 4 Millionen verkauften Autos im Jahr 2016, verteidigen will. Ford möchte ebenfalls ein Stück vom Kuchen abbekommen und macht mit dem Hersteller Zotye gemeinsame Sache. Die beiden Partner verfügen über ein Budget von 870 Millionen Franken für einen Produktionsstandort für grüne Fahrzeuge in der Provinz Zhejiang (Ostchina). Auch Tesla bestätigt, dass sie über eine eigene Fabrik in China verfügen.
Die Franzosen im Rennen
Die Franzosen haben ebenso wenig dem Sirenengesang widerstanden. Im vergangenen Sommer haben die Renault-Nissan-Allianz und der zweitgrösste chinesische Hersteller, Dongfeng, ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, das elektrische Fahrzeuge auf dem Territorium des asiatischen Riesens vertreiben wird. Unter dem Firmennamen eGT New Energy Automotive entwickelt eine neue Einheit ein «intelligent vernetztes Modell, das auf der SUV-Plattform des A-Segments der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz basiert», unterstreicht eine Pressemeldung der Allianz. Dieses kleine elektrische Fahrzeug wird in der Fabrik von Dongfeng in Shiyan montiert (Zentrum von China). Die dortige Produktionskapazität liegt bei 120 000 Einheiten pro Jahr. Der Produktionsbeginn ist für 2018 geplant.
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