ORDNUNGSWIDRIGKEITEN (FAST) OHNE GRENZEN

Auch wenn es nur um den kleinsten Verkehrsverstoss geht, können nachlässige oder vergessliche Verkehrsteilnehmer ernsthafte Schwierigkeiten bekommen, wenn sie Bussgelder nicht bezahlen.

Die Fahrt in den Urlaub ist die allerschönste, sie enthält aber ebenso viele Tücken wie Fahrten im Alltag. Am Strassenrand befinden sich genauso viele gros­se und kleine Hinweis- und Verbotsschilder. Von moralischen Aspekten mal ganz abgesehen, ist es zumindest in Europa keine sonderlich gute Idee, sich nicht an die Schilder zu halten, weil man denkt, dass man als ausländischer Tourist geschützt ist. Auf der Fahrt in den Urlaub ist man kurz abgelenkt und schon wird früh morgens auf der wenig befahrenen Autobahn geblitzt. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Früher oder später wird man aber für eine Geschwindigkeitsüberschreitung, Fahren unter Alkoholeinfluss oder für ein dummes «Knöllchen» wegen Missachten eines Parkverbots ins Portemonnaie greifen müssen.

Die Frage stellt sich nicht, wenn der Polizist, der das Strafmandat ausgestellt hat, vor Ihnen steht und die Hand aufhält, um gleich den Betrag abzukassieren. Die Angelegenheit ist schnell erledigt. Das gilt auch für Fahrten mit einem Mietwagen, da der Kunde bei der Autovermietung die Nummer seiner Kreditkarte angeben muss.

Man kann es aber nicht oft genug sagen: Das böse Erwachen folgt bei der Rückkehr in sein Heimatland, wenn man denkt, dass man einer Bestrafung entwischt ist oder diese ignorieren will. Es kommt aber noch schlimmer: Bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen im Ausland können in Zukunft Schweizer Verwaltungsbehörden den Führerschein entziehen, was vor einigen Jahren nicht möglich war, da es keine ausreichende gesetzliche Grundlage gab.

Von der Theorie zur Praxis

Aufgrund des internationalen Rechts müssen Schweizer Behörden bei Anfragen einer ausländischen Polizeibehörde Namen und Adresse eines Fahrzeughalters bekannt geben. Bisher war das keine Selbstverständlichkeit. Aufgrund von Sondervereinbarungen wurde der Grundsatz, dass Personen bei Rückkehr in ihr Heimatland strafrechtlich nicht verfolgt werden können, aufgehoben. Jetzt können ausländische Behörden Verkehrsteilnehmer, die einen Verstoss begangen haben, direkt kontaktieren. Bei schwerwiegenden Verstös­sen oder bei Problemen mit der Feststellung von Personalien schreitet die Kantonspolizei ein und klingelt schon mal selbst an Ihrer Haustür.

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) empfiehlt zwar, die geforderten Beträge zu begleichen, merkt jedoch an, dass Bussgelder für Verkehrsverstösse nur von der Schweiz vollstreckt werden können, wenn die Schweiz ein besonderes Abkommen mit dem betreffenden Land abgeschlossen hat. Zurzeit gibt es nur ein Abkommen mit Frankreich. Konkret gilt dies bei Bussgeldern gegen eine «natürliche Person, die laut Gesetz des Landes, das die Massnahme durchführt, strafrechtlich verantwortlich wäre». Sollte die Geldbusse nicht bezahlt werden, können zusätzlich hohe Verwaltungsgebühren erhoben werden. Das gilt ebenso für Franzosen, die aufgrund von Verkehrsverstössen Bussgelder in der Schweiz entrichten müssen.

Mit Deutschland ist es ein wenig anders. «Theoretisch unterstützen sich Deutschland und die Schweiz bei der Vollstreckung von rechtskräftigen Entscheidungen über Bussgelder», erklärt die Fedpol. «Im Moment ist dies allerdings nicht der Fall, da Kapitel VI des deutsch-schweizerischen Polizeivertrags nicht umgesetzt wurde.» Auch mit Italien gibt es in diesem Bereich derzeit keine engere Zusammenarbeit. Mehrere italienische Städte beauftragen Inkassobüros mit der Einziehung offener Geldstrafen per Kreditkarte. Dabei können sehr hohe Mahngebühren entstehen.

Wenn man die festgesetzten Bussgelder nicht bezahlt, können bei Rückkehr in das Land, in dem die offenen Forderungen bestehen, Probleme entstehen. Es dauert viele Jahre, bevor eine Meldung in den Fahndungssystemen gelöscht wird. In dem Fall reicht es schon, wenn man in eine Polizeikontrolle gerät oder ein neues Knöllchen bekommt. Dann besteht die Gefahr, dass man seine Schulden sofort vor Ort begleichen muss. Im Extremfall kann das Fahrzeug beschlagnahmt werden.

Strafen für Raser

Häufige Geldstrafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der Autobahn  in verschiedenen europäischen Ländern:

Land

Bussgeld

Geschwindigkeitsüberschreitung

Frankreich

45 €

bis 45 km/h

Italien

159–639 €

10–40 km/h

Deutschland

30 €

16–20 km/h

Belgien

50 € + 5 € pro km/h

11–30 km /h

Niederlande

118–166 €

16–20 km/h

Schweiz

180 CHF

16–20 km/h

Keine doppelte Bestrafung

Bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen werden auch die damit verbundenen Probleme grösser. Im letzten Jahr hat das Bundesgericht den Einspruch eines Fahrers aus der Westschweiz, der wegen einer Überschreitung um 83 km/h auf einem Teilstück mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 110 km/h geblitzt wurde, zurückgewiesen. Die französische Polizei verhängte eine Geldbusse in Höhe von 1500 Euro und ein fünfmonatiges Fahrverbot auf der anderen Juraseite. Der Gerichtshof berief sich auf das aktualisierte SVG, das zukünftig eine fehlende gesetzliche Grundlage ausgleicht und in der Schweiz hart durchgreifen wird.

Artikel 16 dieses Gesetzes sieht heute vor, dass «der Führerschein auf Probe oder der Führerschein nach einem Verstoss im Ausland entzogen werden kann, wenn im Ausland ein Fahrverbot für einen mittelschweren oder schweren Verstoss verhängt wurde». Das Fahrverbot im Ausland wird bei der Dauer des Führerscheinentzugs eingerechnet. Gegebenenfalls wird die Dauer reduziert. Damit kann man für einen Fehler nicht zweimal bestraft werden. In dem oben genannten Fall wurde der Führerschein letztendlich für drei Monate entzogen, obwohl es sich laut Schweizer Recht um einen schweren Verstoss handelt.

Man sollte sich im Ausland wirklich nichts zu Schulden kommen lassen und dann auch noch die Geldbusse ignorieren. Das ist einfach vorbei – na ja, so gut wie vorbei …

Marc Audar

1 Kommentar

  1. Wie verhält es sich mit dem Fahrverbot bei bestehender Administrativmaßnahme in der Schweiz und ist mit weiteren Geldbussen zu rechnen?

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