Am Montag feiern wir Geburtstage, heute: 40 Jahre Peugeot 205. Der 1983 präsentierte Franzose war ein Tausendsassa. Der die Kleinwagen-Welt veränderte, den PSA-Konzern rettete und die Rallye-Szene beherrschte.
- Im Februar 1983 pràsentiert
- 5,3 Millionen Exemplare verkauft
- Rallye-Weltmeister, Dakar-Sieger
Der am 24. Februar 1983 präsentierte Peugeot 205 wurde zur vorläufig grössten Nummer in der Geschichte der Löwenmarke. Mit rund 5,3 Millionen verkauften Einheiten in 15 Jahren Produktionszeit übertraf der 205 sämtliche Vorgänger und ist bis heute das zweiterfolgreichste Peugeot-Modell – hinter seinem Nachfolger, dem 206. Tatsächlich verklärte das Peugeot-Marketing den 205 sogar zur «Sacré Numéro» («heilige Nummer», aber mehr so: «starker Auftritt») und lancierte entsprechende Sondermodelle.
Vor 40 Jahren befand sich Europas grösster Autobauer PSA Peugeot Citroen am finanziellen Abgrund, und der 3,70 Meter kurze 205 war so etwas wie der letzte Hoffnungsträger für die Gallier. Ähnlich wie der Golf zehn Jahre zuvor VW gerettet hatte, musste der 205 die Franzosen in eine noch ungewisse Zukunft führen. Dies als schicke drei- und fünftürige Fliessheck-Limousine, als elegantes Cabriolet von Pininfarina, als flotter GTI und unter dem Typencode Turbo 16 als teurer Strassen-Renner sowie Rallye-Weltmeister der in der berühmt-berüchtigten Gruppe B. Ach ja, nicht zu vergessen: Siege bei der Paris-Dakar gab es auch noch.
Einen ersten Hinweis auf das Potential dieses multitalentierten Peugeot-Modells gaben 1983 ausgerechnet Dieselmotoren. Rau laufende und kostspielige Selbstzünder im Kleinwagen? VW Polo oder Opel Corsa verzichteten vorläufig. Gerade einmal 60 PS leisteten die hocheffizienten 1,8-Liter-Selbstzünder im Peugeot 205, das genügte für flotte Fahrleistungen, von denen ein Mercedes-200-D-Pilot nur träumen konnte. Und bei einem sensationellen Normverbrauch von 3,9 Litern reichte eine Tankfüllung im 205 D für knapp 1300 Kilometer. Mit diesem Kleinen stieg Peugeot endgültig zum weltweit grössten Dieselmotoren-Hersteller auf – und in den Club angesagter Hot Hatches. Dazu legten sie in Sochaux noch agilere Turbo-Diesel auf, vor allem aber den bis zu 128 PS starken Benziner 205 GTI, den Fachmedien als «GTI unter den GTI» feierten. Ein wilder Muskel-Mini, der einen Marktstart nach James-Bond-Manier zelebrierte: In einem spektakulären Werbefilm wurde der 205 «Gran Turismo Injection» von einem gewaltigen Kampfhubschrauber mit Raketenwerfern gejagt, um dann am Rand eines Abgrunds über eine Klippe ins Nichts zu springen – wo sich der rettende Fallschirm öffnete.
Ein dramatisches Bild, das durchaus Bezüge zur Realität aufwies. Denn dort lag es an der «Sacré Numéro» 205, die älteste noch existierende Automobilmarke der Welt zu retten. Was war geschehen? Peugeot hatte in den 1970ern die finanziell maladen Konkurrenten Citroen und Chrysler Europa (Talbot) übernommen und dann vergeblich versucht, das unübersichtliche Konglomerat an Modellen profitabel zu vermarkten. Hinzu kam die fehlende Faszination vieler Typen, so lieferte der brave Peugeot 104 die Basis für die fast baugleichen Parallelmodelle Citroen LN und Talbot Samba. Dieses Badge-Engineering genügte nicht, allein in den Jahren 1979 bis 1982 ging der europäische Marktanteil des von Peugeot geführten PSA-Konzerns um über ein Drittel zurück. Ein frischer Herzensstürmer mit legendärer Nummer musste her. Deshalb wurde der seit 1977 entwickelte Typ 105 zum 205 transformiert, waren doch bei Peugeot traditionell Modelle der 2er-Reihe wie 201, 203 und 204 für Revolutionen zuständig.
Und als «game changer» betätigte sich der Peugeot 205 von Beginn an. Wurde sein Design doch nicht wie bei so vielen Peugeot-Modellen bei Starcouturier Pininfarina entworfen. Stattdessen durfte das von Gérard Welter geleitete Peugeot-Designstudio den 205 in zukunftsweisenden Bio-Formen mit grossen Glasflächen gestalten. Überraschend eigenständigen Coupé-Charakter bot die dreitürige Version des 205 durch abgerundete hintere Seitenscheiben und massive C-Säulen. Eine sportive Optik, die besonders zum wilden 205 GTI passte.
Auf dem Heimatmarkt erwies sich das Löwenbaby als Kämpfer mit so scharfen Krallen, dass es auf Anhieb den Erzrivalen Renault 5 deklassierte. Peugeot hatte mit einer Tagesproduktion von 1700 Einheiten seines neuen Sympathieträgers kalkuliert, tatsächlich trafen aber schon im ersten Jahr täglich 2700 Bestellungen ein. Und noch im hohen Alter von neun Jahren setzte sich der 205 an die Spitze der französischen Zulassungscharts. Auch in Deutschland war der charmante Franzose für Bestwerte gut, die weder Renault noch Fiat (Uno) verhindern konnten: Im Jahr 1986 platzierte sich der 205 auf Rang eins der Import-Zulassungen. Gebaut wurde der 205 übrigens nicht nur in fünf europäischen Werken, sondern als Weltauto auch in Südamerika und Asien.
Es war die riesige Variantenvielfalt, die den Hype rund um den 205 in immer neue Höhen trieb. So avancierte eine von Pininfarina kreierte Cabriolet-Version ab 1986 zum damals begehrtesten Sonnenanbeter unter den kleinen Viersitzern. Kastenwagenversionen des 205 nahmen den praktischen Peugeot Partner vorweg, mit ungewöhnlicher Viergang-Automatik wurde der 205 zum Liebling vieler Frauen, und der 205 Électrique sorgte als Vorreiter für batterieelektrische Fahrzeuge für Aufsehen. Seine riesigen Nickel-Cadmium-Akkublöcke speicherten zwar nur Energie für rund 100 Kilometern, aber dieser Stromer bahnte den Weg für den Peugeot 106, der ab den 1990ern für Furore sorgte als damals global erfolgreichster Elektro-Pkw.
Und dann gab es da noch die ganz furiosen Flügelstürmer. Während der leichte 205 GTI grösseren Kompakten wie dem Golf GTI kaum eine Chance liess, war der 205 Turbo 16 ein Mittelmotor-Renngerät für Rallyepisten. Um die Homologation zu erreichen, produzierte Peugeot von diesem 240 PS starken Allradler 200 Einheiten mit Strassenzulassung, die in der Schweiz zum damals exorbitant hohen Preis von fast 100’000 Franken angeboten wurden. Mehr als für einen Ferrari 308 GTB berechnet wurde, was den 205 Turbo 16 nur noch begehrenswerter machte. Und dieser Peugeot hatte tatsächlich das Zeug zum Rallye-Weltmeister der Jahre 1985 und 1986. Anschliessend machte das wildeste Modell der Löwenmarke die Wüste zum Wohnzimmer, als Sieger bei den Dakar-Rallyes von 1987 und 1988. (SP-X/AR)
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