Sie sind so gut wie vom Strassenbild verschwunden, die kleinen, leistungsstarken, aber alltagstauglichen Coupés. Heute werden Fünftürer gebaut wie die A-Klasse von AMG oder der RS3 von Audi. Der M240i von BMW ist damit ein richtiger Exot. Und dabei ist er ja gar nicht einmal so klein, sondern überragt mit einem Radstand von 2.74 Metern und einer Länge von 4.5 Metern das Gros der Kompaktklasse deutlich. Das mag an seiner Abstammung liegen: Obwohl der 2er Coupé von der Platzierung nahe am 1er liegt, hat er mit diesem so gut wie nichts gemeinsam. Während der 1er mit quer verbautem Frontmotor, maximal vier Zylindern und serienmässigem Frontantrieb ein typischer Vertreter der Kompaktklasse ist, liegen die Wurzeln des 2er Coupé ein Segment höher. BMW hat dafür die Plattform von 3er und 4er genommen, alle Abmessungen etwas gestaucht und daraus ein kleines Sportcoupé gemacht, mit allem was dazu gehört: Längsmotor, Standardantrieb und bis zu sechs Zylinder. Der M240i mit seinem 275 kW (374 PS) starken Dreiliter-Sechszylinder ist also im Grunde nichts anderes als die geballte Kraft des M440i verpackt in einem 2er. Damit hat der BMW mindestens einen Zylinder mehr als die nächsten Konkurrenten. Der Audi RS3 kommt mit einem Reihenfünfzylinder mit 2.5 Litern Hubraum. Der AMG A45 folgt sowieso der Lehre der maximierten Literleistung, die in Affalterbach gerade vorherrscht, und fährt auf vier Zylindern daher. Der grosse Motor fordert seinen Tribut beim Gewicht: Rund 1.7 Tonnen bringt der M240i auf die Waage – leer und ohne Fahrer. Aber die Leistung des B58 gleicht das Mehrgewicht mit ordentlich viel Leistung aus. Er überflügelt den alten M2 um vier PS und 35 Nm und hält mit 4.2 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h sogar mit dem M2 Competition mit. Das weckt Vorfreude auf den M2 der aktuellen Generation, der in Vorbereitung ist und wohl 2023 auf den Markt kommen soll.
Direkt am Gas
Die flache Drehmomentkurve sorgt dafür, dass das maximale Moment von 500 Nm bereits unter 2000 U/min anliegt. Damit sprintet der M240i aus dem Stand fast unverzögert vorwärts. Das Turboloch ist im momentan sportlichsten 2er Coupé noch etwas kleiner, als man es vom M3 und vom M4 kennt. Hier zahlt sich aus, dass der B58-Motor mit einem Twinscroll-Tubolader ausgestattet ist anstelle der zwei einzelnen Turbolader des S58-Motors. Damit hängt der M240i äusserst gut am Gas und spricht reaktiv auf spontane Pedalbewegungen an. Die Achtgang-Automatik ist die einzige Wahl für das kleine Sportcoupé – von Hand gerührt werden darf nicht mehr. Den einen oder anderen mag das enttäuschen, aber es braucht ja auch noch Argumente, Puristen zum Kauf eines M2 zu bewegen. Und das Getriebe von ZF arbeitet einwandfrei, bloss bei der Steuerung ist noch Luft nach oben. Hier lässt sich die Elektronik beim Gasgeben ordentlich Zeit, bis ein Herunterschalten eingeleitet wird. Mit den beiden Paddles am Lenkrad kann glücklicherweise manuell eingegriffen werden. Im Sport- oder Sport-Plus-Modus reagiert das Getriebe jedoch unverzüglich und fast so schnell wie ein Doppelkupplungsgetriebe.
Die Abmessungen des 2er Coupé mögen zwar kompakt sein, aber die Masse des grossen Motors lässt sich beim Fahren nicht verbergen. Das Gefühl, einen grossen Dreiliter unter der Haube zu haben, ist immer präsent. Es ist ein Gefühl, das ein kleiner Reihenvierer nicht zu bieten vermag, egal wie hoch die Literleistung ist, die er bereithält. Serienmässig schickt der M240i sein Drehmoment an alle vier Räder, wobei die Hinterachse klar priorisiert wird. Erst wenn die Hinterachse Probleme bekundet, das Drehmoment auf den Asphalt zu bringen, wird die Vorderachse zugeschaltet. Das hilft beim Rennstart mit Launch-Control, aber auch in Kurven. So verzeiht der BMW auch ein zu kräftiges, zu frühes Gasgeben in der Kurve, ohne dass das Auto gleich Heck voran unterwegs ist. Anstelle eines Drehers gibt es eine Drehmomentverlagerung an die Vorderachse, bis sich ein kontrollierbares Untersteuern einstellt. BMW kennt seine Klientel und deren nervösen rechten Fuss eben – was aber nicht bedeutet, dass sich mit dem M240i kein Spass haben liesse. Auf kurvigen Strässchen fühlt sich der Bayer trotz seiner relativen Grösse besonders zu Hause. Bevor die Regelung eingreift, ist an der Hinterachse immer noch ein nervöses Zucken auszumachen, wenn der Stempel gedrückt wird, trotz Allradantrieb. Nichts Herausforderndes, einfach nur ein Zeichen dafür, dass noch ordentlich Drehmoment vorhanden ist an den Hinterrädern. Und dann ist da noch der Sound. Man darf es ja heute schon fast nicht mehr lobend erwähnen, aber der Reihensechser klingt echt gut, weil echt natürlich. Der Sound muss nicht künstlich generiert oder verstärkt werden, sondern ist weiterhin das Nebenprodukt des Verbrennungsprozesses. Das gefällt.
Besser als der M2?
Genauso gefällt das Fahrwerk. Die aufwändig konstruierte Vorderachse mit doppelten Querlenkern und Zugstreben sorgt für ein sauberes und präzises Einlenken auf kurvigen Landstrassen. Das wulstige Lenkrad liegt gut in der Hand, und das Feedback von der Strasse ist direkt. Das Auto fühlt sich trotz kompakter Abmessungen wuchtig an, wenn es über eine Passstrasse gejagt und von einer Kurve in die andere geworfen wird. Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass er wuchtig ist – 1.7 Tonnen lassen sich nur schwer verheimlichen. Auch auf der Langstrecke ist der 2er Coupé ganz überzeugend, denn da kommt wieder die Tatsache ins Spiel, dass er so klein eigentlich gar nicht ist. Der lange Radstand sorgt für einen ruhigen Geradeauslauf, sodass auch längere Autobahnfahrten – auch bei höheren Tempi im grossen Kanton – stressfrei bleiben, was im Kompaktsegment nicht selbstverständlich ist. Das Fahrwerk ist zwar straff, der Fahrbahnkontakt direkt, aber trotzdem ausgewogen. Das Gefühl, dass es zu hart abgestimmt sei, kommt nicht auf. Wir wagen deshalb zu prophezeien, dass der 2er Coupé damit das weitaus bessere Alltagsauto sein wird als der zukünftige M2.
Um den Spagat zwischen sportlichem Einsatz und Alltagsbetrieb zu meistern, hat der M240i in der ersten Reihe ausgezeichnete Stühle an Bord. Die voluminösen Polsterungen schmiegen sich eng an den Körper an und bieten ordentlichen Seitenhalt – und damit die perfekte Voraussetzung für eine sportliche Ausfahrt am Wochenende. Die Polsterung ist aber auch ausreichend, um damit Kilometer auf der Autobahn abzuspulen. Die Kopffreiheit ist trotz der flachen Dachlinie ausreichend, sodass sich auch Grossgewachsene nicht eingeengt fühlen. Die Sitzposition ist sportlich tief im Fahrzeug, wer sich aus dem Auto hieven will, sollte also doch noch etwas sportlich sein. Noch mehr Beweglichkeit braucht es für die Rücksitze. Hier bewahrt der 2er seinen Coupé-Charakter und bietet weder Kopf- noch Beinfreiheit, die für Erwachsene ausreichen würde. Theoretisch böte die zweite Sitzreihe sogar drei Plätze, praktisch bietet sich der Mittelsitz aber nicht einmal für Kinder an. Der Kofferraum ist mit 390 Litern Fassungsvermögen auch coupé-mässig, jedoch lassen sich die Rücksitze zweigeteilt abklappen, sodass sich dennoch grössere Gegenstände transportieren lassen.
Wem der Innenraum bekannt vorkommt: Auch hier sind die Parallelen zum grossen Bruder der 4er-Reihe offensichtlich. Damit meinen wir nicht, dass er ähnlich ist, weil er vom selben Hersteller stammt, sondern: Er ist identisch, als wäre es dasselbe Auto.
Der Vergleich zum grossen Bruder
Das volldigitale Instrumentenpanel wird ergänzt durch einen zentralen Infotainmentbildschirm. Beide wirken wohldimensioniert und nicht aufdringlich gross. Dazu gibt es ein Head-up-Display. Die Materialien sind ebenso hochwertig wie im Vierer mit hübschen Details wie den beleuchteten, blau-weiss-roten Einlegern in den Türverkleidungen. Auch das optionale Leder für die Sitze (Serie ist bloss Stoff …) überzeugt mit seiner Qualität. Einzig die Knöpfe am Lenkrad mit ihren markanten Beschriftungen wirken nicht mehr ganz zeitgemäss. Die Sprachbedienung funktioniert gewohnt gut und damit deutlich besser als bei den meisten Konkurrenten, Mercedes ausgenommen. Ansonsten beinhaltet der 2er alle relevanten Systeme vom adaptiven Tempomaten bis zum Spurassistenten. Wer sich bei den Einstellungen der Systeme austoben will, kann von den Fahrwerkseinstellungen bis zum ESP und den Assistenten alles nach eigenem Gutdünken einstellen.
Kann der M240i dem grösseren und rund 15 000 Franken teureren M440i Konkurrenz machen? Der 4er setzt auf dieselbe Motorisierung, das gleiche Fahrwerk, ein identisches Interieur und auch kein nennenswert geräumigeres Platzangebot. Während der 2er Coupé mit seinem fahraktiven Verhalten und den kompakten Abmessungen punkten kann, hat der 4er vor allem Repräsentationscharakter. Es ist alles eine Frage der Persönlichkeit. Gleiches gilt auch für den Vergleich mit der Konkurrenz. Der Audi RS3 und der AMG A45 verfolgen einen anderen Ansatz, bieten karosseriebedingt einen höheren Nutzwert im Alltag. Aber eben auch einen grösseren Kompromiss – was nicht heisst, dass es am Ende auch das bessere Gesamtpaket ist.