In der Schweiz gelten seit Juli 2012 für neue Personenwagen CO2-Emissionsvorschriften analog zur EU: Der Ausstoss hätte bis Ende 2015 im Durchschnitt höchstens 130 Gramm CO2/km betragen sollen. Doch trotz allem Bemühen ist dieses Ziel noch nicht erreicht. So lagen 2016/2017 die von lokalen Neuwagen ausgestossenen CO2-Emissionen durchschnittlich bei rund 133 g CO2/km. Die Neuwagen in der EU hatten im selben Zeitraum im Schnitt nur zirka 118 g CO2/km abgesondert.
Bei der Beurteilung dieser Zielverfehlung ist neben spezifischen erschwerenden Eigenheiten unseres Marktes zu berücksichtigen, dass die CO2-Werte über die gesamte EU hinweg gelten und sich so die Fahrzeugmärkte gegenseitig ausgleichen. Die Schweizer Automobilimporteure haben aber die Ziele alleine zu schaffen. Und es droht bereits weiteres Ungemach, denn bekanntlich sollten in der Schweiz die CO2-Emissionen bei den Neuwagen ab 2021 durchschnittlich nur noch 95 g/km betragen.
E-Autos vs. Sanktionszahlungen
Die Schweizer Autoimporteure müssen Sanktionen bezahlen, wenn sie ihre individuellen CO2-Zielvorgaben nicht einhalten. Etwa im Jahr 2015 beliefen sich diese auf 12.6 Millionen Franken, ein Jahr danach waren es 2.4 Millionen. Diese Einnahmen fliessen seit Anfang 2018 in den neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF), zuvor profitierte davon der Infrastrukturfonds.
Auch wenn diese Sanktionen abnehmen, hat auto-schweiz gewiss wenig Lust für solche Ausgaben. Der Verband der Schweizer Autoimporteure sieht nun die adäquate Lösung zur Eindämmung der CO2-Emissionen in der möglichst raschen Bestandeszunahme von elektrifizierten Fahrzeugen. Deshalb erarbeiteten die Importeure eine Strategie, wie dieser Zustand erreicht werden könnte.
Die Losung heisst «10/20»
«Wir wollen lieber Geld in die Förderung der Elektromobilität investieren, anstatt in Strafzahlungen», betonte auto-schweiz-Präsident François Launaz letzte Woche an einer Pressekonferenz in Bern. Bei diesem Anlass präsentierte auto-schweiz das eigens erarbeitete Branchenziel «10/20» für die Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs in der Schweiz. Bis im Jahr 2020 soll jeder zehnte neue Personenwagen, der in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein immatrikuliert wird, ein Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid sein.
Demnach soll mit «10/20» bis 2020 der CO2-Wert von durchschnittlich
95 g/ VF-18 km im Neuwagenmarkt erreicht werden. Mit Blick auf die aktuelle Zulassungsrealität erscheint dies aber sehr ehrgeizig zu sein. So waren von den 314 028 Neuzulassungen 2017 nur 4773 Einheiten rein elektrisch unterwegs, was trotz aller Aufwärtstendenz in diesem Bereich einen Anteil von lediglich leicht über 1.5 % ausmachte. Im Januar 2018 betrugen die entsprechenden Werte 21 671 Immatrikulationen bzw. 245 Elektrofahrzeuge und der Anteil lag bei 1.1 %.
Bislang wenig Förderung
Bei auto-schweiz ist man sich der Höhe der gesetzten Latte durchaus bewusst, Direktor Andreas Burgener: «Wir haben eine detaillierte Studie in Auftrag gegeben, die deutlich macht, dass der Markt für Elektroautos in der Schweiz nicht so schnell wachsen wird, wie sich der Bundesrat, aber auch unsere Mitglieder, das wünschen würden.» Die von auto-schweiz in Bern den Medien vorgestellte Studie ist vom Zürcher Beratungsbüro Ernst Basler + Partner (neu EBP).
Gestützt auf die Berechnungen von EBP verlangt nun auto-schweiz gemäss Präsident François Launaz «keine direkte Unterstützung für Elektroautos, sondern lediglich gute Rahmenbedingungen für diese Fahrzeuge». Hoffnung macht ihm der Umstand, wie wenig bislang in der Schweiz zugunsten der Stromer gemacht wurde. «Viele EU-Staaten geben der Elektromobilität massive Starthilfe, von der wegfallenden Import- und Fahrzeugsteuer über hohe Kaufprämien bis hin zur Finanzierung von Ladestationen und kostenlosem Parkieren. Die Schweiz hingegen kennt nur einen Wegfall der vierprozentigen Importsteuer», heisst es vonseiten auto-schweiz.
Wichtiges Kaufverhalten
François Launaz mahnt auch an die Gefahren: «Der wachsende 4×4-Anteil sowie der Rückgang beim Diesel zugunsten des Benziners sind zwei Entwicklungen, die bei Erreichen der CO2-Ziele gegen uns arbeiten.» Man weiss, dass die Kunden wichtige Faktoren, wie etwa den 4×4-Anteil, durch ihr Kaufverhalten entscheiden. Der auto-schweiz-Präsident hielt gegenüber den Journalisten fest, dass es für den Autohandel interessant sei, wenn die Kunden SUV kauften. «Es sind attraktive Autos und sie geben uns Margen.» Schwerere Fahrzeuge bedeuten aber noch immer mehr Verbrauch und mehr Schadstoffausstoss.
Soll die Schweizer Autobranche das CO2-Ziel von 95 Gramm ab 2021 schaffen, benötigt sie Unterstützung durch die Politik. So verweist auto-schweiz auch auf die Wichtigkeit der Rahmenbedingungen. Diese bestehen zum einen aus einer Einführungsphase («Phasing-in»), bei der bis Ende 2022 bei der Berechnung des CO2-Durchschnitts eines Importeurs nur dessen CO2-ärmsten Neufahrzeuge berücksichtigt werden. Der fragliche Flottenanteil nimmt jährlich zu. Zum anderen werden den Importeuren besonders emissionsarme Fahrzeuge (unter 50 g CO2/km) überproportional bzw. mehrfach angerechnet («Supercredits»). François Launaz: «Diese Einführungsmodalitäten sind für das CO2-Ziel eine Grundvoraussetzung.»
Doch es gibt auch hier Wolken am Horizont. So erinnert Launaz an die im Dezember 2017 durch Nationalrat Jürg Grossen (GLP/BE) eingereichte Motion, wonach der Bundesrat beauftragt werden soll, auf das Phasing-in ab 2020 zu verzichten. Immerhin hat der Bundesrat dem Parlament die Ablehnung der Motion Grossen beantragt.
Wünsche an die Kantone
«Würde die Motion dennoch angenommen und die Förderung durch das Phasing-in wegfallen, würde es für uns sehr schwierig, die Zielsetzung zu erreichen», erklärt Launaz. «Aber wenn alle beteiligten Kreise mitmachen, wird es klappen», betont der auto-schweiz-Präsident. Für ihn nicht akzeptabel sei insbesondere, dass es Kantone gebe, welche sich aus der Förderung der Elektromobilität verabschiedet hätten. «Dieses Verhalten ist unzeitgemäss.» Für auto-schweiz-Direktor Burgener «muss die öffentliche Hand steuerliche Anreize schaffen und diese müssen von einem Ausbau der Ladeinfrastruktur begleitet werden». Für ihn wird die Problematik durch die unterschiedliche Steuerpraxis der Kantone versinnbildlicht.
Andreas Burgener regt Förderprogramme an, welche man auf eine Dauer von 24 oder 36 Monate limitieren kann. «Man muss den Konsumenten ein Zeichen setzen», verlangt Burgener. Und als weitere Forderung an die Finanzpolitik wünscht er sich «eine Harmonisierung von mindestens der Motorfahrzeugsteuer». Doch nicht nur die Behörden nimmt Burgener in die Pflicht, denn er regt auch private Initiativen zugunsten der E-Mobilität an. So müssten sich etwa Pensionskassen als häufigste private Investoren in Wohnbauten verstärkt darum bemühen, bei den Liegenschaften Ladestationen anzubieten. Das wären doch schon einmal annehmbare Rahmenbedingungen. Was aber effektiv vorwärtsgeht, wird sich zeigen müssen.