Audi Q4 E-Tron: Baukasten-Premium

Unter dem Blech steckt der Baukasten von Volkswagen. Optik, Haptik und Fahrverhalten weisen den neuen Q4 E-Tron und seinen Karosserieableger Sportback aber als einen typischen Audi aus.

Autor: Klaus Justen

Mit einer Länge von 4.59 Metern sortiert sich der Audi Q4 E-Tron zwischen den SUV-Modellen Q3 und Q5 ein. Geht es aber um die inneren Werte, spielt das erste kompakte Elektromodell des deutschen Herstellers in einer anderen Liga: Auf den hinteren Plätzen konkurriert der Q4 E-Tron mit der SUV-Oberklasse. In einem Q7 gibts auch kaum mehr Beinfreiheit.

Knappe Überhänge und ein Radstand von 2.76 Metern schaffen viel Platz im Innenraum bei einem Kofferraumvolumen, das sich mit 520 Litern als tauglich für Familienferien erweist. Der lange Radstand in Kombination mit dem beachtlichen Fahrzeuggewicht, das mit der grösseren Batterie über 2.2 Tonnen liegt, verleiht dem Audi Q4 E-Tron einen souveränen Geradeauslauf, den man sich nicht durch umständliches Rangieren erkaufen muss, wenn es einmal enger wird. Mit einem Wendekreis von 10.2 Metern qualifiziert sich der Q4 E-Tron als wendigstes Fahrzeug der Marke. Nicht einmal der Kleinwagen A1 kann da mithalten.

Allradantrieb gefragt

In drei Antriebskonfigurationen führt Audi den Q4 auf dem Schweizer Markt ein. Als Basis dient der Q4 E-Tron 35 mit einer 55-kWh-Batterie. Sie speist einen Permanent-Synchronmotor, der an der Hinterachse sitzt und eine Leistung von 125 kW (170 PS) abliefert. Etwas mehr als 300 Kilometer Reichweite sind mit dem Basismodell nach WLTP möglich, der Einstiegspreis liegt knapp unter 50 000 Franken.

Das grössere Interesse bei den eidgenössischen Kunden erwartet Audi für die beiden stärkeren Varianten, die auch für erste Testfahrten zur Verfügung standen. Sie sind mit einer 82-kWh-Batterie bestückt, den Unterschied macht das Antriebskonzept: Der Q4 E-Tron 40 treibt mit 150 kW (204 PS) ebenfalls nur die Hinterachse an, während der Q4 E-Tron 50 an der Vorderachse zusätzlich noch auf einen fremderregten Asynchronmotor  zugreifen kann. Im Normalfall läuft der vordere Motor nur mit. Wenn es auf Vortrieb beim Beschleunigen oder die gleichmässige Kraftverteilung auf alle vier Räder in Kurven oder in kritischen Fahrsituationen ankommt, mobilisiert das System mit beiden Motoren 220 kW (299 PS) Leistung und 460 Newtonmeter Drehmoment. Das zahlt sich auf den Fahrspass aus, kostet aber Reichweite – mit Allradantrieb sind es nach WTLP an die 490 Kilometer, mit dem Hecktriebler bis zu 520 Kilometer.

Knapp 7000 Franken beträgt also der Aufschlag für Allradantrieb und mehr Leistung. Wer oft auf bergigen und mitunter auch verschneiten Strecken unterwegs ist, wird vermutlich nicht lange überlegen, wenn es das Budget hergibt. Der Leistungsunterschied ist zudem deutlich spürbar. Das Quattro-Modell kommt schneller aus den Startlöchern und spielt auf kurvigen Landstrassen  seine Stärken konsequent aus, die da heissen Agilität, Spurtreue und direkte Lenkung. Das Plus bei Leistung und vor allem Drehmoment im Vergleich zum Heckantriebsmodell lässt sich nicht nur an den nackten Beschleunigungswerten ablesen. Die sind zwar im Alltag eher theoretischer Natur, ebenso wie die Tatsache, dass der 50 Quattro erst bei Tempo 180 und der Hecktriebler schon bei 160 abgeregelt wird. Was im Alltag aber zählt, ist dieses Quäntchen mehr an Souveränität, das den Q4 E-Tron 50 Quattro auszeichnet. Aber, um es zu betonen: Wir sprechen hier von Unterschieden, die auf dem täglichen Weg zur Arbeit eher nicht ins Gewicht fallen. Die Fahrt mit dem Q4 E-Tron 40 zeigte auch dessen Stärke: Mitten hinein in den Pfingstverkehr mit viel Stau, meldete am Ende der Testfahrt der Bordcomputer einen Verbrauch von nicht einmal 18 kWh/100 km. Das ist aller Ehren wert für ein Fahrzeug dieses Formats. Mit dem stärkeren Q4 E-Tron 50 Quattro waren es am Tag darauf bei einer Überlandroute, die einem Schweizer Autobahnmix entspricht, rund 21 kWh/100 km. Ab September wird es mit dem Q4 E-Tron 45 Quattro eine Kompromisslösung geben, mit 195 kW (258 PS) und 3500 Franken günstiger als das Topmodell.

Augmented Reality

Im Fahrmodus D ist das System eher auf Segeln als hohe Rekuperation ausgelegt. Durch zwei Schaltwippen am Lenkrad lässt sich die Energierückgewinnung situativ erhöhen. Tendenziell günstigere Verbrauchswerte verspricht der Q4 Sportback E-Tron, der im Spätsommer auf die Strasse kommen soll. Der bessere Luftwiderstandsbeiwert soll gut sein für eine höhere Reichweite, wenngleich noch nicht alle Homologationswerte vorliegen. Auch der Preis für den Sportback steht noch nicht fest – man wird sich wohl auf 2000 bis 3000 Franken mehr als für den SUV einstellen müssen.

Beim Einstieg hinten in den Sportback merkt man als gross gewachsener Mensch die Dachlinie ebenso wie im Sitzen, der Luftraum über dem Scheitel ist spürbar geschrumpft. Die Kopfstützen auf den hinteren Plätze sollten ab 1.85 Metern Körpergrösse im Q4 generell ein wenig höher einstellbar sein. Überraschend: Der Kofferraum im Sportback ist trotz gleicher Aussenmasse und schrägerer Heckform um 15 Liter grösser, hier machen sich effizienter ausgenutzte Ecken bemerkbar. Unter dem Kofferraumboden befindet sich in beiden Karosserieversionen eine zweite Ebene, die flache Gegenstände aufnimmt – und wo sich auch die Hutablage unterbringen lässt, wenn man diese entfernt, um Gepäck höher stapeln zu können.

Auf den vorderen Sitzen des Q4 E-Tron werden Fahrer und Beifahrer von einem dreidimensionalen Cockpit umschlossen. In der Mitte thront das zentrale Touchdisplay, das in seinem grössten  Format 11.6 Zoll misst. Darunter ragt eine Bedieninsel nach innen, auf der unter anderem der Wählhebel für den Fahrmodus sitzt. Neben dem digitalen Display mit Tacho kann man optional ein Head-up-Display mit Augmented Reality bestellen. Hier werden Hinweise, etwa zum Abbiegen, schon weit entfernt ins Blickfeld des Fahrers eingeblendet, der Abbiegepfeil ist also tatsächlich dort, wo die Strasse abzweigt.

Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.


«Audi hat sich der ­Elektrifizierung verschrieben»

Autor: Ramon Egger

Anlässlich der Lancierung des neuen Elektromodells Q4 E-Tron hat sich die AUTOMOBIL REVUE kurz mit Dieter Jermann unterhalten. Er sei zuversichtlich, dass schon bald jeder vierte verkaufte Audi ein Elektroauto sei, sagt der Brand Director von Audi Schweiz.

AUTOMOBIL REVUE: Welchen Stellenwert hat die Elektromobilität für Audi in der Schweiz heute?

Dieter Jermann: Die Relevanz der E-Mobilität für Audi ist in der Schweiz und beim Hersteller bereits hoch und steigt kontinuierlich an. Der Audi E-Tron verzeichnete im zweiten Jahr nach der Markteinführung einen Rekord von 904 Immatrikulationen und war damit klarer Marktleader in seinem Segment der E-Fahrzeuge. Zudem hatte Audi Schweiz erstmals Anfang 2021 die Marktführerschaft in der Kategorie der alternativen Antriebe inne.

Und was sind die Zukunftspläne?

Mit der Lancierung des Q4 E-Tron in zwei Karosserieformen werden wir neue Segmente erschliessen und im zweiten Halbjahr eine starke Erhöhung des E-Anteils verzeichnen können. Die E-Mobilität wird weiterhin an Bedeutung gewinnen, das steht fest. Audi hat sich klar der Elektrifizierungsstrategie verschrieben, und die trägt bereits Früchte. Wir planen 2021 bereits einen E-Anteil von über 15 Prozent und sind zuversichtlich, diesen in den kommenden zwei Jahren in Richtung 25 Prozent bewegen zu können.

Was fährt Dieter Jermann lieber, einen schönen V8 oder ein Elektroauto?

Generell schätze ich die Vielfalt und begrüsse es sehr, dass wir eine grosse Auswahl an verschiedenen Antriebsformen und Fahrzeugmodellen anbieten. Ich habe das Privileg, als Dienstwagen den vollelektrischen Audi E-Tron zu fahren. Seit der Markteinführung 2019 fahre ich mit grosser Überzeugung und Begeisterung dieses fantastische Elektrofahrzeuge. Zurzeit fahre ich einen Audi E-Tron Sportback S, welcher mir täglich wegen der direkten und sehr sportlichen Beschleunigung grossen Fahrspass bereitet. Hinzu kommt das angenehme und leise Fahren, was auch ganz klar zu einem Mehrwert in meinem Alltag wurde.

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