UUUND… STOPP!

Gibt der Unfall eines Smart-Shuttles in Sitten VS dem Pilotversuch den Rest oder neuen Auftrieb?

Selbst für spielende Kinder sollen die autonomen Postautos keine Gefahr darstellen. © PostAuto

Der am 23. Juni dieses Jahres in der Innenstadt von Sitten VS gestartete Pilotversuch mit autonom fahrenden Postautos (s. AR 27/2016, S. 3) hat letzten Mittwochabend mit einem durch eines dieser Fahrzeuge verursachten Unfall ein vorläufiges Ende gefunden.
Um 17.40 Uhr hat ein chauffeurloser Shuttle im Zentrum des Walliser Haupt­ortes die offen stehende Heckklappe eines abgestellten Lieferwagens touchiert. Dabei ging ein Fensterglas auf der linken Seite des Postauto-Minibusses zu Bruch, und die Heckklappe des Lieferwagens wurde leicht beschädigt. Die drei sich im Shuttle befindenden Passagiere wurden nicht verletzt.
Laut Mitteilung befand sich der Smart-Shuttle zum Unfallzeitpunkt im autonomen Modus und wurde, wie es in der Bewilligung zum Pilotversuch vorgeschrieben ist, stets von einer instruierenden Begleitperson überwacht. Ein Selbstfahr-Shuttle fährt mit maximal 20 km/h und kann bis zu 11 Personen transportieren.

Versuch vorübergehend eingestellt
Als Konsequenz aus diesem Unfall hat Postauto Schweiz den Testbetrieb der autonomen Smart-Shuttles vorübergehend eingestellt, bis die Ursachen geklärt und allfällig notwendige Massnahmen umgesetzt worden sind. Ursprünglich geplant war eine Versuchsphase bis Oktober 2017 auf der rund 1.5 km messenden Rundstrecke durch die Sittener Innenstadt.
Der leicht beschädigte Shuttle wurde in die Garage gebracht und die Projektverantwortlichen sowie die Fahrzeuglieferanten seien zurzeit intensiv daran, die Gründe für den Vorfall zu analysieren.

Noch zu früh für autonomes Fahren?
Dieser gottseidank glimpflich abgelaufene Unfall eines (weiteren) autonom agierenden Fahrzeugs wirft (weitere) Fragen auf und reiht sich in Vorkommnisse ein wie den tödlichen Crash eines unter Autopilot operierenden Tesla Model S am 7. Mai in Williston FL (USA) oder den bisher gravierendsten Unfall eines autonom fahrenden Google-Lexus-SUV in Moutain View CA (USA), wobei glücklicherweise aber keine Person zu Schaden kam.
Beim Tesla-Unfall ist inzwischen klar, dass die Kamera, welche das autonome Fahren grösstenteils alleine steuerte, in einer Gegenlichtsituation einen hell lackierten, quer auf der Fahrbahn stehenden Lastwagen für Himmel gehalten hatte und der Tesla deshalb mit vollem Tempo in das Hindernis geprallt war. Als Konsequenz wird der Autopilot künftig weitere Sensoren wie Radar und Ultraschall in die Steuerung mit einbeziehen, sodass solche fatalen Fehlinterpretationen künftig nicht mehr auftreten sollten.
Beim Google-Car-Unfall lag der Fehler indes gar nicht beim Computer-Auto, sondern bei einem anderen Verkehrsteilnehmer, welcher über ein Rotlicht gefahren und so den an sich korrekt agierenden Google-Wagen gerammt hatte.
Solche Unfälle ereignen sich weltweit tagtäglich zu Abertausenden zwischen Fahrzeugen mit menschlichen Fahrern. Die sich rasch entwickelnde Technologie des autonomen Fahrens hat u. a. zum Ziel, genau diese Ereignisse zu minimieren.

Heikle Zwischenperiode
Wir haben vor Kurzem eine heikle Zwischenperiode betreten — welche übrigens noch viele weitere Jahre andauern wird —, in welcher rein manuell, sprich durch lenkende und (hoffentlich) denkende Menschen pilotierte Autos zwischen teilautonomen und bald einmal voll automatisierten Fahrzeugen die Strassen bevölkern werden.
Ähnlich wie vor gut 100 Jahren, als sich erste Benzinkutschen zwischen verdutzten Fussgängern, scheuenden Fuhrwerkpferden, schlingernden Drahteselreitern und schnaubenden Dampftrams ihren Weg bahnten, stehen wir jetzt auch am Vorabend einer Mobilitätsrevolution. Diese wird von uns allen eine gewisse Flexibilität, Grosszügigkeit und den Willen abfordern, diese Transition positiv zu begleiten und nicht bei jedem Unfall eines Computer-Mobils gleich Zetermordio zu schreien und die Weiterentwicklung dieser Technologie zum Teufel zu wünschen.
Solange 94 % aller Unfälle nachweislich auf menschliches Versagen zurückzuführen sind, ist jegliche (statistische) Verbesserung dieser Unfallbilanz — mit welchen Mitteln auch immer — ein Fortschritt. Leider gibt es keinen (wirklichen) Fortschritt ohne gewisse Zugeständnisse und allenfalls sogar Opfer unsererseits.
Dass es mit der Autonomisierung der Mobilität aber nicht allein zur Unfallreduzierung in eine positive Richtung geht, ist unbestritten. Untereinander und mit ihrer Infrastruktur vernetzte Autos könnten z. B. die Kapazität unseres überlasteten Stras­sennetzes auf einen Schlag um Faktoren erhöhen und enorme Mengen an Ressourcen schonen!

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