Die Vorlage über den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) hat im Ständerat die erste Hürde gemeistert. Im Hinblick auf die «Milchkuh-Initiative», die im Hintergrund lauert, haben die Mitglieder des Ständerats in der Debatte die Interessen der Strasse in ihre Überlegungen aufgenommen und die Schatullen dafür geöffnet. Dies wohl auch mit der Absicht, den Initianten des erwähnten Volksbegehrens den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Das zeigt sich etwa daran, dass die Vorlage des Bundesrats eine Erhöhung des Treibstoffpreises um 15 Rappen pro Liter vorsah. Mit diesem Betrag sollten sich die Autofahrer an der Finanzierung der absehbaren Deckungslücke beteiligen. Doch die Widerstände waren zu gross. Selbst die von der Landesregierung zurückgenommene Heraufsetzung auf 6 Rappen pro Liter war der Mehrheit des Ständerats noch zu hoch. So reduzierte er die Erhöhung auf nunmehr 4 Rappen pro Liter.
Verteilschlüssel ändern
Im Weiteren beschloss die kleine Kammer, den Anteil aus der Mineralölsteuer für den NAF in einem ersten Schritt von 50 auf 55 Prozent und in einem zweiten auf 60 Prozent zu erhöhen. Dies soll zwei Jahre nach Inkrafttreten des NAF geschehen. Die restlichen 45 bzw. 40 Prozent gelangen in die allgemeine Bundeskasse. Das entspricht insgesamt gegen 300 Mio. Franken pro Jahr. Hinzu kommen 60 Mio. Franken pro Jahr von den Kantonen.
Damit fliessen künftig die Erträge aus der Automobilsteuer von 400 Mio. Franken pro Jahr, die erwähnten 300 Mio. Franken aus der Mineralölsteuer, die genannten Kantonsbeiträge von 60 Mio. Franken, 260 Mio. Franken aus der Erhöhung der Mineralölsteuer um 4 Rappen pro Liter in die Strassenfinanzierung. Zudem sollen ab 2020 die Elektrofahrzeuge besteuert werden, was rund 90 Mio. Franken pro Jahr ergibt, die ebenso der Strasse zugutekommen. Die Ausfälle für den Bund müssten dann in anderen Bereichen kompensiert werden.
Wenig Begeisterung
Wenig begeistert zeigte sich Andreas Burgener, Direktor von auto-schweiz (Vereinigung Schweizer Automobil Importeure), von dem Ergebnis der ständerätlichen Beratung. Die Erhöhung der Mineralölsteuer um 4 Rappen pro Liter hält er für nichts anderes als für Salamitaktik und gibt sich überzeugt, dass die 4 Rappen nicht das letzte Wort sind. Mit weiteren Benzinpreiserhöhungen müsse der Autofahrer mit Bestimmtheit rechnen. Gerade deshalb sei ein Ja zur Initiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» unumgänglich.
TCS für Milchkuh-Initiative
Der TCS anerkennt in seiner Stellungnahme, dass der NAF auf gutem Weg ist. Trotzdem sei die von ihm seit langer Zeit geforderte faire Verteilung der Strassengelder und die Schaffung eines dem Bahnfonds ebenbürtigen Strassenfonds («Gleich lange Spiesse für Strasse und Schiene») damit aber noch nicht gesichert. Vor diesem Hintergrund unterstützt der Club weiterhin die Volksinitiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung». Die Einnahmen aus dem Strassenverkehr vermehrt in die Strasseninfrastruktur zu investieren, sei der richtige Ansatz, hält der TCS abschliessend fest. Verhalten positiv reagiert auch strasseschweiz, der Verband des Strassenverkehrs FRS, auf den ständerätlichen Entscheid. Mit dem Einbezug des Netzbeschlusses 2012 sowie dem Konzept für das Strategische Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrasse bestehe die Aussicht, dass der Planungs- und Investitionsstau bei der Engpassbeseitigung endlich behoben werden könne. Hingegen ist strasseschweiz mit der Finanzierungslösung nicht zufrieden und erwartet vom Nationalrat Detailkorrekturen. Vor allem sei auf eine weitere Steuer- und Abgabenerhöhung zu verzichten. Die notwendigen Mittel seien aus den bereits geleisteten Mineralölsteuern zu verwenden, heisst es in der Medienmitteilung.
Es wird interessant sein zu beobachten, wie der Nationalrat mit der NAF- Vorlage umgeht. Denn dann wird man ja das Ergebnis der Abstimmung über die «Milchkuh-Initiative» kennen.
ao