Schneller wird er mit Handschaltung sicherlich nicht, der Toyota GR Supra. Auf der Rennstrecke hat das manuelle Getriebe mit sechs Gängen gegen die überragende Achtgang-Wandlerautomatik von ZF überhaupt keine Chance. Trotzdem wollten wir genau dort erfahren, was möglich ist. Nicht in Sachen Rundenzeiten, sondern fürs Gefühl. Denn vor allem dabei kann der manuelle Hebel seine Stärke ausspielen. Toyota spricht gar davon, dass der GR Supra mit Handschaltgetriebe das neue Flaggschiff der Baureihe und die neue Leichtgewichtsvariante das beliebteste Modell sein werde.
Doch ausser im Portemonnaie – die Preise sind noch nicht bekannt, werden sich aber im Rahmen der Automatikversion bewegen – spürt man vom Modell mit dem klingenden Namenszusatz Race nicht viel. Die 38.3 Kilogramm weniger Gewicht im Vergleich zur Automatikversion kommen zur Hälfte durch den Verzicht auf eine Lederausstattung, eine Lordosenunterstützung und die Möglichkeit zur elektrischen Sitzverstellung. Zudem wurde eine unterschiedliche Musikanlage gewählt. Für die andere Hälfte der kleinen Abmagerungskur sind neue 19-Zoll-Leichtmetallfelgen und eben das manuelle Schaltgetriebe verantwortlich, was die Heraushebung einer eigenen Ausstattungslinie zumindest merkwürdig macht. Aber bestimmt ist leichter immer besser, vor allem weil die grössten Konkurrenten nach wie vor etwas weniger Gewicht mit sich schleppen als der bisherige GR Supra (1502 kg).
Spannung und Vertrauen
Was nicht heissen soll, dass der Toyota, der eigentlich ein BMW Z4 mit feinerer Abstimmung ist, nicht auch leichtfüssig sein kann. Es macht richtig gute Laune, wie verbindlich und schnell das zweisitzige Coupé mit perfekter, aber wenig konw turierter Sitzposition in Nähe zur Hinterachse um Kurven geht. Mit der trotz überarbeiteter Abstimmung noch immer etwas zu laschen Lenkung lässt sich der lange Vorderbau präzise platzieren. Dabei folgt die Vorderachse der vorgegebenen Linie auch dann treu, wenn das Heck leicht und das Auto ans Limit gebracht wird. Je stärker das geschieht, umso deutlicher greifen die elektronischen Helferlein ins Geschehen, aber sie arbeiten meist subtil und fein. Der Track-Modus, die schärfere der zwei verfügbaren Einstellungsmöglichkeiten für Lenkung, Dämpfung und Motor, erlaubt müheloses Driften mit freier Gassteuerung, die Elektronik fängt einen erst im letzten Moment ein. Es scheint gar so, dass durch die Neukalibrierung von ESP, Traktionskontrolle und Konsorten nun noch mehr möglich ist und die Assistenten auch im zugeschalteten Zustand der Kombination aus Frontmotor und Hinterradantrieb mehr Raum zum Spielen lassen.
Die 250 kW (340 PS) und das Drehmoment von 500 Nm aus dem einfach aufgeladenen Reihen-Sechszylinder peitschen den Supra aus jeder Kurve, umso mehr, als die Achsantriebsübersetzung der Handschaltung auf 3.46 verkürzt wurde. Der Sprint von 0 auf 100 km/h soll in 4.6 Sekunden gelingen, maximal sind auch hier 250 km/h drin, dann aber bei etwas höherer Drehzahl. Der Hintern mit aktivem Sperrdifferenzial wird leicht, der Supra vermittelt Spannung und Vertrauen gleichermassen, die Gewichtsverteilung ist nahezu perfekt. Das Auto versetzt leicht, umrundet knackige Schikanen ebenso souverän wie langgezogene Hochgeschwindigkeitskurven. Das Heck indes ist nur eine schnelle Lenkbewegung, einen saftigen Gaspedalstoss vom Ausbrechen entfernt, dann aber gewollt und entsprechend angenehm kontrollierbar. Obwohl der Radstand mit 2470 Millimetern kurz, ja gar ganze 105 Millimeter kürzer als beim kleinen Bruder, dem neu aufgelegten GR86, ist.
Nichts Passendes im Regal
Neu ist das steifere Chassis aus Basis der CLAR-Plattform, weil der Anteil an hochfestem Stahl stark gesteigert wurde. Das gilt für alle künftig vom Band laufenden Modelle, nicht nur für die durch einen roten Supra-Schriftzug gekennzeichnete Handschaltversion. Zudem wurde der Gummi in den vorderen und hinteren Querstabilisatorenbuchsen ebenfalls steifer, dazu gibt es neu abgestimmte Stossdämpfer und einen Hairpin+-Modus. Dabei wird ein freieres Durchdrehen der Räder bei der Beschleunigung ermöglicht, wenn die Sensoren eine Steigung von mehr als fünf Prozent erkennen. Das soll auch auf Bergstrecken zu noch fahraktiverem Verhalten führen.
Umso mehr, als dass neben dem GR86 und dem GR Yaris nun endlich auch im GR Supra manuell durch die Gassen gerührt werden kann. Die Getriebevariante ist aufgrund ständiger Nachfrage von Kunden, Fans und den Medien entstanden, wie Toyota erzählt. Verständlich, denn schon der bisherige Supra mit Automatik bot vieles, dem ein manuelles Getriebe die Krone hätte aufsetzen können. Die Umsetzung dauerte so lange, weil bei BMW nichts Passendes im Regal lag. Ein manuelles Getriebe gibt es dort nur beim schwächsten Z4, gekoppelt an den Basis-Vierzylinder. Bei Toyota wiederum verbleibt der schwächere Supra ein Automat, das Handschaltgetriebe wird es nur mit dem Dreiliter-Reihensechser geben. Womit Toyota in Zusammenarbeit mit ZF selbst Hand anlegen musste und das Getriebegehäuse, die Achswelle und den Zahnradsatz für das höhere Motordrehmoment optimierte, die Teilekombination ist exklusiv für den GR Supra. Zudem soll das Getriebe nicht einfach nur Getriebe sein, sondern auch intelligent. Dabei werden verschiedene Parameter und Systeme auf die Optimierung des Motordrehmoments im Moment des Ein- und Auskuppelns abgestimmt. Das ist insofern von Vorteil, weil beim Herunterschalten je nach Heftigkeit des Einkuppelns an der Hinterachse ein deutliches Bremsmoment auftreten und das Heck im Extremfall ausbrechen kann. Der Supra gibt automatisch Zwischengas, passt die Drehzahl also selbständig an.
Präzise Gassen
Doch nicht nur unter dem Blech hat sich etwas getan, auch die Mittelkonsole musste neu sortiert werden. Die Knöpfe und der I-Drive-Schalter in der Mittelkonsole wurden verschoben, um genügend Bewegungsfreiheit für die Schaltung zu gewährleisten. Die sechs Gänge wollen schliesslich schwungvoll eingelegt werden, auch wenn es kaum wirklich Kraft bedarf, um den 200 Gramm schweren Wählhebel durch die präzise geführten Gassen zu führen. Auch allzu häufiges Schalten braucht es nicht, die Elastizität des B58-Motors von BMW ist hervorragend. Trotzdem will man schalten. Vor der Kurve, nach der Kurve, manchmal sogar in der Kurve, einfach weil man es kann. Und es so viel mehr Spass macht, als nur an einer Wippe zu ziehen. Aber eben: Schneller wird es damit sicherlich nicht, dafür umso inniger und schöner.
Einstiegsdroge
Das hat Toyota-CEO Akio Toyoda 2017 gemeint mit der Ansage, keine langweiligen Autos mehr bauen zu wollen. 2019 kam der Supra, 2020 der Yaris und nun der 86, allesamt unter dem Label Gazoo Racing. Der GR86, das Facelift des GT86, zielt frontal auf die Einsteigerklasse, proklamiert Fahrspass nach allen Regeln der Kunst. Dass es dabei im Innenraum viel Plastik gibt, ist für den Preis ab 37 900 Franken geschenkt. Etwas Alcantara gibt es auch, dazu einen Touchbildschirm, nicht den modernsten, aber zweckmässig. Wir wollen ja fahren, da fasziniert die perfekte Erreichbarkeit des Schalthebels mehr. Einen Automaten gäbe es, doch der Teufel trinkt schliesslich auch kein Weihwasser. Zudem: Das ist durch das träge Fahrgefühl wie vom Regen in die Traufe, denn einer der grossen Kritikpunkte – zu wenig Leistung! – wurde mit dem GR ausgemerzt. Ein Leistungswunder ist das Coupé mit 234 PS, 250 Nm und deutlich besserer Drehmomentkurve noch immer nicht, für die Strasse aber reicht es allemal. Umso mehr, als dass das Ausdrehen des frei saugenden 2.4-Liter-Boxers bis 7500 U/min ein Genuss ist. Und natürlich wird alles über ein Sperrdifferenzial auf die Hinterachse losgelassen. Die Balance des zusammen mit Subaru entwickelten GR86 ist hervorragend, die Karosseriebewegung erstaunlich gering, das Auto verspielt, aber gutmütig. Das Leichtgewicht (1200 kg leer) bleibt quasi immer neutral, ausser man entscheidet sich anders. Entscheiden sollte man sich dann auch bald zum Kauf, wenn man überhaupt noch ein Exemplar findet. Die Jahres-produktion 2022 war innert zweier Wochen ausverkauft, gebaut wird voraussichtlich bis Ende 2024.