Škoda Fabia: mit einem Bein in der Mittelklasse

Der Škoda Fabia legt in der Grösse markant zu und bestätigt einmal mehr, dass ein gutes Platzangebot ein starkes Argument ist.

Die Aufgabenteilung der verschiedenen Marken ist im VW-Konzern klar geregelt, und eigentlich ist Škoda für die kleinen MPI-Motoren zuständig. Zudem kommt neu auch noch die Entwicklung der Stromerkleinwagen hinzu, derzeit also der Modelle Volkswagen ID 1 und ID 2, des Seat Acandra und natürlich des Škoda Elroq. Zum Glück wirkt sich diese neue Verantwortung nicht negativ auf die Verbesserungen der bestehenden Modellpalette von Škoda aus, wie die vierte Generation des Fabia beweist.

Komplette Neuentwicklung

Der Škoda Fabia 4 ist eine komplette Neuentwicklung. Das Modell schickt die bisherige PQ26-Plattform, welche eine Mischung des PQ25-Unterbaus des Golf 5 und der MQB-Architektur des Golf 7 darstellte, in Pension. Als Ersatz kommt die MQB-A0-Plattform zum Einsatz, wie sie allen jüngeren Kleinwagen des Volkswagen-Konzerns als Basis dient. Dank der neuen Architektur kann Škoda den Radstand um 94 auf 2564 Millimeter strecken – und übertrifft damit gar den Octavia der ersten Generation! Der Neue wartet denn auch mit einem besonders grosszügigen Interieur auf. Das Raumgefühl ist verblüffend, die Beinfreiheit auf den Rücksitzen stünde auch Autos der nächsthöheren Klasse gut an. Das Fassungsvermögen des Gepäckraums nimmt um ganze 50 Liter auf 380 Liter zu. Mit umgeklappten Rücksitzlehnen kommt der Fabia gar auf 1190 Liter. Mit solchen Werten liegt er auf Augenhöhe mit dem VW Golf und übertrifft jene des Ford Focus, beides Vertreter der Mittelklasse, nota bene. Dank seines Grössenwachstums wartet der neue kleine Škoda nicht nur mit mehr Innenraum auf, er durchbricht auch erstmals die symbolische Schallmauer der Viermetermarke. Die grösseren Abmessungen lassen sich natürlich im Stadtverkehr nicht leugnen: Der Fabia hat mehr Mühe als sein Vorgänger, einen Parkplatz zu finden.

Nur mit Benziner

Škoda setzt beim Motorangebot zunächst auf zwei Varianten des Dreizylinder-Benziners mit 999 Kubikzentimeter Hubraum. Die freisaugende Version (MPI) leistet 59 kW (80 PS), der Turbomotor (TSI) kommt auf 81 kW (110 PS). Als Topmodell bietet der tschechische Hersteller den 1.5-Liter-TSI-Vierzylinder mit 110 kW (150 PS) an. Selbstzünder und Hybridmodelle sucht man beim Fabia vergebens. Das wirft die Frage auf, wie die Techniker aus Mlada Boleslav ihrem jüngsten Kind einen annehmbaren Verbrauch anerziehen wollen. Um nicht zu arg über die Marke von 5 l/100 km hinauszuschiessen, setzten die Entwickler vor allem auf die Aerodynamik und simulierten im Computer mehr als 3000 Detaillösungen. Das Resultat kann sich sehen lassen: der cw-Wert beträgt bloss 0.28. Allein die variabel öffnenden Jalousien in den vorderen Lufteinlässen sparen bei konstant 120 km/h bis zu 0.2 l/100 km ein.

Der schwächere Dreizylinder-Sauger wird nur mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe angeboten. Für die Turbovariante kann der Kunde zwischen einem manuellen Sechsgang-Getriebe und einem Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Stufen wählen. Der Vierzylinder mit 150 PS ist nur mit dem Doppelkupplungsgetriebe erhältlich. Wie für alle anderen Ableger der MQB-A0-Plattform gilt auch beim Škoda Fabia: Einen Allradantrieb gibt es nicht.

Komfort hat Priorität

Am Lenkrad zeichnet sich der Kleinwagen aus Tschechien mehr durch seinen Komfort als durch seine dynamischen Fahreigenschaften aus. Das war auch die Absicht der Škoda-Ingenieure, wie die Verantwortlichen bei der Fahrzeugvorstellung erklärten. Sie wählten deutlich nachgiebigere Stossdämpferkennlinien als ihre Kollegen aus Wolfsburg. Das Resultat ist eine ungewohnt ausgeprägte Seitenneigung der Karosserie bei flotter Kurvenfahrt. Und das trotz der verbesserten Verwindungssteifigkeit des MQB-A0-Fahrgestells mit seinem hohen Anteil an hochfestem Stahl. Mit aggressiven Fahrmanövern vermag der Fahrer die Hinterachse sogar zum Ausbrechen zu verleiten.

Wir nahmen als erstes das Einsteigermodell mit dem 80 PS starken MPI-Aggregat unter die Lupe. Der Kleinwagen ist damit sehr zurückhaltenden motorisiert. Die Lebensäusserungen des Dreizylinders fallen zwar nicht unangenehm aus, aber das Temperament ist für das Hier und Heute einfach zu schwach. Der MPI gibt das überzeugendste Argument dafür ab, zum Turbo-Fabia aufzusteigen. Der lebhaftere TSI sorgt beispielsweise für viel weniger feuchte Handflächen, wenn es ums Überholen geht. Dennoch kann auch bei vollem Ausdrehen der kleinen Maschine nie von Fahrspass die Rede sein. Die einzige wirklich überzeugende Wahl ist wahrscheinlich der Vierzylinder mit 150 PS. Wir hatten leider noch nicht die Gelegenheit, den 1.5 unter die Lupe zu nehmen, aber dieser Motor ist von anderen Modellen des Volkswagen-Konzerns bestens bekannt und überzeugt in allen Anwendungen. Interessenten müssen sich allerdings in Geduld üben, denn die Topversion wird erst später nachgeschoben.

Überzeugendes Interieur

Der Fabia spielt seine Stärken im Interieur aus. Das Armaturenbrett protzt (gegen Aufpreis) mit einer digitalen 10.15-Zoll-Instrumentenanzeige und einem 9.2 Zoll grossen Mittelbildschirm. Graue und kupferfarbene Nähte in den Stoffverkleidungen bringen einen höchst willkommenen Farbtupfer in den Innenraum. Die Farbakzente finden sich auch an den Sitzen wieder. Besonderes Lob wollen wir den Innendesignern dafür aussprechen, dass sie nicht alle physischen Schalter ausmerzten und für die Bedienung auf eine Kombination aus Touchscreen und echten Schaltern setzen. Gerade die Klima- und Lüftungsanlagen sind so leicht und intuitiv zu regulieren.

Die Kunststoffe sind von guter Qualität, auch wenn sie nirgends aufgeschäumt wurden. Zumindest die Armaturenbrettabdeckung hätte diese griffsympathische Aufwertung verdient. Der tschechische Hersteller lässt sich bei der Sicherheitsausstattung nicht lumpen und sieht neben neun Airbags auch eine ganze Batterie von aktiven und passiven Systemen vor, darunter den Travel-Assist mit adaptivem Tempomat und Spurassistent, die Verkehrszeichenerkennung oder auch der Parkassistent.

Der Škoda Fabia ist mit einer Auflage von mehr als 4.5 Millionen Einheiten ein Riesen­erfolg, und die neue Generation dürfte dem Siegeszug des (nicht so) kleinen Tschechen neuen Schub verleihen. In der Schweiz sollten auch die Preise eine ordentliche Verbreitung garantieren, denn der Importeur setzt für das Einstiegsmodell 18 790 Franken an (Škoda Fabia Ambition 1.0 MPI mit 80 PS). Wer also Wert auf ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis legt, der kommt um den neuen Fabia nicht herum.

Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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