Für den CEO mit Rennfahrerschuhen

ZUM ANGRIFF! Porsche legt die Toplimousine Panamera erneut in einer GTS-Ausführung auf. Wir konnten die voll auf Sport getrimmte Version auf den sonnenerhitzten Strassen von Bahrain begutachten. Wie verträgt die Zweitonnen-Limousine die Hitze?

Die Modellvielfalt des Panamera wird im Eiltempo ausgebaut. Nach den Ausführungen E-Hybrid, 4, 4S, Turbo und Turbo S E-Hybrid folgt nun der GTS. Das Leistungsplus ist nicht gerade überwältigend, denn die 460 PS des zwischen 4S und Turbo angesiedelten GTS liegen näher an den 440 PS des Ersten und fallen entsprechend deutlich gegen die 550 PS des oberen Modells ab. Die gute Nachricht dabei ist, dass der Sportler den Vierliter-V8 vom Turbo übernimmt und damit die Tradition der Panamera GTS mit Achtzylinder weiterführt. Die Neuerungen für das Modelljahr 2018 umfassen andere Stossfänger vorn und hinten, eine serienmässige Luftfederung mit drei Fahrmodi, die Tieferlegung um zehn Millimeter, Sportauspuff und Alcantara-Interieur. Den Kombi Sport Turismo gibt es ebenfalls als GTS.

 

Im kleinen Land des Schwarzen Goldes
Die Zuffenhausener luden uns für Probefahrten mit beiden Karosserievarianten auf die Rennstrecke von Sakhir ein, dem Austragungsort des Formel-1-Grand-Prix von Bahrain 2004. Porsche stellte uns aber zuerst das vom Erdöl gesegnete Königreich mit lediglich 1.34 Millionen Einwohnern vor. Wie in den umliegenden Ölproduzentenländern fällt auch in Bahrain die Diskrepanz zwischen der futuristischen Architektur und den traditionellen Häusern auf. Die spektakulären Hochhäuser sind in der Hauptstadt Manama konzentriert, während sich weit draussen hinter den allgegenwärtigen Sanddünen die bescheidenen Bauten verstecken. Trotz der grosszügig dimensionierten drei- und vierspurigen Verkehrsachsen in allen Richtungen sind Staus in der Hauptstadt an der Tagesordnung. Auch hier sitzt nach westlichem Vorbild nur je eine Person im Wagen, die Rotlichtphasen scheinen endlos, und der öffentliche Verkehr ist so gut wie inexistent. Unter solchen Bedingungen hat man viel Zeit, die vorbildliche Verarbeitung des Panamera, die GTS-Logos und die vielen Alcantara-Stoffe mit roten Nähten zu studieren. Die Farbe findet auch in den Sicherheitsgurten ihre Wiederholung. Trotz seiner Sportlernatur bleibt der GTS eine luxuriöse Cheflimousine. Der Komfort liegt auf sehr hohem Niveau, das Topmodell weiss unsere Bandscheiben ebenso zu schonen wie unser Gehör. Das Doppelkupplungsgetriebe mit acht Stufen schaltet ohne Ruckeln, und der Motor zeigt auch bei 33 °C Aussentemperatur keine Anzeichen von Überhitzung.

Mangelnde Zurückhaltung wird teuer
Hat man den stockenden Stadtverkehr erst einmal hinter sich, packt einen die Versuchung, dem V8 freien Lauf zu lassen. Aber aufgepasst, die Radarfallen sind überall, und die Strafen lassen die Sanktionen der Via Sicura aussehen wie freundliche Ermahnungen. Neben Bussen von 50 bis 250 Dinar (130 bis 650 Fr.) muss man mit einem bis drei Monaten Gefängnis rechnen, wenn man die zulässige Geschwindigkeit um bis zu 30 Prozent überschreitet. Mehr wird mit bis zu sechs Monaten geahndet! Da halten wir uns lieber an die Limiten. Umso mehr, als die zahlreichen Temposchwellen ihren Teil beitragen. Man tut gut daran, dem Flaggschiff aus Zuffenhausen (D) erst auf der Rennstrecke die Sporen zu geben. Vorerst begeben wir uns in den Süden der knapp 70 Kilometer langen Insel, wo Industrie und Ölförderung konzentriert sind. Wir sehen die ersten Pumpen mit ihrem Kopfnicken, aber Bahrain produziert täglich nur 200 000 Barrels, weit weniger als die 12 Millionen Barrels von Saudi- Arabien. Trotzdem macht das Schwarze Gold 30 Prozent des Bruttosozialprodukts und 80 Prozent des Einkommens im Königreich aus. Die Tagesproduktion würde genügen, unseren Panamera GTS 2000 Jahre lang zu versorgen, das Werk nennt einen Gemischtverbrauch von nur 10.3 l/100 km. Der Hersteller war gezwungen, einen Partikelfilter einzubauen, eine bisher dem Diesel vorbehaltene Lösung, um die neuen Abgasvorschriften zu erfüllen.

 

Endlich auf dem Circuit
Nach einem Umweg über den Süden mit seinen künstlichen Inseln und dem Hafen für die Luxusanwesen am Strand erreichen wir die Rennstrecke von Sakhir im Herzen der Inselgruppe. Die feuchte, stickige Hitze hat dem Asphalt zugesetzt. Das ist auch der Grund, weshalb der Grand Prix seit 2014 nachts ausgetragen wird. Wir würden die Gelegenheit noch erhalten, nach Sonnenuntergang die Beleuchtung der Piste zu testen, aber vorerst stürzen wir uns auf die äussere Strecke (3.6 km). Nach einer Aufwärmrunde lassen wir den 460 Pferden freien Lauf. Der Panamera GTS stürmt entfesselt voran. Die gleichmässige Beschleunigung will nicht abreissen, wir sind am Ende der Geraden fast bei 240 km/h. Für diese Information müssen wir noch nicht einmal den Blick von der Fahrbahn nehmen, sie erscheint dank des frei einstellbaren, serienmässigen Head-up-Displays direkt auf der Windschutzscheibe. Das ist der Augenblick, dem wilden Vorwärtsdrang mehr als nur ein bisschen Einhalt zu gebieten, denn es folgt eine besonders enge Kurve. Der GTS kann dabei auf die serienmässigen, vom Turbo übernommenen Scheiben (390 mm vorn, 365 mm hinten) zählen. Das Gewicht des Wagens – die Power des Biturbo- V8 hatte es kaschiert – ruft sich dabei wieder in Erinnerung. Bei dieser Hitze wird das Bremspedal schwammig und der Bug taucht tief ein. Man tut gut daran, die Vorderachse während des Bremsens vorausschauend zu entlasten, damit das Auto den Einlenkpunkt sauber schafft. Die Operation lässt sich dann dank der Porsche-typischen, ungemein direkten und präzisen Lenkung leicht ausführen. Die Karosseriebewegungen sind bemerkenswert gut kontrolliert, besonders im Sport-Plus-Modus, aber das Gewicht ist in den schnelle Kurvenkombinationen gut fühlbar, und der GTS kann eine gewisse Trägheit am Kurvenausgang nicht verbergen.

Die ansehnliche Masse macht sich auch in engen Kurven bemerkbar, zumal der Wagen dann auch noch mit dem 2.95 Meter langen Radstand und seiner Länge von 5.05 Metern zu kämpfen hat. Zum Glück hilft die lenkende Hinterachse in dieser Situation beträchtlich. Trotzdem schlägt sich der Panamera GTS trotz seiner dem Rennbetrieb nicht gerade förderlichen Eigenschaften mit allen Ehren. Das ist vor allem der vorbildlichen Stabilität und dem sehr berechenbaren Fahrverhalten in langgezogenen, schnellen Kurven zu verdanken. Mitverantwortlich sind aber auch das ab sehr tiefen Drehzahlen (von 1800 bis 4500/min) verfügbare höchste Drehmoment von 620 Nm und die vorbildliche Traktion. Die Porsche-Techniker haben den Allradantrieb trotz des Mehrgewichts übernommen, auch wenn dieser dem sportlichen Charakter des GTS abträglich sein könnte. «Es war eine Frage der Leistungsfähigkeit », erklärte uns Michael Schäfer, Fahrwerksverantwortlicher für die Panamera-Baureihe. «Ein Allradantrieb ist effizienter als der Hinterradantrieb, die zusätzlichen 30 Kilogramm sind es absolut wert.» Das System arbeitet denn auch mit Bravour und übertr.gt die Kraft auf das Rad mit der besten Traktion, um das Gleichgewicht herzustellen und die beste Beschleunigung zu garantieren. Das ist höchst effizient, aber der GTS würde zweifellos mehr Spass bereiten, wenn er nur über die Hinterräder angetrieben wäre. Die Nachtfahrten dienten nur dazu, die guten Eindrücke noch zu bestärken, vor allem bei den Bremsen. Das Pedalgefühl blieb immer untadelig, und die enormen Kräfte führten nie zu einem Nachlassen der Bremswirkung. Diesbezüglich macht der Panamera GTS dem Ruf des Hauses alle Ehre, auch die grosse Limousine vermittelt das berühmte Porsche-Feeling, diese Mischung aus Tempo, Ausgewogenheit und kontrollierter Kraft, das Ganze gepaart mit Luxus und Alltagstauglichkeit. Der Panamera GTS ist bereits bei den Markenhändlern verfügbar, die Preise beginnen bei 183 600 Franken.


 

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