Vor wenigen Tagen hat Heinz Podak seinen 86. Geburtstag gefeiert. Fahrzeugtechnisch sind andere in seinem Alter mit einem Rollator oder bestenfalls einem Elektro-Scooter unterwegs. Nicht so der gebürtige Berliner, der 1955 in die Schweiz kam. Der Mann gibt richtig Gas. Von wegen, altes Eisen.
Als gelernter Werkzeugmacher fand Podak seinerzeit einen Job in Konstanz (D). Von dort verschlug es ihn in die Uhrenindustrie nach Neuenburg, wo er seine Frau, die da seinerzeit im Mädchenpensionat wohnte, kennenlernte. Später dislozierte die beiden nach Basel, der Heimat von Podaks kürzlich verstorbenen Frau. Das Paar lebte fortan mit ihrem Sohn am Rhein. Der Hobby-Segler war später als «unselbstständig selbstständiger» Spezialist in der Computerbranche tätig und betreute viele Kunden in der Romandie und im Tessin. Ergo haben sich da Hunderttausende Kilometer Routine punkto «Driving Experiance» summiert. Und: «Ich fahre noch heute jeden Tag Auto», hält Podak fest. Und wie. Der Mann ist seit vielen Jahren Teil des Porsche Suisse Cup, sprich der Driver Challenge, in der es darum geht, möglichst gleichmässige Zeiten zu fahren. Der Einstieg in den Rennsport kam für den Basler Anfang der 90er-Jahre via eines Rennfahrkurses von Porsche. Mit seinem 968er CS aus dem Jahr 1993 liess sich «Senior-Senna» damals in die Grundlagen des Rennsports einführen. Und so brettert er noch heute jedes Jahr mit 200 und mehr km/h über die Rennstrecken Europas. Und dies, obwohl ihm die Polizei seit vier Jahren den Führerschein streitig machen will. «Ich habe einmal einem Tram in Basel den Weg abgeschnitten. Dumm gelaufen», sagt Podak dazu «Altersbedingter Leistungsabfall», sagt die Justiz. Klar, dass sowas für den «Täter» gar nicht geht.
Schneller geworden
«Mein Auto braucht mit seinen 240 PS leider vis-à-vis der GT3-Konkurrenz etwas lange, um auf Touren zu kommen, darum komm ich selten auf Topspeed.» Dies, weil da halt schon die nächste Kurve warte. Stolz fügt Podak indes an: «Letztes Jahr fuhr ich in Le Castellet 3:02, heuer waren es 2:56.» Wird der Mann also immer schneller … ? «Nein, das liegt auch an der Betreuung des Autos», sagt er. Er sei extrem zufrieden mit Widberg-Motorsport in Gerlafingen SO. «Da wird toll gearbeitet und offen miteinander geredet – das gefällt mir.» Das ist durchaus keine Platitude; denn merke: Der Mann ist wählerisch. So habe ihm sein Mechaniker kürzlich gesagt, er solle abnehmen, dann werde er noch schneller. Dabei ist Podak fit wie ein Turnschuh. Ebenso habe man ihm geraten, weniger in den Rückspiegel zu schauen, dann gehe es noch flotter vorwärts. Allein, die GT3-Bomber, die da mit ihm im Feld unterwegs sind und doppelt so viele PS wie sein «Oldie» unter der Haube haben, machen schon Eindruck. «Da willst du nicht im Weg stehen.»
Abfliegen muss nicht sein
Am absoluten Limit bewegt sich der Älteste im Feld des Schweizer-Porsche-Cups – und wohl auch europaweit – nicht mehr. «Nein, abfliegen muss nicht wirklich sein. Da bin ich lieber etwas langsamer und ziehe den Schwanz ein.» Einmal, in Monza sei es gewesen, habe er sich kurz vor einer Kurve noch einen GT3 geschnappt. «Das war allerdings etwas zu optimistisch und so bin ich im Kiesbett gelandet.» Das sei richtig peinlich gewesen. «Ich habe mich fast nicht getraut auszusteigen», lacht der ehemalige NLA-Handballer in Reihen des RTV Basel. Handball habe ihm übrigens schnell den Weg zum Schweizer Pass geebnet. «Und natürlich auch der Umstand, dass ich mit einer Baslerin verheiratet war.» Einer Frau, die ihm jetzt sehr fehlt …
Auch fit für lange Strecken
Mit seinem manuell geschalteten 6-Gang-Rennauto mit Schalensitz und ohne jeglichen Komfort ist Heinz Podak hie und da auch im Alltag unterwegs. Freilich benutze er heute im Normalfall lieber seinen Smart. «Auch wenn die alten geräumiger waren als die neuen.» Verblüffend: Der «Vollgas-Rentner» ist nicht nur auf der Rennstrecke fix unterwegs, er fährt immer auch allein zu den Rennen. Letzthin habe man ihm vom Widberg-Team einen Beifahrer mitgeben wollen, als es spätabends noch von Spielberg 800 Kilometer Richtung Heimat gegangen sei. Aber nix da – Podak ist die ganze Strecke nach dem Renntag allein gefahren. Gemäss Bundesamt für Statistik fährt der durchschnittliche Ü-80-Automobilist noch rund 13 Kilometer pro Tag. Darüber kann der Teilnehmer der Rallye des Alpes nur lachen.
Kollegialität ist ihm sehr wichtig
Nachdem er sich in den letzten Jahren intensiv um seine Frau gekümmert und sie rund um die Uhr gepflegt hat, ist nun nach deren Tod wieder viel Zeit da. Zeit, die für den Witwer nicht immer nur einfach auszufüllen ist. «Ich muss mich schon in den Hintern kneifen, damit ich in die Gänge komme», sagt er. Der grosse Garten zu Hause sei auch nicht mehr die ganz grosse Motivation und viele seiner Kollegen von früher «sind nicht mehr da». Die Renn-Weekends sind darum auch in sozialer Hinsicht eine wichtige Geschichte für den 86-jährigen Porsche-Cup-Piloten. «Ich kenne natürlich viele Fahrer und bin gern mit ihnen zusammen», sagt Podak. Und seit es an den Porsche-Suisse-Cup-Events jeweils ein «so gutes Catering» gebe, treffe man sich zwischen den Rennen und Trainings auch öfter als früher, als «alle in ihren Hotels verschwunden sind». Nun, wenn es darum geht, Geschichten aus dem Leben zu erzählen, kann dem Ältesten im Feld mit Sicherheit keiner auch nur annähernd das Wasser reichen. Da kommt bei Heinz Podak so viel Spannendes, Lustiges, Interessantes, aber auch Tragisches zusammen, dass es problemlos für ein Buch reichen würde…