Pech und Schwefel kommen nicht aus den Endrohren des mit 490 kW (666 PS) teuflisch starken V8-Biturbos des Lamborghini Urus Performante. Es gibt Lärm, sehr viel Lärm. Der Lamborghini Urus Performante – als ob der Basis-Urus mit 478 kW (650 PS) nicht schon performant genug wäre – ist eines der wenigen verlockenden Sport-SUV, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so offensichtlich ist. Die Steigerung um bloss 16 PS scheint bescheiden, aber mehr sei nicht möglich gewesen, erklärt Lamborghini. Der V8 stosse bereits an seine Grenzen, und für noch mehr Leistung hätte man den gesamten Antriebsstrang umbauen müssen. Die Priorität liege vielmehr auf der Agilität. Die Liste der übrigen Modifikationen ist ebenfalls begrenzt und umfasst eine aggressivere Kennlinie des Gaspedals, ein Differenzial mit Torque-Vectoring, eine Tieferlegung um 20 Millimeter dank neuer Stahlfedern, eine um 16 Millimeter breitere Spur vorne und hinten und eine Gewichtsreduzierung um 47 Kilogramm durch den Einsatz von Leichtbaumaterialien. Und der Heckspoiler erzeugt 38 Prozent mehr Abtrieb. Aber ein Auto ist mehr als nur die Summe seiner Teile, die Kunst der Feinabstimmung macht den Unterschied, wie eine erste Testfahrt bestätigte.
Auf den ersten Blick ist es schwierig, den Urus Performante vom Urus S, der ja das neue Basismodell ist, zu unterscheiden. Lamborghini behauptet zwar, dass die Länge des Autos um 25 Millimeter zugenommen habe und die vorderen und hinteren Stossstangen neu gestaltet worden seien, aber die Designer waren sehr zurückhaltend mit Anpassungen. Die serienmässige Motorhaube in Sichtkarbon ist optional auch für den Urus S erhältlich.
Viel Audi im Inneren
Im Innenraum zeigt sich dasselbe Bild. Die Signatur des Urus Performante beschränkt sich auf einige Details wie die Ziernähte der Ledersitze mit Hexagonalmuster oder den Lenkradbezug aus Alcantara. Die Fahrprofilauswahl verfügt jedoch über einen neuen, sehr interessanten Modus: den Rallye-Modus. Um den zu testen, braucht es eine entsprechende Umgebung, deshalb zunächst einmal: Strada, also Strasse. In diesem Profil zeigt sich der Urus Performante als gutmütiges, alltagstaugliches SUV, auch wegen der guten Sitzposition und des grosszügigen Platzangebots. Sitzt man wirklich in einem Lamborghini? Das fragt man sich zu Recht, auch wegen der (zu) vielen Elemente, die 1:1 vom Audi Q8 übernommen wurden wie Infotainment, Armaturenbrett, Knöpfe und so ziemlich alle anderen Bedienelemente. Man dürfte schon etwas mehr Exklusivität erwarten, wenn man mindestens 218 487 Euro ausgibt.
Wenn man jedoch den Schalter auf die anderen Fahrmodi umlegt, insbesondere auf Rallye, wird der Urus wieder zu einem echten Lamborghini. Das Achtgang-Automatikgetriebe schaltet sofort zwei oder drei Gänge zurück, und der V8-Biturbo beginnt laut zu bellen – leider auch aus den Lautsprechern. Man konnte es sich nicht verkneifen, die Insassen mit diesem billigen Trick zu stimulieren. Alles andere als künstlich ist jedoch der monumentale Schub des V8-Motors, eines Wunderwerks an Kraft und Stärke, der die 2150 Kilogramm des Urus Performante vorwärts katapultiert. Mehr noch als durch die brutale Beschleunigung – die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h dauert 3.3 Sekunden – besticht der V8 durch sein Temperament. Die 850 Nm maximales Drehmoment hämmern bei der kleinsten Berührung des Pedals auf alle vier Räder ein, und erst bei 6500 U/min gönnt er sich eine Verschnaufpause.
Die wahre Stärke des Urus Performante zeigt sich dann, wenn die Strasse endet. Im Rallye-Modus wird der SUV wild, und das Heck bricht bei jeder starken Beschleunigung mit eingeschlagenen Rädern aus. Das Gefühl der Agilität, das sich aus dieser Bestialität ergibt, ist atemberaubend, man glaubt kaum, dass man in einem 5.14 Meter langen SUV sitzt. Nur der Cayenne Turbo GT bietet in dieser Klasse ein solches Mass an Agilität gepaart mit Wildheit. Selbst die herrlich scharfe Lenkung trägt zu dieser Illusion bei, schade, dass sie nicht kommunikativer ist. Natürlich ist der Unterschied in der Leistung zum Urus S gering, aber der Performante übertrifft ihn mit seiner Verspieltheit, sodass er die erste Wahl zwischen den beiden ist. Mehr noch, er ist eines der wenigen Sport-SUV, die diesen Titel auch wirklich verdient haben.