VON «SCHUMI» ENTDECKT, TRÄUMT ER VOM ROLLS-ROYCE

Pascal Wehrlein ginge bei DSDS als Publikumsliebling durch. Lieber aber gibt der 21-Jährige bei Manor in der Formel 1 Gas.

Zuletzt in Bahrain war Pascal Wehrlein im Manor auf den Geraden schnell wie eine «Rakete». Deswegen kann er dem GP in China am Wochenende zuversichtlich entgegensehen. © MSDP
Zuletzt in Bahrain war Pascal Wehrlein im Manor auf den Geraden schnell wie eine «Rakete». Deswegen kann er dem GP in China am Wochenende zuversichtlich entgegensehen. © MSDP

Rekorde sind für Pascal Wehrlein in der Formel 1 kein Thema. Im Deutschen Tourenwagen Masters dagegen sammelte er während dreier Jahre eine Bestmarke nach der anderen und verabschiedete sich als jüngster DTM-Champion der Geschichte auf diese Saison hin Richtung Königsklasse. Als Stammpilot beim Privatteam Manor fehlt ihm freilich da das Material für Bestzeiten und Siege. Oder doch nicht …? Für manche ist die 13 keine Glückszahl. Für Rookie Wehrlein scheint sie sich langsam als solche zu entpuppen. Bereits beim Saisonauftakt in Melbourne (AUS)hatte der 21-Jährige über den 13. Platz gejubelt – damals freilich nur temporär. Zuletzt bei Rennen 2 in Bahrain dagegen brachte der Manor-Pilot Rang 13 ins Ziel, was seinem Team zwar null WM-Punkte bescherte, trotzdem aber für grinsende Mienen sorgte. Und nicht nur das: In Sachir fuhr der gelernte Feinmechaniker sogar die sechstschnellste Rennrunde. «Das Setup war viel besser und ich habe mich im Auto viel wohler gefühlt», sagte er. Die Performance hat sich folglich auch verbessert: «Ich war selbst überrascht von unserem Speed», so Wehrlein gegenüber «Sky». Als der Däne Kevin Magnussen im Renault hinter dem Deutschen festhing, bemerkte dieser über Funk: «Keine Chance, dass ich den Manor überholen kann. Der ist auf der Geraden schnell wie eine Rakete.» Tja, wenn es so flutscht, macht es selbstverständlich auch Spass, hinter dem Lenkrad zu hocken. «Ja, dann kriegt man richtig Laune, Gas zu geben und zu überholen», sagte Wehrlein. Er sei so im Flug gewesen, dass er immer weiter nach vorne wollte. Sauber-Rivale Marcus Ericsson konnte er dann indes nicht mehr hinter sich deponieren, selbst wenn der Zweikampf richtig eng war. «Den einen Sauber hätte ich gerne noch überholt, aber am Ende waren meine Hinterreifen total fertig.»

Punkte im Raum

Die beiden ersten Rennen haben deutlich gezeigt, dass dieser junge Deutsche – mit der nötigen Unterstützung von Motoren-Lieferant und Mentor Mercedes – schon bald die ersten WM-Punkte einfahren wird. Es würde beileibe nicht erstaunen, wenn dies bereits am Wochenende in China der Fall sein sollte. Als ehemaliger Test- und Ersatzfahrer für Mercedes kennt der Hobbyfussballer, dessen Mutter aus Mauritius stammt, die Abläufe auf den Grand-Prix-Strecken dieser Welt schon recht gut. Von daher droht ihm in seiner Debüt-Saison im Haifischbecken F1 kein allzu substanzieller Energieverlust. Für die Schwaben und Force India hat er schon zahlreiche Runden gedreht und sass sich im Simulator zudem schon während zig Stunden den Allerwertesten platt. Wehrleins Familie auf Mauritius, also dessen Grossmutter, Onkel, Tanten und Cousinen, verfolgen die Karriere ihres berühmtesten «Sprosses» immer intensiv mit. In den TV-Nachrichten auf dem Inselstaat im Südwesten des Indischen Ozeans, zirka 870 Kilometer östlich von Madagaskar gelegen, sind seine Rennen regelmässig Thema. Rennsport boomt in Wehrleins Heimat mütterlicherseits. «Auf jeden Fall.» Schon im Januar 2015, als er dort war, habe es viele Anfragen gegeben. Als er dann DTM-Champion wurde und nun nach dem Aufstieg in die Formel 1 natürlich noch einmal mehr. «Das ist richtig verrückt.»

Der kleine Prinz

«Er ist unser kleiner Prinz», sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff über Pascal Wehrlein vor noch nicht allzu langer Zeit. Diese Darstellung habe freilich nichts mit den PR-Interessen zu tun, wie der Österreicher gegenüber «Formula1.com» betont. Nun, Wehrlein hat eine charakteristische Persönlichkeit, die facettenreich zum Ausdruck kommt. Das war schon in seinen früheren Jahren in der Formel 3 und in der DTM so. So sei er, der er schon seit vielen Jahren von Mercedes unterstützt wird, einfach. Ohne dass ihm das jemand aufgetragen hätte. Neben Toto Wolff (44) war Rekord-Weltmeister Michael Schumacher einer der wichtigsten Förderer des angehenden, potenziellen Formel-1-Superstars. «Schumi» holte Wehrlein 2009 in sein Kart-Team «KSM Racing». Wehrlein: «Ich fuhr 2009 für KSM und 2008 war Michael Schumacher genau an dem Tag der Sichtung da, an dem entschieden wurde, wer in die ADAC-Stiftung Sport kommt. Die Auswahl traf er. Ich war einer von zweien, die da genommen wurden. Insofern ist er der Wegbereiter meiner Karriere.» Wie war das nochmal mit dem «zur rechten Zeit am rechten Ort» …? Klar, dass Wehrlein in höchstem Mass bewundert, was Schumi alles geleistet hat. Wenn da in seinem Fall nur annähernd die Hälfte zusammenkommt, wäre das schon eine Riesenmenge, die seinesgleichen suchte. Was den Fahrstil betrifft, sieht der «Shooting-Star» eher Parallelen zwischen sich und Lewis Hamilton. «Ich fahre auch eher aggressiv, aber nicht unüberlegt. Kein Harakiri.» Der Engländer und amtierende F1-Champion sei keiner, der rundenlang hinter einem langsameren Vordermann hergurke. «Das mag ich», sagte Wehrlein einmal vis-à-vis von «spox.com».

Hip-Hop und Rap sind in

Sein derzeit motorsportlich höchstdekorierter Landsmann Sebastian Vettel seinerseits outete sich durchaus als Wehrlein-Fan. «Es macht Spass, ihm zuzuschauen. Er gibt richtig Gas und macht sich nicht heftig Sorgen und Gedanken. Er macht sein Ding und ist erfrischend», lobt der viermalige Weltmeister seinen vielleicht Nachfolger aus Sigmaringen (D).

Musik spielt für viele Sportler eine wichtige Rolle. So auch bei Wehrlein. Vor dem Start noch mal die Lieblingsmusik hören, kann den Fokus mächtig pimpen. Bei Wehrlein dröhnt Rap und Hip-Hop aus dem Kopfhörer. «Das ist meine Musik. Dabei kann ich mich entspannen», sagt er. Und was er auch gerne mag, ist die Castingshow «Deutschland sucht den Superstar». Zumindest jeweils die ersten Folgen. «Die finde ich immer lustig. Da sind schon komische Kandidaten dabei», erklärte er. Nun, bei seinem «Look» hätte er beste Chancen, in dieser Castingshow ganz weit vorne durchs Ziel zu schiessen. Weibliche Stimmen bekäme er «en masse».

Noch viel Potenzial

«Dieses Auto hat noch so viel Potenzial», schwärmt Pascal Wehrlein über sein aktuelles Arbeitsgerät. Am liebsten würde er darum schon morgen in China fahren. Lange braucht er sich nicht mehr zu gedulden. Renndirektor Dave Ryan findet: «Pascal hat in Bahrain ein Traumrennen gezeigt, aber wir sind uns auch bewusst, dass wir den Fuss erst auf der untersten Stufe der Leiter haben.» Immerhin: Es ist offenkundig, dass sich die Arbeit von Manor, wo der Schweizer Fabio Leimer letzte Saison noch als Nummer 3, sprich Entwicklungs- und Testfahrer unterwegs war, auszuzahlen beginnt. «Wir wachsen an unseren Aufgaben», so Ryan. Und am Support von Mercedes … Wenn es so weitergeht, kann Manor die rote Laterne auf jeden Fall bald abgeben und sie – wie es aussieht – an Sauber weiterreichen. In dem Sinn: Kein Spekulant, wer Geld darauf setzt, dass dieser Pascal Wehrlein, der privat gern einen Rolls-Royce fahren würde («Auf der öffentlichen Strasse kann man doch sowieso nicht richtig schnell fahren»), noch in dieser Saison WM-Punkte einfährt.


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