«Mehr aufs Volk hören, weniger auf die Massenmedien»

Der Nationalrat tritt zum Ende der Legislatur ab. Im Interview zieht der ­Verkehrspolitiker, der mehrere Volksabstimmungen gewann, Bilanz. Und wagt einen Blick in die Zukunft.

Während 20 Jahren war Walter Wobmann im Parlament, zum Ende der aktuellen Legislatur tritt er ab. Der SVP-Politiker setzte sich unter anderem für die Strassenfinanzierung ein und bekämpfte die Preiserhöhung bei der Autobahnvignette.

AUTOMOBIL REVUE: Herr Wobmann, Sie treten zum Ende dieser Legislatur ab. Machen wir den Versuch einer kleinen Bilanz. Was hat Sie in all den Jahren im Parlament am meisten überrascht?

Walter Wobmann: Innerhalb der 20 Jahre im Nationalrat hat sich schon einiges verändert. Der zeitliche Aufwand hat stark zugenommen. Vor allem, wenn man noch einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, so wie ich es gemacht habe, kann es schon schwierig werden.

Welche Veränderungen des politischen Klimas nehmen Sie wahr?

Es hat heute mehr Leute ohne Berufserfahrung und mit kaum Lebenserfahrung im Parlament. Mit solchen Leuten zu diskutieren, ist schwierig, entsprechend müssen dann teilweise absurde Vorstösse bekämpft werden.

Sie haben mehrere Volksinitiativen ergriffen und jede davon gewonnen. Welcher Erfolg hat Sie am meisten gefreut? 

Jeder Abstimmungserfolg ist natürlich enorm schön. Er zeigt auch, dass man den Nerv der Bevölkerung getroffen und sich der Aufwand auch gelohnt hat.

Wie gewinnt man das Volk, wie lautet Ihr Erfolgsrezept?

Man muss von der Sache total überzeugt sein und authentisch auftreten, im Abstimmungskampf klare und verständliche Argumente benützen und die Sprache der Leute reden. Zudem braucht es enorm viel Zeit.

Die Classe politique scheint sich immer mehr von den Bürgern zu entfernen. Ein staatspolitischer Skandal in diesem Zusammenhang ist die verweigerte Umsetzung von Volksinitiativen, anders gesagt, die Sabotage des Volkswillens durch die vermeintlichen Volksvertreter. Wie lässt sich das verhindern? 

Solche Volksvertreter einfach nicht mehr wählen. Bei einigen gelten leider die Versprechungen vor den Wahlen nachher im Parlament nicht mehr. Die Bürgerinnen und Bürger haben es in der Hand, am 22. Oktober die Richtigen zu wählen!

Sie sind einer der letzten aktiven Verkehrspolitiker, die sich uneingeschränkt für die Anliegen des motorisierten Individualverkehrs einsetzen. Welche Ihrer verkehrspolitischen Vorstösse haben heute noch Bestand? 

Zu nennen wäre der Nationalstrassen- und Agglomerations-Verkehrsfonds. Ich hatte betreffend der Strassenfinanzierung eine klare Strategie. Darum habe ich auch das Referendum gegen die extreme Preiserhöhung der Autobahnvignette ergriffen. Denn ich sah, wie eine Verkehrsabgabe nach der anderen erhöht werden sollte, und das ohne klare Strategie vonseiten des Bundes. Nach der Ablehnung der Autobahnvignettenerhöhung wurde dann der Strassenfinanzierungfonds zum Thema. Nebst den zweckgebundenen Abgaben konnten zusätzliche Gelder für die Strasse generiert werden, so zum Beispiel die Autoimportsteuer. Diese Steuer floss vorher in die allgemeine Bundeskasse. Für diese Zweckbindung setzte ich mich schon früher mit parlamentarischen Vorstössen ein. Auch die Aufhebung des Rundstreckenrennverbots ist nun nach einem 20-jährigen Kampf endlich gelungen. Politik braucht Ausdauer!

Womit sind Sie aufgelaufen?

Mit einigen meiner Vorstösse war ich der Zeit etwas voraus. So hatten beispielsweise Vorstösse gegen den extremen politischen Islam im Parlament keine Chance. Umso mehr aber nachher via Volksinitiative beim Volk. Dies zeigt auch die Differenz zwischen ­einem Teil des Parlamentes und der Bevölkerung.

Bundesrat Albert Rösti will die Autobahn A1 punktuell ausbauen. Das ist erfreulich. Aber Hand aufs Herz: Das reicht doch niemals aus, um die immensen Staustunden wegzubringen. Wie können wir die Infrastruktur wieder fit machen? 

2021 gab es über 32 000 Staustunden, mit Kostenfolgen in Milliardenhöhe. Seit 2005 haben sich die Staustunden verdreifacht. Daher braucht es beim Strassennetz dringend entsprechende Anpassungen ans heutige Verkehrsaufkommen. Zurzeit wird im Parlament über den Zahlungsrahmen und den Ausbauschritt 2023 bis 2027 beraten. Aber auch die Agglomerationsprogramme werden diskutiert, denn Verkehrsüberlastungsprobleme gibt es an vielen Orten. Um die Verkehrsüberlastungen in den Griff zu bekommen, wird es noch viel mehr Massnahmen brauchen.

Offen ist auch die Frage der künftigen Verkehrsfinanzierung. Zu welchem Modell würden Sie raten?

Die Verkehrsfinanzierung muss dringend an die heutige Zeit angepasst werden. Es gibt immer mehr Elektroautos, und somit nimmt der Treibstoffverbrauch ab – und natürlich auch die entsprechenden Abgaben. Das Geld wird für die Strasse fehlen. Da ja auch Elektroautos die Strasse benützen, sollen auch diese in Zukunft einen Beitrag leisten. Es stehen zwei Modelle zur Diskussion, entweder eine Besteuerung über eine Kilometerabgabe oder über eine Energieabgabe. So wie heute Benzin und Diesel besteuert werden, könnte dies auch beim Stromverbrauch bei den Elektroautos gelten. Ich bevorzuge diese Variante.

Sie sind auch Präsident des Motorradverbands FMS. Wie steht es um die gesellschaftliche und politische Akzeptanz der Töfffahrer?

Die gesellschaftliche Akzeptanz ist heute viel besser als früher. Es gibt gegen 800 000 motorisierte Zweiräder in der Schweiz, und es fahren Personen aus allen Gesellschaftsschichten Motorrad. Im politischen Bereich ist es schon schwieriger. Vorstösse wegen Lärm und Umweltbelastung, die das Töfffahren einschränken wollen, haben Hochkonjunktur. Bei der ganzen Klimahysterie geht es allgemein gegen alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

Sie kämpfen unter anderem gegen die sogenannten Lärmblitzer. Kann man deren Einführung noch stoppen?

Heute gibt es jedenfalls in diesem Bereich noch kein funktionierendes Gerät. Zur Geschwindigkeitsmessung mit Radargeräten bestehen grosse Unterschiede. Die Übertretung kann hier am Tacho klar festgestellt werden, was beim Lärm nicht möglich ist. Ebenso spielen auch die Umgebungsgeräusche und die Wetterverhältnisse eine grosse Rolle sowie natürlich auch, ob die Strasse in einer Häuserschlucht oder im freien Gelände ist.

Ihr Verband ist auch zuständig für den Motorradrennsport. Wie beurteilen Sie die aktuelle Leistung der Schweizer im internationalen Vergleich? 

Der Supersport-Weltmeister Dominique Aegerter macht jetzt auch in der Superbike-WM eine gute Figur und Randy Krummenacher in der Moto-E-WM ebenfalls. Aber auch im Nachwuchsbereich hat es einige kommende Talente. Für die bescheidenen Mittel, welche wir in der Schweiz zur Verfügung haben, müssen wir zufrieden sein. Aber bei der Nachwuchsförderung besteht noch weiterer Handlungsbedarf.

Zurück zur Politik. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz drohen Strommangel und Verbote. Wie kommen wir da heil wieder heraus?

Ein Verbot von Verbrennungsmotoren muss dringend verhindert werden, denn auch sie können mit CO2-armer Energie, synthetischem Treibstoff oder Wasserstoff, betrieben werden. Beim Strom ist ­eine kommende Mangellage zu befürchten. Vor allem wenn die Kernkraftwerke abgeschaltet werden.

Wie lautet Ihre Prognose für die Wahlen im Herbst? Gelingt es, einen Linksrutsch zu verhindern und die bürgerlichen Kräfte zu stärken?

Ich hoffe es natürlich! Die Leute haben bestimmt  genug von Verboten, Bevormundung und Umerziehung der links-grünen Seite. Die bürgerlichen Parteien sind aufgefordert, für eine starke Wählermobilisierung zu sorgen.

Einen Walter Wobmann ohne Politik kann man sich schwer vorstellen. Welche Pläne für die Zukunft verfolgen Sie?

Ich führe noch nationale Verbände, FMS und Bus CH, mehrere Organisationen und bin Präsident der aktuell laufenden Neutralitäts-Initiative. Mir wird bestimmt nicht langweilig!

Ihre Freizeit ist in den vergangenen Jahren sicher oft zu kurz gekommen. Wofür werden Sie sich nun wieder mehr Zeit nehmen?

Mehr in der Natur sein, reisen und töfffahren.

Letzte Frage: Wenn Sie einen Wunsch an das neue Parlament frei hätten, wie würde er lauten? 

Mehr aufs Volk hören, weniger auf die Massen­medien, und den gesunden Menschenverstand ­benützen.

Zur Person

Walter Wobmann (65) ist gelernter Automechaniker, leitete in jungen Jahren Garagenbetriebe und ist seit 1996 Verkaufsleiter bei der Firma Karl Ernst. Seit 2003 sitzt der Solothurner für die SVP im Nationalrat, gilt als Verkehrspolitiker und ist unter anderem in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Zudem ist er Präsident der Föderation der Motorradfahrer Schweiz.

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