Umbruch mit Leidenschaft
PEUGEOT 208 Die Marke aus Sochaux (F) zieht einen Schlussstrich unter die letzten Designs und stellt einen neuen Stil vor.
Peugeot macht eine Runderneuerung durch, die von äusserst kreativen neuen Modellen getragen wird. Nach der aufsehenerregenden Präsentation des 508 im vergangenen Jahr nimmt sich die Marke mit dem Löwen des B-Segments an und feierte am Genfer Autosalon 2019 die Premiere für die zweite Generation des 208. Wie gewohnt scheuen sich die Franzosen nicht vor Kontroversen und krempeln den Kleinwagen völlig um. Er baut jetzt auf der vielfach anpassbaren neuen CMP-Basis (Common Modular Platform) von PSA auf. Und weil die Entwickler schon dabei waren, verpassten sie dem Wagen auch gleich eine neue Version des i-Cockpits. Die Modellvielfalt wird mit einer vollelektrischen Version ausgebaut: Der E-208 erhält eine Batterie mit 50 kWh, leistet 136 PS und 260 Nm und soll gemäss Peugeot eine WLTP-Reichweite von 340 Kilometer erreichen. Aber das Auffälligste am jüngsten 208 ist sein athletischer Auftritt, der mit den sanften Linien des Vorgängers nichts mehr gemein hat.
Proportionen und Formen
«Wir haben von Anfang an viel Arbeit in die Proportionen und Formen gesteckt. Erstere sind mitverantwortlich für einen dynamischen und ausgewogenen Auftritt, die Formgebung weckt Leidenschaften», erklärt 208-Designchef Yann Beurel. Für die aggressive Erscheinung forderte der Franzose von den Stylisten und Ingenieuren eine niedrigere Grundform (1.43 m) mit nach hinten versetzter Windschutzscheibe, eine längere Motorhaube und eine stark abgewinkelte C-Säule. «Diese Elemente führen zu einem modernen Design, das dem Zeitgeist folgt und eine gute Aerodynamik aufweist.»Bei den Formen bestand Yann Beurel auf grösstmöglicher Dreidimensionalität, um den Flanken, der Motorhaube und dem Heck Gestalt zu verleihen. «Das Zusammenspiel der Proportionen mit den ausgeformten Skulpturen war ausschlaggebend, um den Teufelskreis des Überladens mit Firlefanz zu brechen. Wir strebten klare Formen an, das Objekt muss für sich selbst sprechen und mit seiner Ausgewogenheit überzeugen.» Im Einklang mit dieser Philosophie verzichtet der 208 Jahrgang 2019 auf die verchromten Scheibenrahmen der ersten Generation. «Wenn man mit Firlefanz und Chromschmuck um sich wirft, dann hat man etwas zu kaschieren», ereifert sich Beurel.
Im Interieur musste Peugeot die gegensätzlichen Anforderungen der heutigen Zeit unter einen Hut bringen. Wie kann man die jüngsten Technologien berücksichtigen, dabei aber ein wohnliches Ambiente schaffen? Mit anderen Worten: Die Entwickler haben es mit einer gewissen Kälte der Technik zu tun, sollen aber für menschliche Wärme sorgen. Yann Beurel meint, die Lösung für die zweite Auflage des 208 mit der neuen Version des i-Cockpits geschaffen zu haben. «Es bietet den passenden Anteil an Moderne und wird doch der Menschlichkeit gerecht. Dieser futuristische Innenraum verlangt nach einer ganz eigenen, individualisierbaren, hochwertigen und angenehmen Atmosphäre.» Der dynamische Auftritt des flotten französischen Flitzers drängt die Frage nach einer GTI-Variante auf. «Nein, einen GTI mit Verbrennungsmotor wird es nicht geben, das ist beschlossene Sache. Diese Art Auto bietet eine katastrophale CO2-Bilanz. Aber Peugeot wird die Fans eines aufregenden 208 nicht im Stich lassen», verspricht Yann Beurel. Die Preise für den Kleinwagen aus Sochaux (F) sind noch nicht bekannt. Die Auslieferung der ersten Exemplare ist für Oktober 2019 vorgesehen.
Sportlich und elegant
Beim näheren Betrachten kommt man nicht darum herum, dem neuen Peugeot 208 eine gelungene Mischung aus Sportlichkeit und Eleganz zuzugestehen. Der riesige Kühlergrill ist bis in die Stossstange hinuntergezogen, die scharfzahnige Lichtsignatur der Scheinwerfer erinnert an den 508, und die schwarz verkleideten Radkästen und diverse Blenden im Stil des 205 GTI vermitteln dem Wagen einen geschliffenen Auftritt, wie man das in dieser Klasse kaum kennt. Beim Interieur kommen ebenfalls Gedanken an Autos höherer Segmente auf. Verarbeitung und Qualität wirken geradezu nordländisch. Das attraktive, nach innen gewölbte Armaturenbrett mit Kohlefaser-Akzenten, 3-D-Instrumenten und Multimedia-Bildschirmen mit bis zu zehn Zoll lässt den neuen 208 absolut zukunftsträchtig erscheinen.Die Bedienung wurde vermutlich vereinfacht. Menüs lassen sich teil-weise auch über kleine Schalter am i-Cockpit-typischen, zweifach abgeflachten kleinen Lenkrad ansteuern. Die komfortablen Vordersitze haben erfreulich lange Sitzkissen. Vorne finden die Insassen genügend Bewegungsfreiheit, die Rücksitze sind für Grossgewachsene weniger geeignet. Der Gepäckraum fällt mit 311 Litern eher knapp aus. Die dicken A-Säulen und das kleine Heckfenster schränken die Übersichtlichkeit etwas ein.
Samtene Revolution
RENAULT CLIO V Die jüngste Generation des Stadtflitzers sucht den Mittelweg zwischen Kontinuität und Rundumerneuerung.
Im scharfen Kontrast zur Revolution, die Peugeot mit dem neuen 208 eingeläutet hat, wählte Renault eine konservativere Erneuerung für die fünfte Auflage seines Stadtflitzers Clio. Die Verantwortlichen hüteten sich davor, mit zu forschen Eingriffen den durchschlagenden Erfolg des wiederholten Bestsellers im B-Segment zu gefährden. Der Clio war schliesslich europaweit auch absolut die Nummer zwei hinter dem Golf.Mit einem Blick auf Kundenbefragungen gingen die Franzosen auf Nummer sicher: Der Clio IV verdiente sich Bestnoten beim Design, erntete aber wegen der harten Kunststoffe beim Interieur Kritik. «Der gute Eindruck, den sich unser Stadtflitzer mit seinem Stil sicherte, verflog umgehend, sobald die Interessenten innen Platz nahmen. Unter dem Strich war der Clio IV einfach nicht konsequent», analysierte Renault-Designchef Laurens van den Acker die Situation.
Mehr Sinnlichkeit
Mit dieser Kritik vor Augen wählte der Hersteller aus Boulogne-Billancourt (F) eine sanfte Erneuerung des Designs, um sich dafür das Interieur umso gründlicher vorzunehmen. «Wir haben beim Clio V die sinnliche, südländische Formensprache des Vorgängers beibehalten, den emotionalen Aspekt unterstrichen und gleichzeitig die Präzision, die Disziplin und die Qualität hervorgehoben», erklärt Laurens van den Acker. Der Holländer mit den auffällig bunten Schuhen wollte keinesfalls die Führungsposition des Renault Clio im B-Segment gefährden, auch wenn der Wagen einen deutschen Anstrich bekam. Der Clio sei immer noch «das hübscheste Mädchen weit und breit», meinte er leichtfüssig.An der Front gab es Änderungen in homöopathischer Dosierung: Voll-LED-Licht selbst für das Grundmodell, hinten gibt es eine neue Lichtsignatur. Der Neue ist 14 Millimeter kürzer und 39 Millimeter niedriger (Länge 4050 mm, Breite 1798 mm, Höhe 1440 mm, Radstand 2583 mm), präsentiert dabei aber ein Profil, das dem des Vorgänger sehr ähnlich ist.
Total umgekrempelt
Innen wurde aber alles umgekrempelt! Der kleine Franzose rüstet massiv mit den jüngsten Technologien auf, mit einem 9.3-Zoll-Multimedia-Tablet wie bei den grösseren Brüdern, und sogar mit einem 10-Zoll-TFT-Display bei den oberen Ausstattungsvarianten. «Technologisch übertrifft der Clio V sogar den Espace», unterstreicht der Produktverantwortliche, Olivier Brosse. Die aufgeschäumten Kunststoffoberflächen lassen einen die wenig eindrücklichen und kritisierten Materialien des Vorgängers vergessen.
Im Kontrast zum Peugeot 208 wird es keine 100 Prozent elektrische Version des auf der neuen CMF-B-Plattform der Allianz basierenden Clio V geben. Dieser Markt wird schliesslich bereits vom Zoe abgedeckt. Aber ab 2020 schieben die Franzosen eine Hybridvariante mit der vorläufigen Bezeichnung E-Tech nach. Der Antrieb setzt sich aus einem frei saugenden 1.6-Liter mit 130 PS und zwei Elektromotoren zusammen. Letztere werden von einer Batterie mit 1.2 kWh versorgt.«Über eine sportliche RS-Version denken wir derzeit noch nach», gibt Olivier Brosse zu. Bis eine solche allenfalls erscheint, bietet Renault die flotte und elegante RS Line an, alternativ kann man den äusserst noblen Initiale Paris wählen. Die Preise für den Clio V sind derzeit noch nicht bekannt. Als Markteinführungstermin nennt Renault den Herbst 2019.
Aufstieg gelungen
Die Verantwortlichen von Renault wurden am Autosalon in Genf nicht müde, auf die Vorzüge der Innenraumqualität des Clio V hinzuweisen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das sicher gerechtfertigt, aber das zurückhaltende Design des Äusseren des neuen Clio fällt gegenüber dem Feuerwerk seines Erzrivalen von Peugeot deutlich ab. Laurens van den Acker hatte schon Autos mit mehr Würze hervorgebracht.Im Interieur hat die Firma aus Boulogne-Billancourt (F) ihr Versprechen aber gehalten und überzeugt mit klaren Fortschritten hinsichtlich Qualität und Verarbeitung. Besonders die geschäumten Kunststoffe der Instrumentenabdeckung und der Armaturenbrettverkleidung machen die Discounter-Erscheinung des Vorgängers völlig vergessen. Ein 9.3-Zoll-Multimedia-Display und die Volldigital-Instrumentierung bringen einen Hauch Moderne, was man bisher vermisste. Die Ergonomie scheint beim fünften Clio ebenfalls auf der Höhe der Zeit zu sein, mit praktischer, höherer Mittelkonsole und dem Comeback echter Schalter für die Klimaanlage. Der Stadtflitzer mit der Rhombusmarke punktet auch beim Platzangebot: Selbst auf der Rücksitzbank findet man trotz abfallender Dachlinie genug Knie- und Kopffreiheit. Vorne reicht die Bewegungsfreiheit knapp aus.