Ein bisschen ging es an der Spitze der Gesamtwertung am Bergrennen in Oberhallau zu und her wie bei einem Bobrennen – hauchdünn waren die Ab-stände. Im ersten Lauf jagte der Oberdiessbacher Marcel Steiner bei einem Höhenunterschied von 157 Metern um winzige 0,08 Sekunden schneller auf den Kamm des Oberhallauerbergs bei 586 m ü. M hinauf als sein einziger Widersacher im Kampf um den Sieg, Eric Berguerand. Die beiden blieben als einzige der rund 220 Teilnehmer unter 72 Sekunden. Die Entscheidung fiel dann im zweiten Lauf, in dem Berguerand mit 1:11,57 die Tagesbestzeit fuhr und sich damit auch den Tagessieg sicherte. «Ich habe in Oberhallau für Michelin Reifen getestet, die eigentlich für die Rundstrecke entwickelt wurden», sagt der Waliser. Seine Aufgabe sei es, ein Feedback abzugeben, wie sich die Reifen am Berg verhalten würden. Ja nach dem würde Michelin dann einen spezifizierten Pneu entwickeln. Mit seinen «normalen» Reifen, so Berguerand, «wäre ich zwei Sekunden schneller gewesen.» So indes hätte er am Steuer richtig Vollgas geben müssen, um Steiner zu schlagen.
Sieg ist eine Art Bonus
Steiner kam im zweiten (1:12,32) und dritten Lauf (1:12,14) nicht mehr unter 1:12 und musste sich letztlich um 0,49 Sekunden geschlagen geben. Berguerand: «Unser Zweikampf war spannend fürs Publikum.» Der Sieg, so der 37-Jährige, sei für ihn ein «schöner» Bonus. «Hauptjob in dem Fall war für mich aber Reifentest.» Am Gurnigel werde er wieder mit seinen «alten» Avon-Reifen über den Beton rasen. Auf Rang drei kam der Aargauer Simon Hugentobler, der sich in seinem Reynard sukzessive steigerte und sich so dem Top-Duo zusehends näherte. Mit 1:12,99 im dritten Lauf knackte Hugentobler die 1:13er-Marke, die er im ersten Lauf noch knapp (1:13,32) überschritten hatte. Auf Rang vier landete der Berner Oberländer Christian Balmer, der mit einem leistungsstärkeren Motor (330 statt 250 PS) unterwegs war. Mit einem weiteren Sieg am Gurnigel (11. September) kann sich Eric Berguerand vorzeitig den vierten Berg-Meistertitel in Folge sichern.
Weitere Sternsekunden
Bei den Tourenwagen war der Aargauer Garagier aus Leuggern, Reto Meisel, in Lauf zwei mit der sechstbesten Zeit von 1:16,32 schneller als alle bis dahin «ge-pflanzten» Tourenwagen-Rekorde und
sicherte sich damit den Sieg. Als es Meisel im dritten Lauf noch besser machen wollte, um eventuell gar die 1:16-er Marke zu unterbieten, ende die Reise temporär in der Botanik. Der Mercedes SLK 340 nahm derlei reparablen Schaden. Bis zum Bergrennen am Gurnigel sollte also alles wieder okay sein.
Motor arg mitgenommen
Letzteres wird für Ronnie Bratschi nicht möglich sein. «Nein, ich denke nicht, dass wir das hinkriegen», sagt der Urner, der je nach Wetter und Strecke der Mann ist, der Meisel trotz viel schwererem Auto fordern und schlagen kann. Im Jura fehlte zuletzt ein Wimpernschlag. Es geschah indes just im zweiten Lauf von St. Ursanne nach Les Rangiers als Bratschis Mitsubishi-«Bomber» nicht mehr so wollte wie sein Fahrer und unter anderem begann, Flüssigkeiten von sich zu spritzen. Vor dem Rennen in Oberhallau gab der Seedorfer derlei sein Auto noch in Lyss bei Eggenberger Motorenbau zur Inspektion. Fazit: Ohne neue Teile, die erst hergestellt, geliefert und eingebaut sein wollen, geht nix mehr … «Man kann wohl sagen, dass die Saison für mich vorbei ist», so Bratschi. Grund zu Feuerwehrübungen besteht nicht.
Titel verteidigt
Das grosse Saisonziel hat der Urner in seinem bären- und lautstarken Mitsubishi bereits erreicht. Nach dem Sieg in Osnabrück war dem 29-Jährigen der Titel im FIA-Bergcup der E1-Tourenwagen und damit die erfolgreiche Titelverteidigung praktisch sicher. Um allerdings richtig sicher zu gehen und auch, um etwas Ferien zu machen, reiste der schnelle Innerschweizer trotzdem noch nach Lucine in Slowenien. Dort stellte sich allerdings keiner seiner direkten Rivalen um den Titel dem Wettkampf, womit Bratschi den Pokal als FIA Hill-Climb-Europameister quasi «gratis» verteidigen konnte.
«Es gibt einfach zu viele Meisterschaften, die sich gegenseitig Konkurrenten wegnehmen», sagt der nunmehr Doppel-Europameister. Eine einzige, europäische Bergmeisterschaft wäre für ihn darum wünschenswert. «Der Ball liegt bei der FIA.» Eine Herausforderung für Bratschi könnte unter den herrschenden Umständen darum die Deutsche Bergmeisterschaft sein. Die Schweizer Bergmeisterschaft für Tourenwagen muss er dagegen für dieses Jahr abschreiben.