Alles Roger mit Penske

Das Comeback der Thunerin bei den 500 Meilen von Indianapolis rückt näher. Mit Blick auf die Siegerliste glaubt sie an eine eigene Erfolgsstory.

Seit Montag hat Simona de Silvestro nur noch eines im Kopf: Die Indy 500 Ende Mai. Nach dem Auftaktwochenende des ADAC GT Masters in Oschersleben (D) hüpfte die 32-jährige Thunerin quasi in den nächsten Flieger mit Destination Indianapolis, Indiana, USA. Oder von einem 550 PS starken Porsche 911 GT3 in einen Dallara-Chevrolet mit bis zu 700 Horsepower. Mit Letzterem jagt de Silvestro seit Dienstag durch das 2.5 Meilen lange und berühmteste Oval der Motorsportwelt. Nach drei Testtagen folgen am Samstag und Sonntag die Qualifikationsrennen, bevor es eine Woche später, traditionell am letzten Sonntag des Monats Mai, zum Start des 500-Meilen-Spektakels, heisst: «Start your engines!» Im Gespräch mit Simona de Silvestro hört man die Freude über dieses nächste Highlight ihrer Karriere – obwohl sie zwischen 2010 und 2015 schon fünf Mal im berühmt-berüchtigten Nudeltopf startete. Die Indy 500 schmecken eben jedem Rennfahrer, genauso wie die 24 Stunden von Le Mans oder der Grand Prix von Monaco. «Bei Porsche hat man mir sofort grünes Licht gegeben», erinnert sich die Werksfahrerin und grinst.

Für de Silvestro ist es nicht bloss ein Comeback bei den Indy 500, es ist ein besonderes Ereignis. Sie ist Teil der Mission von Teamchefin Beth Paretta, die als ehemalige Leaderin von Fiat-Chrysler und mit der Unterstützung der Racing-Legende Roger Penske mit einem Frauenteam bei einem der berühmtesten Rennen der Welt antreten will. Schon 2016 hatte Paretta sich für diese Idee stark gemacht, scheiterte aber noch aus Budgetgründen. De Silvestro ist begeistert: «Ich war ja schon in der ersten April-Hälfte für Testfahrten drüben. Es läuft rund im Team, Beth hat es wirklich geschafft, auch Frauen zu engagieren, die bei den Boxenstopps über die Mauer springen werden.»

Eine wertvolle Unterstützung

Und wie fühlte es sich an, sich nach vielen Jahren und Motorsport in Australien und Europa wieder in einen Monoposto der Indycar-Championship zu zwängen? «Das Auto fühlt sich super an, die Unterstützung von Penske macht sich wirklich bezahlt.» Nach drei Testtagen belegte sie Platz 21 von 31 mit einem Speed von 223.519 Meilen pro Stunde und 0.5968 Sekunden Rückstand auf den zweimaligen Indycar-Champion und Penske-Kollegen Josef Newgarden (226.819 mph). «Diese Autos liegen mir, auch wenn ich mich erst wieder daran gewöhnen musste.» Ab 2016 fuhr Simona de Silvestro hauptsächlich V8-Supercars, also Tourenwagen, in Australien oder eben seit letztem Jahr, als sie als erste Frau bei Porsche einen Werksvertrag bekam, GT3-Boliden. «Diese verschiedenen Autos zu fahren bedeutet, dass du dich umstellen musst. Das ist nicht immer ganz easy. Aber im Fall der 500 Meilen von Indianapolis habe ich das nur zu gerne auf mich genommen», sagt sie. «Ich bin wirklich happy, dass ich zurück bin bei den Indycars. Diese Serie hat meiner Karriere richtig Schub gegeben.» Seit dem Feuerunfall 2010 beim Indycar-Lauf auf dem Texas-Motorsport-Speedway ist die ehemalige Swiss Miss für die Amis nur noch die Iron Maiden.

Ready für das sechste Indy-500-Abenteuer: Die Thunerin Simona de Silvestro im Dallara-­Chevrolet des Frauenteams Paretta Autosport.

Platz nehmen im Aquarium

Ganz wie zu Hause fühlte sich dennoch nicht alles an. Da ist zum Beispiel der Aeroscreen. Die unübersehbare Windschutzscheibe, bestehend aus ­einem Titanrahmen und einer fast zehn Millimeter dicken Polycarbonat-Scheibe, ist für ein Indycar das, was für einen Formel-1-Boliden der Halo ist. «Wir Fahrer sind so bei Unfällen schon besser geschützt als noch 2015, als ich letztmals in der Indycar-Meisterschaft gefahren bin», sagt de Silvestro – und schmunzelt: «Zuerst habe ich gedacht, ich steige in ein Aquarium.» Mit dem Aeroscreen sei das Sitzen im Auto komplizierter, war der Thunerin vorher zu Ohren gekommen, «aber es geht». Um einen sogenannten Refresher-Test kam die Rückkehrerin auch nicht herum: «Erst mussten wir 15 Runden mit einem Schnitt von 210 bis 215 mph hinlegen, dann nochmals 15 Runden mit über 215 mph. Aber es war schon witzig, wenn du dir die Gruppe angeschaut hast: Da waren auch Juan-Pablo Montoya und Hélio Castroneves dabei, beide schon Sieger bei den Indy 500!»

Es heisst, dass man sich bei der 500-Meilen-Hatz unmöglich einen Sieg oder eine Siegesstrategie ausrechnen könne. Die Indy 500 suchten sich ihren Sieger selbst aus, heisst es. Dennoch rechnet sich Simona de Silvestro mit dem Team Paretta Autosport eine Chance aus. Der 14. Platz von 2010, ihr bestes Resultat bei bisher fünf Starts bei den 500 Meilen von Indianapolis, wackelt. «Diese Chance, die ich dieses Jahr habe, ist so gewaltig! Natürlich, es braucht immer auch Glück. Aber wenn man hart arbeitet, dann tust du auch etwas für dein Glück. Dazu kommt, dass ich noch nie über ein derart gutes Auto bei den Indy 500 verfügt habe. Ich meine, schau dir nur die Siegerliste an: Seit 1972 hat 18-mal ein Penske-Pilot gewonnen. Das waren unter anderem Al und Bobby Unser, Emerson Fittipaldi, Rick Mears, Hélio Castroneves. Das hat man schon im Hinterkopf.» Eben, gerade hat Simona de Silvestro nichts anderes als die Indy 500 im Kopf.

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