Audi S5 Cabrio: zusammen, was zusammengehört

Audis Entschied, bei den S-Modellen auf ­Diesel zu setzen, kam nicht nur gut an. Umso schöner, dass der S5 Cabrio ein Benziner bleibt.

Der Aufschrei war klar zu hören, als Audi im Fühling 2019 verkündete, dass es den neuen S5 nur noch mit Dieselantrieb geben werde. Ja, die 700 Nm waren ein kräftiges Argument für den Dreiliter-TDI, aber wie Diesel und Sportlichkeit unter einen Deckel zu bringen sein sollten, das verstanden die Fans der S-Modelle nicht wirklich. Früher lief der ikonische 4.2-Liter-Saugmotor unter der Haube der S-Modelle, dann kam der kleinere Drei­liter-Turbomotor, und schliesslich musste sogar dieser seinen Platz unter der Haube von S4 und S5 freimachen für einen Dreiliter-Selbstzünder.

Die ganze S-Reihe ist also von den Dieselmotoren besetzt. Die ganze S-Reihe? Nein, ein unbeugsames Cabriolet hält dem Eindringling stand. Unter dessen Haube darf weiterhin der V6-Turbomotor mit drei Litern Hubraum und heissem V, also innenliegendem Turbolader, arbeiten. Trotz 260 kW (354 PS) beschleunigt das Cabriolet langsamer als Coupé und Sportback mit dem 341-PS-­Diesel, das Werk gibt für den Sprint von 0 auf 100 km/h für das Coupé 4.6 Sekunden an und für das Cabriolet 4.9 Sekunden. Vor allem auf den ersten Metern verliert der TFSI gegenüber dem TDI einige Zehntelsekunden. Die 700 Nm, die beim Dieselmotor anliegen, machen deutlich mehr Dampf als die 500 Nm des Benziners.

Das Gefühl zählt

Aber will man sich wirklich mit solchen Minimaldifferenzen bei der Beschleunigung aus dem Stand aufhalten? Das ist ja doch nicht eine alltägliche Situation. Erst recht nicht beim Cabriolet, bei dem mehr noch als beim Coupé emotionale, gefühlte Werte im Vordergrund stehen. Bisweilen mutet es auch seltsam an, dass dem Cabrio – naturgemäss prädestiniert zum entspannt-zügigen Cruisen – der Diesel vorenthalten bleibt, während das sportliche Coupé keinen Benziner erhält.

Wobei der Antriebsstrang des Benziners – so schnell er auch sein mag – keine Ausgeburt an Sportlichkeit ist. Das ist aber nur bedingt die Schuld des linear hochdrehenden Motors. Vielmehr geht das auf die Kappe des Getriebes. Im Vergleich zum Vorgänger setzt Audi im neuen S5 nicht mehr auf ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, sondern auf eine konventionelle Achtgang-Automatik. Deren Gänge sind lang untersetzt, sodass Tempo 100 locker im zweiten Gang erreicht wird. In den normalen Fahrmodi wechselt dieses die Gänge sanft und schnell, wenn auch nicht ganz so unterbruchslos wie das Doppelkupplungsgetriebe. Im Dynamik-Modus werden die Gangwechsel spürbar hart, es scheint fast, als ob das Auto seine Sportlichkeit beweisen müsste.

Übrigens: Wer wirklich einmal in die Situation eines Drag-Rennens gelangen sollte, kann beruhigt sein. Dank Launch-Control meistert der S5 die Beschleunigung aus dem Stand hervorragend und verfehlte mit einer Zeit von 5.4 Sekunden von 0 auf 100 km/h die Werksangabe nur knapp.

Passt zusammen

Mit offenem Dach und dem letzten warmen Herbstwind in den Haaren über eine schöne Passstrasse zu fahren – das ist die wahre Berufung am Steuer des S5 Cabriolets. Und damit es dabei nicht langweilig wird, hat Audi den Sportler mit einem Allradantrieb und Torque-Vectoring ausgerüstet. So fährt sich der S5 ganz entspannt auch bei höheren Kurvengeschwindigkeiten. Die selektive Verteilung des Antriebsmoments unterstützt den Lenkvorgang und gerade auf engeren und kurvenreichen Strassen hilft das beim Einlenken. Das Drehmoment wird aber stets ausgewogen zwischen den Achsen verteilt, zur kampfbereiten Heckschleuder wird der S5 damit auch bei heftigem Pedaleinsatz nie.

Der S5 Cabrio wikt eher erstaunlich agil für sein Gewicht. Denn: 1880 Kilogramm bringt der S5 Cabriolet gemäss unserer Messung auf die Waage. Damit ist das Cabrio knapp 30 Kilogramm leichter als der Sportback – und bei diesem bemängelten wir das hohe Leergewicht und damit einhergehend eine gewisse Trägheit. Die 30 Kilogramm weniger machen den Braten auch nicht feisser, aber im Gegensatz zum Diesel kann der TFSI die Masse kaschieren und beweist so, dass er genau die richtige Motorisierung ist für ein Auto, das vor allem eines machen soll: Spass.

Ganz ruhig

Das Cabrio ist zum Geniessen da, wie auch die Fahrwerksabstimmung beweist. Zwar ist das Set-up vor allem im Dynamik-Modus eher auf der harten Seite, das gilt aber nicht für die anderen Fahrmodi. Da präsentiert der S5 einen ausgewogenen Kompromiss, und das Cabrio lässt sich präzise durch die Bögen manövrieren. Dazu trägt auch die gegenüber dem Vorgänger höhere Verwindungssteifigkeit der Karosserie bei, die Entwickler von Audi sprechen hier von einem Plus von bis zu 40 Prozent. Ob es genau so gross ist, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist es aber spürbar besser geworden. Dass die Lenkung auch noch ein klein wenig bis ziemlich viel mehr Rückmeldung von der Strasse geben dürfte, ist wohl obsolet zu erwähnen. Das ist bei Audi inzwischen Programm, da wird sich wohl auch nicht so schnell etwas ändern daran.

Was gefällt, ist der Innenraum. Mit den schön gesteppten Halbschalensitzen wirkt unser Testwagen elegant, das Alcantara und die Verkleidungen aus Karbonfaser verleihen ihm den nötigen Hauch Sportlichkeit. Die Massagefunktion auf den Vordersitzen sorgt für den angemessenen Komfort. Bei den herbstlichen Temperaturen nicht mehr nötig, im Hochsommer an der prallen Sonne aber vermisst, ist eine Sitzbelüftung. Jetzt hätten wir lieber eine Nackenheizung – die es aber leider auch nicht gibt. Während man dem unaufdringlichen Brabbeln des V6 gerne lauscht, wird es bei höheren Geschwindigkeiten laut und luftig im Innenraum. Da empfiehlt es sich auf jeden Fall, das Windschott mitzubestellen, das es für 460 Franken extra gibt. Das Stoffverdeck lässt sich bis Tempo 50 in 15 Sekunden öffnen und schliessen. Ist es geschlossen, wird es angenehm ruhig im Inneren. Das mehrlagige, lärmschluckende Gewebe vermag die Fahrgeräusche nicht ganz auf das Niveau eines Stahldaches zu reduzieren, aber auch bei hoher Geschwindigkeit sind Unterhaltungen und Telefonate problemlos möglich.

Das heikle Thema

Mindestens 97 300 Franken kostet das Cabriolet des S5. Ob das viel ist oder nicht, das überlassen wir dem Empfinden des potenziellen Käufers. Tatsache ist: Es sind rund 6500 Franken mehr als für einen Sportback. Dafür gibt es aber auch einen Antrieb, der zum fahrspass-orientierten Charakter des Autos passt. Die Aufpreisliste umfasst bei unserem Testwagen unter anderem diverse Assistenzpakete, Infotainment, Matrix-LED-Scheinwerfer, sowie die schönen 20-Zoll-Felgen und summiert sich auf rund 20 000 Franken. Auch dies passt zum Charakter des Autos.

Testergebnis

Gesamtnote 78/100

Antrieb

Benzin statt Diesel gibt es beim Audi S5 nur noch im Cabriolet. Diese Motorisierung passt zum Charakter eines S-Modells. Der Allradantrieb mit Torque-Vectoring ist nicht zu hecklastig.

Fahrwerk

Die Lenkung ist ziemlich präzise, bietet aber wenig Rückmeldung von der Strasse. Die Fahrwerksabstimmung dürfte etwas weniger hart sein.

Innenraum

Der Innenraum des S5 Cabrio gefällt mit einer schönen Verarbeitung und hochwertigen Materialien. Das Stoffverdeck sorgt für erstaunliche Ruhe im Innenraum, bei offenem Verdeck und ohne Windschott wird es laut. Das Platzangebot ist naturgemäss beschränkt.

Sicherheit

Gegen einen ordentlichen Aufpreis packt Audi alle möglichen Assistenzsysteme ins Auto. Die Ergonomie ist vorbildlich, die Ablenkung während der Fahrt somit gering.

Budget

Schönheit kostet – mindestens 97 300 Franken im Falle des S5 Cabriolet. Und gerade genügsam ist der V6-Benziner auch nicht.

Fazit 

Beim Audi S5 Cabriolet passt sehr vieles zusammen. Das hübsche Interieur, der starke Dreiliter-V6, die sanfte Achtgang-Automatik – alles lädt dazu ein, an einem schönen Tag mit offenem Dach über eine kurvige Passstrasse zu cruisen. Man wünscht sich diesen Antrieb auch für Coupé und Sportback.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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