Mit fünf Schweizer-Meister-Titeln, seit 2013 viermal in Folge, hat sich Eric Berguerand zum unbestrittenen Dominator der einheimischen Bergrennen entwickelt. Er setzt unbeirrt auf seinen Formel 3000, einen schwarz-grünen Lola FA99, selbst nachdem ihm die hartnäckigen Gegner wie Marcel Steiner oder Joël Volluz mit ihren moderneren Osella FA30 das Leben schwer gemacht haben.
Aber der Saisonbeginn 2017 sieht für den Walliser nicht vielversprechend aus. Er musste sich in Hemberg SG und in Anzère VS vom stark auftretenden Marcel Steiner im neuen LobArt mit Mugen-Motor geschlagen geben und weist in der Meisterschaft bereits 7.5 Punkte Rückstand auf. Und zum nächsten internationalen Bergrennen St. Ursanne–Les Rangiers JU tritt Berguerand dieses Wochenende gar nicht an. «Ich werde in Italien am Strand liegen. Das sind jedes Jahr unsere Familienferien», erklärt er.
Vor zehn Jahren erlitt der Meister einen schweren Unfall, an dem er kein Verschulden hatte. Sein Auto hatte ihn auf dem anspruchsvollen Kurs im Jura im Stich gelassen und flog bei mehr als 200 km/h ab. Seither tritt er zur Schonung seines Budgets dort nicht mehr an. «Ich habe einmal gezahlt, das genügt. Es ist sehr aufwendig. Man muss nach vorne schauen, es gibt noch andere Rennen. Ich fahre die Meisterschaft zu Ende, auch wenn ich meine, dass der Titel für dieses Jahr ausser Reichweite ist.»
Neben der Schweizer Meisterschaft macht sich Eric Berguerand regelmässig die Freude und fährt an Bergrennen im Ausland, vor allem auf Strecken in Frankreich, Deutschland und Österreich. Am vergangenen Wochenende kam er übrigens im niedersächsischen Osnabrück auf einen vierten Rang. «Im Grossen und Ganzen bin ich zufrieden. Aber ich habe meinen Rhythmus nicht gefunden. Ich habe nicht so viele Kilometer absolvieren können wie die meisten europäischen Fahrer», gesteht der Walliser.
«Das Rennfahren ist nicht mehr so wie noch vor wenigen Jahren. Das Niveau ist in Europa nach oben geschossen. Manche Fahrer sind fast Profis. Heute ist es schwierig, an internationalen Bergrennen ein gutes Resultat herauszufahren, vor allem gegen Leute wie Simone Faggioli oder Christian Merli, die immer die neuesten Tuningteile in ihren Autos haben. Aber ich will nicht motzen! Es muss weiter Spass machen. Und jeden Montag heisst es, zurück an die Arbeit», meint er weiter.
Profitiert Steiner?
Neben einer neuen Auflage des italienischen Duells zwischen Simone Faggioli und Christian Merli verdienen auch Deutschschweizer Fahrer unsere Aufmerksamkeit in St. Ursanne JU.
Sieben Siege … und wieso nicht acht? Eine Frage, die sich Faggioli (Norma M20) stellen kann. Er ist der Tabellenführer in der Europameisterschaft für Rennwagen, punktegleich mit seinem «ewigen» Rivalen Merli (Osella FA30). Der Kampf zwischen den Dominatoren macht das Wochenende in Les Rangiers JU für diese 74. Ausführung mit 245 gemeldeten Fahrern umso faszinierender, als die 5.180 km lange Strecke eine Renovierung durchgemacht hat: Zwei Kilometer ab Les Grippons Richtung Malrang wurden neu asphaltiert. Ob das wohl zum Streckenrekord führen wird?
Auf der Nebenbühne dieses Gipfels haben auch die Schweizer Fahrer ein Wort mitzureden, allen voran Marcel Steiner und Simon Hugentobler. Der zweifache Saisonsieger Steiner kann von der Abwesenheit Eric Berguerands profitieren und den Vorsprung an der Spitze der Schweizer Berg-Meisterschaft ausbauen. Hugentobler kann den Rückstand auf den zweitplatzierten Berguerand verkürzen, muss aber Markus Bosshard schlagen, den zweiten Deutschschweizer am Lenkrad eines Formel 3000. In der 2-L-Klasse zeichnet sich ein Rennen zwischen den Einheimischen und den Europäern ab, mit vielleicht den besten Aussichten für Billy Ritchen (Dallara F311).
Bei den geschlossenen Autos brauchen sich die Schweizer nicht vor der europäischen Konkurrenz zu verstecken. Der Tabellenführer in der Schweizer Meisterschaft bei den Produktionswagen, Frédéric Neff (Porsche 996 GT3), wird versuchen, seine Position in der InterSwiss zu festigen, während Roger Schnellmann (Mitsubishi Lancer Evolution J-Spec) das Gleiche in der Gruppe E1 versucht. Ihn trennen 6.5 Punkte vom Jurassier. Aber aufgepasst: Reto Meisel im Mercedes SLK 340 darf man nicht ausser Acht lassen, genauso wenig wie Nicolas Werver, mehrfacher Europameister aus Frankreich, der seinen mächtigen Porsche 911 GT2 zum Rennen mitbringt.
Zuerst die Familie
Eric Berguerand ist Ersatzteilverwalter und Tuning-Berater in der Familienfirma Freama in Martigny VS und bekräftigt seinen Amateurstatus. «Bei den Bergrennen sollte das Geld nicht dominieren. Die Leute in den Boxen können sonst nicht mehr mitmachen. In meinen Augen würde das dem Sport mehr schaden als nützen.»
Auch wenn sein Formel 3000 keinen übermässigen Aufwand verlangt – der Motor ist seit 2011 nicht revidiert worden und sollte noch für mehrere Jahre gut sein –, so versucht der Walliser Pilot doch, nicht sein ganzes Geld in den Rennsport zu stecken. «Ich bereite den Wagen selbst vor und ich will nichts übertreiben. Die Familie bleibt die Priorität. Unter dem Strich sind wir doch Durchschnittsbürger», meint der zweifache Familienvater und fährt fort: «Ich werde die Kinder bald mitbringen können!» Und wie steht es mit der Ehefrau? «Sie wäre sehr gern dabei. Aber der ältere Sohn ist erst zweijährig und der kleine Bruder ist erst sechs Monate alt. Vorerst vereinnahmen die Kinder ihre ganze Aufmerksamkeit.»