Das Jahr 2020 war in vielerlei Hinsicht aussergewöhnlich. Dem schliesst sich unsere Bestenliste an, auf der einige exklusive Sportler zu finden sind. Doch aufgepasst: Jeder von ihnen zeugt von einer herausragenden Ingenieursleistung, trumpft mit interessanten technischen Lösungen auf und hat den Platz in den Top Ten redlich verdient. Gleiches gilt für die alltäglicheren Autos, die sich den Platz unter den besten Zehn mit spannenden und teils mutigen Konzepten ebenfalls hart erarbeiten mussten.
Auf den folgenden Zeilen zeigen wir ausserdem weitere Ranglisten, darunter die Segmentsieger, die einen anderen Blick auf unsere Testwagen ermöglichen. Weiter haben wir jeden unserer Testfahrer gefragt, was sein persönliches Highlight im Rahmen der diesjährigen Tests war, und was ihm weniger gefallen hat. Und wir verraten, welches Auto herauskommt, wenn man den Durchschnitt aus all unseren Testwagen nimmt.
Er ist unser Champion 2020: Der McLaren 600 LT. Als (noch) schärfere Version des 570S schafft es der 600LT sogar, seinen grossen Bruder 720S vom Treppchen zu stossen. Wie ist denn das möglich – hat er doch satte 120 PS Leistung weniger? Pure Leistung ist eben doch nicht alles, was zählt. Der V8 ist charakterstark, der Sound sorgt für Gänsehaut. Und die Stärken des 600LT gehen weit über den Motor hinaus: Sein radikales, kompromisslos auf Fahrspass ausgerichtets Temperament überzeugte unser Testteam nahezu restlos. Auf ein elektronisch geregeltes Torque-Vectoring verzichteten die Ingenieure in Woking (GB), weil es sich nicht natürlich genug anfühlt habe. Und dass immer noch eine hydraulische Servolenkung verbaut wird, spricht Bände. Der Fahrgenuss ist ungefiltert und echt. Und teuer, ja, aber im Segment der Supersportler ist das halt zweitrangig.
Wir können es nur immer und immer wieder sagen: Der Porsche 911 Turbo S ist aussergewöhnlich. Bei einigen Modellen dieser Top-Ten-Liste wie den beiden McLaren lässt sich darüber streiten, ob sie in dieselbe Rangliste wie herkömmliche Strassenautos gehören. Beim Porsche 911 Turbo S kann man sagen: ja, unbedingt! Denn der Porsche ist nicht nur brutal schnell, sondern auch ungeahnt alltagstauglich. Klar, zu Ikea fahren will und kann man damit nicht, alles andere geht aber beinahe ohne Einschränkung und Rückenschaden vonstatten. Die Spreizung des Turbo S sucht ihresgleichen, die Ingenieursleistung ist beeindruckend. Den Spitzenplatz verfehlt der 911 nur, weil er alles richtig machen will.
Einen Focus RS gibt es leider nicht mehr, aber auch der ST konnte unsere Tester überzeugen. Zu seinen Qualitäten gehört der einzigartige Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit, den der Ford Focus ST bietet. Konkret ist es die saubere Abstimmung von Fahrwerk, Lenkung, manuellem Getriebe und Motor, die für eine willkommene Abwechslung im Alltag sorgt. Der 2.3-Liter-Turbobenziner überzeugt mit seinem Charakter und dem relativ zurückhaltenden Verbrauch. Ein verdienter zweiter Platz für den Focus ST also – unter den Vernünftigen ist er der Sieger.
Und noch ein McLaren. Die Luft ist dünn im Segment der Supersportwagen, und Spielraum für Fehler gibt es wenig. Die Ingenieurstruppe aus Woking gehört aber zweifelsfrei zu den besten auf ihrem Gebiet. Wie der 600LT trumpft auch der 720S mit seinem natürlichen Fahrgefühl auf. Und sprintet ganz nebenbei in 7.9 Sekunden auf Tempo 200. An den Fahrleistungen liegt es denn auch nicht, dass der 720S hinter seinem kleinen Bruder klassiert ist. Er ist aber halt eben mehr als 100 000 Franken teurer.
Grosse Nachfrage, breites Angebot: Der SUV-Boom hält an. Manche Hersteller betrachten sie als Technologieträger, andere haben sie, weil sie müssen. In keinem anderen Segment wird so viel Variabilität erwartet. Genau hier punktet der Discovery Sport. Sein Dieselmotor ist allen Anforderungen gewachsen und dank Mildhybrid angenehm sparsam. Der Disco zeichnet sich durch ein zeitgemässes Erscheinungsbild, vor allem aber durch intelligente Feinheiten und viel Flexibilität aus. Da halten nur die allerwenigsten Konkurrenten mit.
Über 90 Prozent der Konsumenten lassen sich vom Vertrauen in eine Marke beeinflussen. Insofern hat Ssangyong nicht so starke Karten wie etwa die deutsche oder japanische Konkurrenz. Allein, der Korando ist ein Geheimtipp, der es im populären Kompakt-SUV-Segment mit Platzhirschen wie dem VW Tiguan oder Toyota RAV 4 aufnehmen kann. Die Topversion des punkto Komfort, Fahrdynamik und Raum punktenden Korando gibt es schon für knapp über 40 000 Franken. Und auch die Optik stimmt.
Mit dieser Art Auto können sich zurzeit sehr viele Menschen anfreunden. Das State-of-the-Art-SUV für Up-to-date-People ist ein dynamisch zu fahrendes Lifestyle-SUV, das viel sparsames Auto fürs Geld bietet. Als Hybrid kommt der Kona noch stimmiger daher. Innen smart und top connected, mit einigen eleganten Akzenten, im Grundsatz schnörkellos und zweckmässig. Und von aussen betrachtet muss sich der Südkoreaner angesichts seines preisgekrönten, progressiven Designs auch an angesagten Hotspots vor niemandem verstecken.
Der 718 Spyder sorgt für frischen Wind in der Modellpalette von Porsche – und das nicht nur, weil er ein Cabrio ist. Der 718 Spyder bringt den Sechszylinder-Saugmotor zurück, was mehr als willkommen ist, nachdem die 718-Baureihe auf zwangsbeatmete Vierzylinder umstellen musste. Nur wenige andere in diesem Segment schaffen es, diese Ausgewogenheit auf der Strasse so gut wie Porsche zu meistern. Auch der Mittelmotor trägt natürlich seinen Teil dazu bei.
Der Mazda CX-30 überzeugte mit seiner eigenen Interpretation von Fahrspass. Für die Entwickler aus Hiroshima (Japan) bedeutet das nämlich nicht unendlich viel Leistung oder ein straffes Fahrwerk, sondern: eine perfekt abgestimmte Lenkung, eine präzise Schaltung und ein makellos gestaltetes Interieur. Ja, der Skyactiv-X war wenig überzeugend, hätte noch besser sein können. Aber der Rest des Fahrzeuges bietet ein Gefühl von Exklusivität und Luxus, das eigentlich weit über dem Preissegment des CX-30 liegt.
Während sich die normale Alpine A110 durch ihren verspielten, temperamentvollen Charakter auszeichnet, steht bei der A110S die pure Effizienz im Fokus. Sie soll mit ihrem strafferen Fahrwerk, härteren Querstabilsatoren, einem stärkeren Motor und dem tieferen Schwerpunkt auf der Rennstrecke noch ein paar Sekundenbruchteile herausholen. Aber auch auf der Strasse bieten wenige andere so viel Fahrspass zu einem so vernünftigen Preis.
Theoretisch kann jeder gewinnen
Die Note der Redaktion, die Sie bei jedem Test finden, bildet die Basis für das Schlussklassement. Aber wie kommt diese eigentlich zustande? Sie ist keine Einzelmeinung eines Redaktors, sondern ein Gemeinschaftswerk des gesamten Testteams der AUTOMOBIL REVUE. Jedes Auto, das unser Testprogramm durchläuft, wird intensiv diskutiert, verglichen und eingeordnet. Anschliessend gibt jeder Tester seine Bewertungen ab in Kategorien wie Verbrauch, Verarbeitung, Preis oder Platzangebot – um nur einige zu nennen. Die Endnote ist das Mittel aller Einzelbewertungen, denn nur so kann eine neutrale und objektive Bewertung garantiert werden.
Natürlich sind nicht in jedem Segment alle Kriterien gleich relevant, entsprechend werden verschiedene Kriterien unterschiedlich stark gewichtet. Bei einem Kleinwagen interessiert sich der Kunde mehr für einen attraktiven Preis als für einen besonders starken Motor. Und das Platzangebot ist bei einem Kombi ausschlaggebender als bei einem Supersportler. Jeder Testwagen hätte also die Möglichkeit, die Höchstnote von 100 Punkten zu erreichen, wenn er in seiner Klasse besonders stark ist. Letztes Jahr hiess der Sieger übrigens Ford Fiesta ST vor Renault Megane R. S. und Kia Xceed.
Jedes Segment hat seine Helden
Nirgendwo spielt der Preis eine solch gewichtige Rolle wie bei den Kleinwagen. Innovationen sind deshalb schwierig, zumeist profitieren die Kleinsten nach einer gewissen Zeit von den Entwicklungen aus höheren Segmenten. Auffallend ist, dass die Franzosen die Nase in dieser Kategorie vorne haben. Der Renault Clio ist gleich zweimal vertreten – trotz Formel-1-Technik im E-Tech gefiel der fossile Clio noch etwas besser. Dahinter folgen zwei neu entwickelte Vertreter aus dem PSA-Konzern. Mit dem Abarth 595 Competizione hat es auch ein Italiener unter die besten Fünf des Jahres geschafft. Nicht weil er besonders neu oder technologisch herausragend wäre, sondern weil er es wie fast kein anderer Testwagen geschafft hat, emotional zu überzeugen.
1. Renault Clio TCe 130: 84.0
2. Peugeot 208 1.2 101 PS: 82.0
3. Opel Corsa 1.2 101 PS: 79.5
4. Renault Clio E-Tech 140: 78.5
4. Abarth 595 Competizione: 78.5
Was heute die SUV sind, waren früher die Kombis. Lange Zeit dominierten sie das Strassenbild, standen für viel Nutzwert und ein grosses Raumangebot. Über die Zeit wurden die Kombis komfortabler und sportlicher. Den Kategoriensieg ergattern konnte sich mit den Audi RS4 einer, der alle Disziplinen beherrscht und gar etwas besser gefiel als sein grösserer Bruder, der RS6. Mit dem VW Passat und dem Škoda Octavia folgen zwei Dauerbrenner und der Beweis, dass Flottenmanager vieles richtig machen. Weil der Passat GTE (83.0 Punkte) bei den Plug-in-Hybriden gewertet wird, rutscht der Ford Focus ST Kombi auf Platz fünf.
1. Audi RS4 Avant: 85.5
2. VW Passat R-Line 2.0: 85.0
3. Audi RS6 Avant: 82.5
4. Škoda Octavia 2.0 TDI: 82.0
5. Ford Focus ST 2.0 d: 81.5
Unter den meistverkauften Modellen der Schweiz sind vor allem Kompaktwagen anzutreffen. Vom klassischen Schrägheck über die Limousine und den Kombi bis hin zum kleinen SUV ist alles mit dabei. In dieser Kategorie beschränken wir uns auf die kompakten Limousinen, die SUV werden separat betrachtet. Aus demselben Grund wird der Ford Focus ST Kombi (81.5 Punkte) als Vertreter des C-Segments bei den Kombis genannt. Sieger bei den Limousinen ist der Ford Focus ST 2.3, der mit seinem hervorragenden Gesamtpaket die beiden radikalen Sonderversionen des Renault Megane R. S. und des Hyundai i30 N auf die Plätze verweist.
1. Ford Focus ST 2.3 88.5
2. Mazda 3 Skyactiv-X AT6 84.5
2. Renault Megane R. S. Trophy-R 84.5
4. Hyundai i30 N Project C 80.0
5. Opel Astra 1.4 Turbo 79.5
Die SUV-Kategorie ist beinahe die Königsklasse, weil an kein anderes Segment derart breitgefächerte Anforderungen gestellt werden. Komfortabel sollen sie sein, grossräumig, übersichtlich, dazu viel Leistung haben und möglichst wenig verbrauchen. Sie sind in der Stadt zu Hause, sollten aber auch – wenn es denn jemals passiert – raues Gelände beherrschen. Die überzeugendste Mischung gelingt dem Land Rover Discovery Sport. Sein Dieselmotor, der einzige mildhybridisierte Selbstzünder im Test, scheint im heutigen Kontext beinahe archaisch, liefert aber eine starke Leistung. Dahinter klassieren sich leistungsstarke Modelle von Alfa Romeo, Audi und Porsche – auch dem Umstand geschuldet, dass 60 Prozent der ins Rennen geschickten grossen SUV über 380 PS hatten.
1. Land Rover Discovery Sport P240d: 86.5
2. Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio: 85.5
3. Audi SQ7: 84.0
4. Alfa Romeo Stelvio Veloce 2.0: 82.0
4. Porsche Cayenne GTS: 82.0
Kompakt-SUV, von manchen auch als Crossover bezeichnet, sind im Aufwind. Sie verbinden die Vorteile kompakter Autos mit den Vorzügen einer höheren Sitzposition, besserer Übersicht und eines stärkeren Sicherheitsgefühl. Sie spriessen wie Pilze aus dem Boden, weshalb es nicht erstaunt, dass unter den Top Fünf dieser Kategorie gleich fünf verschiedene Marken vertreten sind. Ganz zuoberst steht mit dem Kona, den es mit verschiedensten Antriebsarten gibt, eine Erfolgsgeschichte von Hyundai – und ein veritabler No-Name. Ssangyong verkaufte 2020 in der Schweiz von Januar bis Novemer lediglich 15 Autos, fünf davon waren Korando. Schade eigentlich, denn der Asiate verfügt ausser einem Namen über alles, was ihn hierzulande erfolgreich machen könnte.
1. Hyundai Kona 1.6 Hybrid: 86.5
1. Ssangyong Korando 1.6 d: 86.5
3. Mazda CX-30 Skyactiv-X MT6: 86.0
4. Honda CR-V 2.0 Hybrid 4×4: 85.0
5. Renalt Captur TCe 130: 82.0
In dieser gesonderten Kategorie geht es nicht um eine Fahrzeugklasse, sondern um den darin verbauten Antriebsstrang. Hier treten alle Plug-in-Hybride ungeachtet ihrer Form oder Grösse gegeneinander an. Ganze 14 davon hatten wir dieses Jahr im Test, teils mit stark unterschiedlichen Konzepten. Einige nutzen die Elektrounterstützung für eine bessere Längsdynamik, andere priorisieren den Verbrauch (der bei allen Plug-in-Hybriden stark von den WLTP-Werten abweicht), und wieder andere schaffen beides. Der Kategoriensieger Volvo S60 T8 Polestar ist einer, der beides unter einen Hut bringt – und dabei noch mit einem attraktiven Design überzeugt. Auch das baugleiche Duo Opel Grandland X Hybrid und DS7 Crossback E-Tense macht bei seinem elektrifizierten Debüt vieles richtig.
1. Volvo S60 T8 Polestar: 85.0
2. VW Passat Variant GTE: 83.0
3. Opel Grandland X Hybrid4: 80.5
3. Ford Explorer PHEV: 80.5
5. DS7 Crossback E-Tense: 77.5
Elektromobilität ist die Zukunft. So jedenfalls sagen es die Hersteller. Kurz- bis mittelfristig bleibt kaum ein anderer Weg, um die immer strenger werdenden CO2-Richtwerte einzuhalten. Viele Marken brachten 2020 ihr erstes rein elektrisches Auto auf den Markt. Manche, wie der Porsche Taycan, überzeugten einigermassen. Andere, wie der Honda E, trotz extrovertierten Designs eher weniger. Die Arrivierten wie der Audi E-Tron oder der Renault Zoe verfügen bereits über einen gewissen Erfahrungsschatz. Allen gemein sind zwei Dinge: die Reichweite (oder besser: die teils unbefriedigende Ladeinfrastruktur) und die Tatsache, dass die Elektrovertreter oftmals nicht so hochwertig wirken wie ihre fossilen Verwandten. Bezüglich Preis, Materialauswahl und Verarbeitung haben beinahe alle E-Autos Luft nach oben.
1. Audi E-Tron 55 Sportback: 82.0
2. Renault Zoe R135: 80.0
3. Porsche Taycan Turbo: 79.0
4. Seat Mii Electric: 78.5
5. Kia E-Soul 64 kWh: 77.5