Am kommenden 27. Oktober wird der knapp fünf Kilometer lange und 1.2 Mia. Franken teure Bieler A5-Ostast, der von der Verzweigung Bözingenfeld bis zur Verzweigung Brüggmoos reicht, eingeweiht und dem Verkehr übergeben. Als direkte Verbindung zwischen der A16 (Transjurane) und der A5 Richtung Solothurn sowie der T6 Richtung Bern entlastet der Ostast verschiedene städtische Hauptachsen vom Durchgangsverkehr. Da müsste eigentlich Freude herrschen. Sie herrscht zwar, aber sie ist nicht ungetrübt. Denn der geplante A5-Westast (5 km Hauptstrecke und 2 km Zubringer, also insgesamt 7 km Autobahn), und damit das zweite Grossprojekt im Raum Biel, erhitzt in der zweisprachigen Stadt die Gemüter sehr stark. Und so findet am heutigen Mittwoch um 18.00 Uhr sowie am Samstag, 28. Oktober, um 14.00 Uhr (Treffpunkt: Talstation Magglingenbahn), wiederum eine Stadtwanderung der Gegner des geplanten A5-Westastes statt. Nicht dass diese generell gegen die Fortführung der A5 Richtung Neuenburg wären, womit dann die Lücke im Nationalstrassennetz zwischen Solothurn und Neuenburg geschlossen wäre. Sie wehren sich vielmehr gegen die heute beabsichtigte Streckenführung, die den Bund und den Kanton Bern geschätzte 2.2 Mia. Franken kosten soll.
Einsprachen auch von Biel und Nidau
Auch die Städte Biel und Nidau verlangen Verbesserungen im Ausführungsprojekt des Westasts A5. Deshalb haben sie in Form einer Einsprache ihre Forderungen beim Uvek (Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) deponiert. Die beiden Städte unterstützen das Projekt des Westasts der A5, fordern aber punktuell eine bessere Abstimmung mit der städtischen Begleitplanung, geringere Beeinträchtigungen während der Bauphase sowie gezielte Massnahmen zugunsten des Langsam- und des öffentlichen Verkehrs.
Weiter verlangen die beiden Städte, dass die Bedingungen für den Langsam- und den öffentlichen Verkehr während der Bauzeit attraktiv gestaltet und beispielsweise der Busverkehr auch in dieser Zeit stabil abgewickelt werden kann. Und sie wollen in der Weiterbearbeitung des Projekts involviert werden.
Umweltverbände schiessen scharf
Die Hauptkritik gegen die Pläne für den Westastausbau der A5 kommen nicht ganz unerwartet von den Umweltverbänden. Sie sind der Meinung, das Grossprojekt ist alles andere als massvoll und verfehlt verkehrstechnisch gesehen seinen Zweck. Mit dem Westast sollte die Stadt Biel vom Verkehr entlastet werden, doch gerade das geschehe eben nicht. Im Gegenteil, mit dem geplanten Anschluss Biel-Zentrum würden sowohl die Innenstadt als auch die Quartiere gegen Nidau mit Verkehr überschwemmt.
Ganz dezidiert ist der Inhalt der Einsprache des Fussverkehrs Schweiz. Die Autoren verlangen, dass dieses Projekt nicht genehmigt wird. Zwar lehnen sie das Projekt nicht grundsätzlich ab, aber es bedürfe der Überarbeitung. So sei der A5-Westast fussgängerfreundlicher auszugestalten. Den Bedürfnissen der zu Fuss Gehenden müsse bei der gesamten Gestaltung des Projekts mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Darüber hinaus sei auf die Autobahnanschlüsse Biel-Zentrum und Biel-West zu verzichten. Denn diese Anschlüsse führten statt zu einer Entlastung zu Mehrverkehr in Biel und Nidau. Das bedeute für Fussgänger weniger Verkehrssicherheit, mehr Lärm, schlechtere Luftqualität und längere Wartezeiten. Insgesamt sei das aufliegende Projekt masslos. Sein Gigantismus erinnere an Zeiten, als das Auto den höchsten und das Zu- Fuss-Gehen entsprechend einen tiefen Stellenwert hatten.
Eine Flut von Einsprachen
Insgesamt sind während der Frist zur Planauflage beim Uvek rund 600 Einsprachen eingegangen, darunter stammen zahlreiche von betroffenen Grundeigentümern. Etliche von ihnen müssten enteignet werden. Manche, die in ihren Häusern jahrzehntelang gewohnt haben, trifft das hart. Andere dagegen werden wohl gerne ihr Haus verkaufen. Doch noch ist es nicht so weit. Als Nächstes wird das Tiefbauamt des Kantons Bern zu den Einsprachen gegen die Autobahnumfahrung Stellung nehmen. Nach allfälligen Einspracheverhandlungen wird das Uvek über jede Einsprache entscheiden. Anschliessend können die Beteiligten den Gesamtentscheid zu ihrer Einsprache vor Gericht anfechten.
Angesichts der Flut der Einsprachen ist die Dauer des Genehmigungsverfahrens deshalb schwer abzuschätzen. Mit dem Bau der Westumfahrung kann erst gestartet werden, sobald alle Einsprachen bereinigt sind und die Projektgenehmigung durch das Uvek vorliegt. Dagegen könnte dann beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Das ganze Prozedere dürfte deshalb noch längere Zeit beanspruchen. Im besten Fall wird mit einem Baubeginn ab 2020 gerechnet. Die Bauzeit wird mit 15 Jahren veranschlagt. Die Inbetriebnahme des A5-Westasts wäre dann um 2035. Im besten Fall.
ao