Er wurde ganz schön kritisch beäugt, als er 1965 auf den Markt kam. Weder Fisch noch Vogel sei er, hiess es, halt nicht richtig offen und schon gar nicht richtig geschlossen (die ersten Ausführungen verfügten hinten über eine flatternde Kunststoffscheibe). Man nahm ihn nicht richtig ernst, den Targa, die ersten Modelle waren eigentlich eine Fehlkonstruktion: Entfernte man das Dachteil, musste man auch die hintere Kunststoffscheibe demontieren, denn sonst konnte das filigrane Teil bei Geschwindigkeiten von mehr als fünf km/h arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Das wurde besser, als hinten eine anständige Glasscheibe angebracht wurde. Die ganz frühen Modelle des Targa verkauften sich entsprechend schlecht.
Wieder einmal Amerika
Und wer war schuld an dieser eigenartigen Konstruktion? Die Amerikaner, wie fast immer. Denn Anfang der 1960er-Jahre gab es in den Vereinigten Staaten Vorstösse, Cabriolets zu verbieten. Nach einigen schweren Unfällen mit offenen Fahrzeugen war der Ruf dieser Autos ruiniert, sie standen wie Blei in den Showrooms. Und nicht wenige forderten, sie gleich ganz zu verbieten. Der Targa war die Lösung, dank des feststehenden Überrollbügels war die Sicherheit auch bei einem Überschlag gegeben. Zumindest theoretisch, denn den Beckengurt legten damals die wenigsten an, und erst recht nicht straff. So purzelten auch mit dem Targa die Insassen ungebremst aus dem Auto – mit entsprechenden Folgen.
Den Namen hat der Targa mit grösster Wahrscheinlichkeit von der Targa Florio, jenem legendären Rennen auf Sizilien, bei dem Porsche ab 1956 einige seiner schönsten Rennsportsiege erzielte. Targa bedeutet auf italienisch zudem Schild, und genau das ist das herausnehmbare Dachteil ja eigentlich. Erfinder des Targadachs waren die Stuttgarter aber wohl nicht, die Idee mit dem Überrollbügel und den demontierbaren Dachteilen hatten die Engländer schon vorher gehabt. Das Wetter auf der britischen Insel ist bekanntlich nicht nur gut, man suchte nach einer Lösung, bei Regen schneller ein Dach über dem Kopf zu haben als beim Cabrio.
Aber Cabriolet ist ein gutes Stichwort. Selbstverständlich hatte Porsche in der Konzeptionsphase für den 901 auch an ein Cabrio gedacht. Im Juni 1964, neun Monate nach der Vorstellung an der IAA 1963, wurde beschlossen, dass es im Fertigungsplan für den Zeitraum von Ende 1964 bis Ende 1965 Platz für einen offenen 911er geben sollte (die Umbenennung von 901 zu 911 erfolgte am 5. November1964). Karmann in Osnabrück wurde mit der Konstruktion beauftragt und lieferte am 10. September 1964 tatsächlich einen komplett offenen 901. 1965 musste der sehr offene 901 dann aber die Versuchsabteilung verlassen, denn bei Porsche hatte man sich unterdessen für die Konstruktion des Targa entschieden. Einen komplett offenen 911 gab es erst ab Modelljahr 1983.
Wie kommt man auf vier Targa?
Es haben schon manche Porsche-Liebesgeschichten so begonnen: Der kleine Aschi erhielt einen Porsche 356 geschenkt. Ein Spielzeug, Distler Electromatic 7500. Doch für den zehnjährigen Buben war gleich klar, dass er irgendwann einen echten Porsche besitzen würde. Es sollten aber fast 30 Jahre ins Berner Hinterland ziehen, bis er sich einen neuen 911 Targa Carrera 2 (964) leistete. Dass es so lange dauerte, lag nicht am fehlenden Spaziergeld, aber im Dorf, in dem Aschi lebte und arbeitete, fuhr man keine Porsche, sondern lebte bescheiden und arbeitete viel.
Unterdessen sind es vier Porsche 911 Targa. Zuletzt ein 991, der letzte Targa dieser Baureihe, der in der Schweiz ausgeliefert wurde. Wieder mit dem silberfarbenen Überrollbügel, der die ersten 911 Targa ab 1965 zur Stilikone gemacht hatte. Wie Aschis andere 911 Targa in Indisch-Rot. Warum Indisch-Rot? «Eine andere Farbe kam für mich seit dem 356er-Spielzeug gar nie in Frage», sagt er. Und warum Targa? «Mir hat weder das Cabrio noch das Coupé gefallen, damals», erzählt der Berner, der hier nicht mit vollem Namen genannt werden will, «für mich war 1990 von Anfang an klar, dass es ein Targa sein musste.»
Vom Arzt verschreiben lassen
In der kleinen, aber sehr feinen Targa-Sammlung von Aschi befindet sich auch ein G-Modell, Jahrgang 1978, mit dem Dreilitermotor. Das ist jene Maschine mit dem unverkennbaren, metallischen Geräusch. Das älteste Fahrzeug im indisch-roten Fuhrpark ist der 72er-Targa, den Aschi über Jahre aufwändig hat restaurieren lassen, der sich heute fast schöner präsentiert als einst, als er über einen deutschen Porsche-Händler an seinen ersten Besitzer in Schweden ausgeliefert wurde. Viel gefahren wurde das gute Stück seit Vollendung der Restauration noch nicht, und wohl auch deshalb huscht ein glückliches Lächeln über Aschis Gesicht, als er den Motor startet. Es dauert einen Moment, bis man sich mit den beiden Vergasern über das richtige Kommunikationsverhalten geeinigt hat. Man ist als Fahrer moderner Autos, etwa des 2016er-Targa, schon sehr verwöhnt. Pedal runter, am Schlüssel drehen – die Elektronik wird es dann schon richten. Das war früher anders, es brauchte (und braucht) einen feinfühligen Gasfuss, bis der Sechszylinder-Boxer schön rund läuft. Aber es ist ein grandioses Vergnügen, wenn der Boxer im Heck mahlt, stampft und ächzt mit seinem so typischen Geräusch – und im offenen Targa hört man das am besten.
Manchmal lädt Aschi ein paar Kollegen ein, dann werden die vier Targa gemeinsam ausgefahren. Der Hausherr bewegt am liebsten seinen ersten Porsche, den 964er. Der kleinen Gruppe ist dann viel Aufmerksamkeit sicher, gleich vier 911 Targa unterschiedlicher Baujahre sieht man selten zusammen, vier 911 Targa in Indisch-Rot wohl sonst gar nie. Egal, welchen man bewege, sagt Aschi, sie hätten alle ihren ganz eigenen Charakter, sie tönten alle ganz anders, sie führen sich alle ganz anders. Wenn die Herren danach im Garten sitzen und über ihre Porsche plaudern, dann ist die Welt mehr als nur in Ordnung. Man müsste sich solche Tage vom Arzt verschreiben lassen.
Mit dem Porsche Targa hat man das Beste aus 2 Welten. Offen aber sicher. Vor allem die schmalen, ersten F-Modelle sind wunderbare, leichte Fahrmaschinen mit ausreichend Leistung. Dabei geht es nicht um reine Geschwindigkeit, sondern genussvollem Fahren mit genügend PS. Die neueren Supersportwagen mögen mehr können, sind aber langweiliger da viel zu perfekt. ich freue mich an jedem alten Auto, welches noch auf der Strasse fährt und nicht nur in einem Museum steht.