Viele glauben, dass die Sache mit dem autonomen Fahren bereits gelaufen sei. Eine Studie von Thatcham Research, einem von Autoversicherern finanzierten britischen Forschungszentrum, zeigt, dass 71 Prozent der Autofahrer glauben, dass autonomfahrende Fahrzeuge bereits im Showroom um die Ecke stehen.Die Umfrage zeigt zudem, dass viele Autofahrer (49%) meinen, für einen Unfall mit einem Fahrassistenten nicht verantwortlich gemacht werden zu können, elf Prozent geben an, es «verführerisch» zu finden, mit einem dieser Hilfsmittel ein Nickerchen auf der Autobahn zu machen.Besonders der aktive Spurhalte-Assistentin Verbindung mit dem adaptiven Tempomat vermittelt die Illusion des autonomen Fahrens.Dieser Irrtum wird durch die Herstellergefördert, die gerne mit den Begriffen spielen: Sie benutzen Wendungen wie «ein weiterer Schritt zum autonomen Fahren», «halbautonomes Fahren» und andere, um ihre Assistenzsysteme zu beschreiben. «DieArt und Weise, wie einige Herstellerihre Fahrzeuge ausstatten und verkaufen, lässt die Fahrer glauben, dass sie die Kontrolle aufgeben können»,meint Matthew Avery, Forschungsdirektor bei Thatcham Research.«Die Hersteller wollen sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie von halbautonomem oder automatisiertem Fahren sprechen, doch dies trägt zur Verwirrung des Konsumenten bei. Verschärft wird die Angelegenheit durch Systeme, die dem Fahrer zu viel abnehmen, so dass er am Ende passiv wird.»
Bestimmte Situationen werden nicht bewältigt
Das Forschungszentrum erinnert daran, dass Assistenten technische Hilfen sind, die den Fahrer in keiner Weise ersetzen. «Diese Technik unterstützt den Autofahrer lediglich. Sie hat nichts mit autonomem Fahren zutun, man darf sich nicht darauf verlassen», so Matthew Avery. «Der Fahrer am Steuer muss wachsam bleiben.Bei richtiger Nutzung erhöhen Assistenzsysteme auf der Autobahn die Sicherheit. Es ist jedoch missbräuchlich, wenn Marketingabteilungen Autofahrern einreden, dass das Fahrzeug selbständig fahren kann.» Die Studie, ergänzt durch Euro-NCAP-Tests, zeigt, dass die genannten Systeme weit davon entfernt sind, problematische Situationen allein zu bewältigen. In bestimmten Fällen, zum Beispiel wenn vor einem ein viellangsameres Fahrzeug auftaucht, ist ein menschliches Eingreifen unerlässlich.Die europäische Einrichtung hat die ACC (Adaptive Cruise Control) von zehn Fahrzeugen in verschiedenen Situationen getestet, darunter das sogenannte Cut-in und Cut-out.Im ersten Fall wechselt ein Autoplötzlich auf die Spur vor das Testfahrzeug, das mit adaptiver Geschwindigkeitsregelung unterwegs ist. Im zweiten Fall folgt das Testfahrzeug einem anderen, das abrupt dieFahrspur wechselt – und plötzlich taucht ein drittes, viel langsamer fahrendesFahrzeug auf. Keines der zehngetesteten Fahrzeuge konnte mit derSituation umgehen, sodass der Fahrer im letzten Moment ein Ausweichmanöver durchführen musste.
Euro NCAP bemängelt irreführende Kommunikation
«Diese sehr anspruchsvollen Szenarien unterstreichen, wie wichtig es für den Fahrer ist, wachsam zu bleiben und sich nicht auf diese Systeme zu verlassen», teilt EuroNCAP mit.Ebenso wie Thatcham Research verweistEuro NCAP auf die «irreführende» Kommunikation einiger Marken, die den Eindruck erwecken, dass ihre Modelle mit autonomen Fahrsystemen ausgestattet seien.