«Die Antwort ist Ja», sagt Sergio Marchionne auf die Frage, ob die Formel E in den Reihen Ferraris diskutiert wird. «Ich zermartere mir mit meinen Kollegen bei Ferrari schon lange den Kopf über diese Frage.» Zwei Antworten kann der Italiener nach heutigem Stand der Dinge auf die Frage Formel E geben: Das erste No-Go ist für Ferrari der aktuell obligatorische Fahrzeugwechsel zur Rennmitte: Wenn die Formel E ihre Autos während des Rennens tauschen muss, weil die verfügbare Energie aufgebraucht ist, dann ist das natürlich nichts, was Ferrari besonders sexy findet, hält Marchionne fest. Schon andere Hersteller hatten moniert, dass die Reichweitenproblematik sende ein falsches Signal für Elektroautos aussende.
Nicht mehr lange
In ihrer fünften Saison (2018/2019) wird die Formel E indes eine neue Einheitsbatterie erhalten. Unter der Projektleitung von McLaren Applied Technologies wird bis dahin ein 54 kWh starker Akku entwickelt, mit dem die Teams das gesamte Rennen durchfahren sollen. Auch für den Hersteller Mercedes, der sich eine Option auf Saison fünf gesichert hat, sowie BMW war der Wegfall des Autowechsels von vornherein Voraussetzung für einen Werkseinstieg. Marchionne stört sich noch an einer weiteren Eigenschaft der Formel E: «Zweitens geht die Einheitlichkeit der Elektroautos Ferrari gegen den Strich, weil sie verhindert, dass man irgendwelche technischen Veränderungen am Auto vornehmen kann.» Aktuell und auch auf absehbare Zeit fährt die Formel E mit einem Einheitschassis von Spark. Die technologische Entwicklung soll sich auf die für die Elektromobilität relevanten Bereiche (Antriebsstrang) beschränken, um die Kosten nicht explodieren zu lassen.
Wettbewerb ist wichtiger
Nach heutigem Stand scheint es unwahrscheinlich, dass sich die Formel E von diesem Grundsatz verabschieden könnte. Serienboss Alejandro Agag hat mehrfach die Unsinnigkeit einer offenen Aerodynamikentwicklung betont. Schliesslich sei sie nicht übertragbar auf den Strassenverkehr, unnötig teuer und vergrössere die Abstände zwischen den einzelnen Teams. Die Rennen würden voraussichtlich einseitiger wie in der Formel 1, woran niemand Interesse haben dürfte. Möglicherweise könnte sich Marchionne damit abfinden, nur die Antriebs- und später vielleicht auch die Batterietechnologie zu entwickeln. Trotzdem sei Ferrari noch nicht reif für einen Formel-E-Einstieg: «Wenn es dazu kommt, dann erst in ein paar Jahren. Es wäre möglich, dass Ferrari nach einiger Reifezeit spezielle Fähigkeiten (auf diesem Gebiet) entwickelt, mit denen wir einen einzigartigen Ferrari für diese Umgebung bauen könnten. Aber ich weiss, dass wir heute noch nicht so weit sind.»
Mit Hybridantrieb
So überraschend die Formel-E-Gedankenspiele bei Ferrari auch kommen – das Thema Elektromobilität ist in Maranello (I) nichts Neues. Erst kürzlich hatte Marchionne verraten, dass Ferrari sämtliche Modelle ab 2019 mit Hybridantrieben anbieten will. Die Italiener möchten mit der zusätzlichen Elektropower sowohl Performance als auch Effizienz steigern und ab 2025 mehr als 10 000 Autos pro Jahr verkaufen. Traditionsmarke hin oder her – die Elektrifizierung macht auch vor Ferrari nicht Halt.