Mit dem ID 7 bringt VW nicht einfach ein weiteres, gleiches ID-Modell. Bei diesem elektrischen Passat soll einiges anders werden als noch bei ID 3, 4 und 5 – bevor mit dem Projekt Trinity noch einmal alles anders werden soll. Das einstige Prestigeprojekt wurde aber auf mindestens 2028 verschoben, sodass der ID 7 wohl noch eine Weile die Toplimousine von Volkswagen bleibt. Mindestens eines der E-Versprechen will VW aber damit bereits einlösen: die Reichweite von 700 Kilometern. Und auch sonst hat VW mit dem neuen Modell einige Kritikpunkte aufgegriffen und verbessert. Nicht nur die Bedienung, auch den Antrieb und das Fahrwerk hat der Konzern spürbar weiterentwickelt, schliesslich muss der Neue nicht mehr nur den Ansprüchen des Kompaktsegments genügen, sondern auch denjenigen der oberen Mittelklasse.
Trotzdem ist auch der neuste Wurf dank der vertrauten Formensprache und des nur vom Logo unterbrochenen Leuchtbands an der Front sofort als ID-Modell erkennbar. Auch am Heck zieht VW die Leuchten weit gegen die Mitte und bringt die Beschriftung dezenter an als an anderen Modellen. So ist die Modellbezeichnung kaum sichtbar in Wagenfarbe gehalten. Die Form ist gestreckt, die Räder sitzen weit aussen in den Ecken. Die Felgen sind gross und die Reifenquerschnitte wie üblich bei den ID-Modellen klein. Allerdings ist der lange Radstand nicht ganz so ausgeprägt wie bei einem Mercedes EQE. Zwar sind die Modelle mit 4.96 Metern fast gleich lang, der Mercedes bietet aber einen Radstand von 3.12 Metern, während der ID 7 mit 2965 Millimetern unter der Dreimetergrenze bleibt. Der lange Radstand sorgt dennoch für viel Platz im Inneren, sowohl vorne wie hinten. Die Kniefreiheit im Fond ist auch für Erwachsene mehr als ausreichend.
Gröbstes Problem behoben
Natürlich hat Volkswagen nicht alles über den Haufen geworfen, sondern punktuell verbessert und weiterentwickelt. So ist der ID 7 auch im Interieur problemlos als ID-Modell erkennbar, auch wenn er erwachsener daherkommt als seine Vorgänger. Die Grundgestaltung bleibt gleich, die geschwungenen Formen ziehen sich durchs Cockpit. Die Aufteilung in ein kleines Display vor dem Fahrer und einen frei stehenden, zentralen Touchscreen bleibt auch erhalten. Die echten Knöpfe kehren natürlich nicht zurück, die Ausnahme vom Touch-only-Konzept bilden die Fensterheber. Auch da bleibt sich VW treu und behält die Bedienung aller vier Fenster mit bloss zwei Schaltern bei. Das kleine Informationsdisplay vor dem Fahrer steht jetzt nicht mehr auf der Lenksäule, sondern ist sauber ins Armaturenbrett integriert. Die Informationsdichte wurde weiter reduziert, dafür gibt es serienmässig ein Head-up-Display. Die Kritik an der Bedienung hat sich VW zu Herzen genommen und die Software komplett überarbeitet. So lässt sich die Klimaanlage jetzt einfacher bedienen, und die Menüs sind logischer aufgebaut. Ausserdem sind die Slider unter dem Bildschirm jetzt endlich hinterleuchtet. Die Lüftungsdüsen kommen komplett ohne mechanische Verstellung aus, alles ist komplett elektrisch. Damit sind sie individuell auf verschiedene Fahrer programmierbar und ermöglichen smarte Funktionsmodi.
Neue Funktionen bieten auch die Assistenzsysteme. Wie der ID Buzz kann auch der ID 7 jetzt Schwarmdaten nutzen, beispielsweise für den Spurassistenten, der damit auch auf Strassen ohne Mittellinie am rechten Strassenrand fahren kann. Eine neue Automatisierung kann Ein- und Ausparkvorgänge aufzeichnen und später selbständig abfahren. Komplett selbständig auszuparkieren, wie BMW das kann, schafft der ID 7 aber (vorerst) nicht. Die bisher etwas ungelenken automatisierten Spurwechsel sollen natürlicher und flüssiger erfolgen als bisher, dieses Feature konnten wir allerdings noch nicht testen.
Komplett überarbeiteter Antrieb
Wenn das Auto in der zweiten Jahreshälfte 2023 auf den Markt kommt, wird es vorerst mit der bekannten 77-kWh-Batterie ausgestattet sein und damit 615 Kilometer weit kommen. Der längere Radstand ermöglicht aber auch eine grössere Batterie mit 90 kWh Kapazität. Damit sollen dann die 700 Kilometer möglich sein, die VW versprochen hat, um die Alltagstauglichkeit der E-Mobilität zu beweisen. Dazu wird auch der Energieverbrauch ganz schön tief bleiben müssen, wozu auch der cW-Wert von 0.23 beiträgt. Vor Kurzem hätte VW damit noch zu den Besten gehört, heute setzt Mercedes mit dem EQS mit einem Wert von 0.20 die Messlatte deutlich höher beziehungsweise tiefer.
Ein wichtiges Puzzleteil für die Reichweitenverbesserung stellt auch eine Effizienzoptimierung im Antrieb dar. So wurden die Hochleistungselektronik und die Motoren komplett überarbeitet. Weniger elektrische Verluste, bessere Kühlung und weniger Reibungsverluste im Getriebe senken den Verbrauch. Zu Beginn wird es den ID 7 mit einem E-Motor an der Hinterachse geben, der 210 kW (286 PS) leistet. Das ist ein neuer Spitzenwert für ein MEB-Modell, bisher waren es höchstens 150 kW, die ein einzelner Motor leisten konnte. Das Drehmoment beträgt beeindruckende 545 Nm. Später wird dann wohl noch eine GTX-Variante mit mehr Leistung und Allradantrieb folgen, der in diesem Segment mit Sicherheit erwartet wird. Apropos spätere Varianten: Auch einen Kombi wird es geben, allerdings verrät VW dazu noch keine Details. Bereits mit der aktuellen Motorisierung ist der ID 7 zügig unterwegs. Beim Anfahren und in den Kurven macht sich eine verbesserte Drehmomentregelung bemerkbar, die deutlich ausgereifter wirkt als noch bei früheren MEB-Modellen. Allerdings greift sie noch immer etwas übereifrig ein, was das Zurückregeln des Drehmoments betrifft. Verschiedene Fahrmodi passen die Gaspedalkennlinie an, das Ansprechverhalten ist aber immer sehr direkt. One-Pedal-Driving gibt es weiterhin nicht, die Stärke der Rekuperation lässt sich am Wählhebel verstärken. Das Bremspedal dürfte noch etwas direkter ansprechen.
Auch Fahrwerk und Lenkung wurden überarbeitet. Letztere spricht etwas direkter an und bietet mehr Feedback von der Strasse als die doch sehr gefühllosen Lenkungen bei bisherigen ID-Modellen. Sie ist aber weiterhin leichtgängig und stark unterstützt, auch im Sport-Modus. Eine Hinterachslenkung ist übrigens nicht vorgesehen, der Wendekreis ist trotzdem überraschend klein. Das Fahrwerk mit Stahlfedern passt die Dämpferhärte dem gewählten Fahrmodus an. Im Sport-Modus ist sie straffer ausgelegt, ein Wanken des Aufbaus wird so bestmöglich vermieden. Ein Schieben über die Vorderachse ist weiterhin spürbar, was mit dem Leergewicht von über zwei Tonnen kaum vermeidbar ist. Mit der grösseren – und schwereren – Batterie dürfte sich das Problem noch einmal verstärken. Insgesamt kommt der ID 7 aber deutlich ausgereifter daher als bisherige MEB-Modelle.
Die Preise beginnen bei über 65 000 Franken, was den ID 7 aktuell zum zweitteuersten ID-Modell hinter dem ID Buzz macht.