«It’s about time» – «es geht um Zeit», singt nicht etwa Genesis-Sänger Phil Collins, sondern Piergiorgio Cecco, Geschäftsführer Genesis Schweiz. «We come to you» – «wir kommen zu dir», lautet das andere Markenversprechen der jungen Edeltochter von Hyundai, um gleich einen weiteren Markenslogan in die Runde zu werfen. Jeder Genesis kommt mit einem Rundum-sorglos-Paket, das ein fünfjähriges Serviceversprechen inklusive aller Kosten, die Bereitstellung von Ersatzwagen, die Betreuung durch einen persönlichen Assistenten und den Service bis vor die Haustür umfasst. All das soll dem Kunden Zeit, Geld und vor allem Nerven sparen. «Genesis ist nicht Wettbewerb, sondern Entspannung», sagt Cecco.
Der Mann muss es nach Jahren des klassischen Vertriebs bei Ford, BMW, Ferrari und Maserati wissen. Angefangen habe man bei Genesis in allen Bereichen auf einem weissen Blatt Papier. Wobei die Autos, vor allem der G70, ja nicht neu sind. In Südkorea und den USA kam er 2017 auf den Markt. Im Zuge des Facelifts und der Offensive von Genesis in ausgewählten europäischen Märkten kommt er als Shooting Brake in die Schweiz. Und ist dabei eigentlich ein Kia Stinger im hübschen Gewand mit anderem Logo und etwas mehr Nutzwert.
Etwas mehr, weil er zumindest bei umgeklappter Rückbank nur unwesentlich mehr Stauraum als der Kia, aber weniger als die spärlich vorhandene Konkurrenz bietet. Vergleichbar sind durch Grösse und Preis die Shooting Brakes von Mercedes CLA und VW Arteon. Der CLA, weil er beinahe gleich lang ist wie der G70, der VW, weil er fast denselben Radstand bietet wie der Genesis.
Mut zum Anderssein
Fahrdynamisch positioniert sich der G70 irgendwo dazwischen. Bis auf die Sportvarianten fährt er sich sportlicher als ein Arteon und komfortabler als ein CLA. Und umgekehrt. Was zum grossen Teil am Motor liegt, denn das Fahrwerk könnte mehr, «es hat dieselbe Abstimmung wie in den USA beim V6-Motor», sagt Cecco. In der Schweiz kommen ausschliesslich Vierzylinder, ein Benziner und ein Diesel, zum Einsatz. Die längs verbauten Motoren arbeiten souverän, der Diesel gefällt mit seinem Drehmoment etwas besser. Aber beide wollen nicht so recht zum kecken Erscheinungsbild passen. Vor allem dann nicht, wenn der Innenraum auf Wunsch mit feinem Nappaleder bezogen wird. Die Optik mit dem tiefen Kühlergrill, der langgezogenen Motorhaube und der parabolischen Linienführung machen Lust auf mehr.
Primär ist der G70 jedoch ein stimmiges Paket aus überzeugenden Konzernbauteilen, er agiert souverän, schlägt aber nirgends über die Stränge. Viele elektronische Helferlein sind Standard, mit dem Technikpaket hilft beispielsweise der Tot-Winkel-Warner mit Echtzeitübertragung aufs Fahrerdisplay bei der Übersicht. Das Infotainment beherrscht sämtliche Vernetzungsmöglichkeiten, Tasten und Drehregler sind viele mit an Bord. «Wir wollen den Kunden intuitiv abholen», sagt Cecco.
Was durchaus gelungen ist. Der G70 positioniert sich als komfortabler und eleganter Langstreckenläufer mit Allradantrieb. Doch vor allem mit Heckantrieb bereiten auch schnelle Kurven Freude. Und wer für die Ferien zum Beispiel ein SUV möchte, der kann das unkompliziert über seinen Assistenten buchen. Einen vergleichbaren Service muss man dann schon sehr lange suchen. Oder man bezahlt ihn teuer. Die Frage ist, wie sich all das bei einem Startpreis von 47 600 Franken rechnet. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass die Einführung neuer Marken nur von Erfolg gekrönt ist, wenn ein eigener, anderer Weg eingeschlagen wird. Vielleicht müsste sich Genesis deshalb einen weiteren Slogan zu Gemüte führen: «It’s always the same, it’s just a shame» – «es ist immer dasselbe, das ist schade» aus dem 1983er-Welthit «That’s all», gesungen tatsächlich von Phil Collins.
Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.