«Wir sind ein Töff-Land»

SCHWEIZER MARKT Vincent Mentha vom grössten Schweizer Motorradimporteur Hostettler spricht über das Töffland Schweiz und sein Potenzial.

Vincent Mentha ist Gesch.ftsführer der Yamaha-Generalimporteurin Hostettler in Sursee.

Interview: Werner J. Haller

Seit über 30 Jahren arbeitet Vincent Mentha bereits im Motorradbusiness, ausschliesslich für die Marke Yamaha. Deren Generalimporteur ist die Hostettler AG mit Sitz in Sursee LU. Der Yamaha- Geschäftsleiter Mentha hat also den Überblick auf dem Schweizer Markt.

Automobile Revue:
Die Schweiz ist ein Töffl and mit viel Tradition, vom Tourenfahren bis hin zum Rennsport. Wie steht es aber gegenwärtig um das Töffl and Schweiz?
Vincent Mentha:
Sehr gut, auch bezüglich der Perspektiven. Im Vergleich mit anderen Ländern wie Deutschland, Italien oder Spanien mit ebenfalls starken Motorradmärkten sind die Verkaufszahlen von Motorrädern in der Schweiz überdurchschnittlich gut. Wir sind wirklich ein Töffland!

Kann man das in Zahlen ausdrücken?
Im Vergleich zur Bevölkerungszahl mit rund 8.2 Millionen Menschen sind die über 42 000 Neuzulassungen im vergangenen Jahr eindrücklich. In den Jahren zuvor war diese Zahl sogar noch höher (mit über 891 000 Motorrädern hat die Schweiz die grösste Töff-Dichte Europas –Red.).

Wie viel Potenzial hat die Schweiz bei einem so hohen Niveau noch?
Viel, das aber längerfristig. 2019 wird ein Übergangsjahr werden, unter anderen wegen der Einführung der Euro-5-Normen (strengere Abgasvorschriften zwecks Umweltschutz – Red.) im nächsten Jahr. Für die Hersteller heisst das, dass sie ihre Produktepalette bereinigen müssen, weil gewisse Motoren die neuen Normen nicht mehr erfüllen werden. 2021 wird bei uns in der Schweiz zudem die neue Führerscheinregelung eingeführt (Motorräder und Roller mit 125 cm3 für Jugendliche ab 16 Jahren – Red.). Durch diese Neuerungen werden die Hersteller aber sicher auch wieder neue Produkte auf den Markt bringen.

Die Bevölkerung wächst, der Strassenverkehr wird dichter, auf den Autobahnen, aber auch in den urbanen Zentren. Ein Motorrad beziehungsweise ein Roller bietet sich da als Fortbewegungsmittel an. Ist das eine Chance für das Töffl and Schweiz?
Absolut. Aber da spielt auch die Mentalität eines Menschen mit hinein. Es gibt Städte, in welchen viele Menschen Motorrad oder Roller fahren. Solche Zentren sind Genf und Lausanne, aber auch das Tessin. Dort steigen die Menschen bei dichtem Verkehr auf den Töff oder den Roller um. Basel beispielsweise ist vom Verkehr her prädestiniert für die Zweiradmobilität. Aber dort haben die Menschen eben eine andere Mentalität, wie vielerorts in der Deutschschweiz. Aber grundsätzlich ist es für den Motorrad- und Rollermarkt in der Schweiz eine Chance, wenn der Verkehr stetig zunimmt.

Eine Sache der Mentalität oder der Einstellung ist vermutlich auch der noch junge Markt der Elektromobilität. Vermutlich dürften Rollerfahrer im Vergleich zu den Töffl iebhabern weniger Probleme damit haben, dass ihr Fahrzeug surrt und nicht knattert?
Das kann man so sagen. Aber Fakt ist, dass die Nachfrage steigt und das Interesse für E-Mobilität vorhanden ist. Und bestimmt tun sich Rollerfahrer – noch – einfacher damit. Nichtsdestotrotz ist auch das eine Chance. Viele Hersteller haben das erkannt, sie werden bald mit entsprechenden Produkten kommen. Auch wir präsentieren in den nächsten zwei Jahren E-Serienmodelle. Fakt ist: Die Menschen werden betreffend Umwelt und deren Schutz zunehmend sensibler. Deshalb sagen sich auch immer mehr Menschen: Ich steige um!

Verlassen wir zum Schluss die urbanen Zentren. Kleine Motorradhändler auf dem Land tun sich offenbar immer schwerer damit, ihr Geschäft allein mit dem Verkauf und dem Service voranzutreiben. Individualität ist gefragt, das Motorrad soll den Wünschen des Kunden angepasst werden. Ist das auch eine Chance, in diesem Fall für die Kleinhändler?
Vorab: Wie ein Geschäft läuft, ist auch von seiner geografischen Lage abhängig. Aber: Die Situation der Händler hat sich in den letzten zehn, 15 Jahren verändert. Wir haben unser Händlernetz in den vergangenen rund drei Jahren quasi halbiert. Vorher hatten wir über 160 Yamaha-Partner, heute sind es weniger als 80. Das wirtschaftliche Volumen blieb aber dasselbe. Das heisst, weniger Händler müssen mehr tun. Verkauf, Service, Wartung allein reichen nicht mehr. Der Händler muss umsichtiger werden. Das kann er, weil der ganze Customizing- und Zulieferermarkt wächst, weil der Kunde das will, weil er Individualität für sein Motorrad wünscht. Darauf muss ein Händler reagieren können.

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