BUEMI WIRD, VON VATERFREUDEN GETRIEBEN, DRITTER

Sébastien Buemi schafft in der Formel E im vierten WM-Saisonrennen den zweiten Podestplatz. Nach dem zweiten Rang in Marrakesch erreicht der Schweizer in Santiago Platz drei. Gut, auch wenn mehr drin lag.

Für den nunmehr zweifachen Papa Sébastien Buemi bleibt ein sehr guter dritter Rang. © FE

Der Franzose Jean-Eric Vergne gewinnt den Formel-E-GP in Chile, den vierten Lauf der Saison, vor seinem deutschen Teamkollegen und Formel-E-Rookie André Lotterer. Nach einer hektischen Schlussphase in Santiago durfte sich Vergne als Triumphator eines verbissenen Fights  feiern lassen. Der Franzose verteidigte seine Führung gegen Techeetah-Teamkollege André Lotterer mit aller Kraft und holte letztlich gemeinsam mit dem Deutschen den ersten Doppelsieg in der Geschichte der Formel E. Zudem übernahm er auch  die Spitze in der Fahrerwertung. Als Dritter setzte sich ebenso beherzt Sébastien Buemi gegen Felix Rosenqvist und Sam Bird durch.

Der Zweikampf der beiden Techeetah-Teamkollegen noch auf den letzten zwei Runden grenzte schon an Kamikaze. Lotterer machte plötzlich mächtig Druck auf Teamkollege Ver­gne und griff ihn vehement und ungestüm an. Dadurch konnten Buemi, Rosenqvist und Bird aufschliessen. Auf der langen Geraden kam es schliesslich sogar zur Berührung der beiden Techeetah: Lotterer steckte mit der Nase im Heck seines Teamkollegen und schob diesen die ganze Bremsphase hindurch an. Glück im Unglück: Beide erwischten gerade so noch die Kurve. «Es gab ein Missverständnis mit meinem Team. Wir hatten den Funk verloren, weshalb mir mein Team nicht mitteilen konnte, dass meine Rennstrategie eine Runde zu lang war», hielt Vergne fest. Und: «Ich habe viel Energie gespart und André ist dadurch sehr schnell viel näher gekommen.» Lotterer, 2012 mit Marcel Fässler Langstrecken-Weltmeister auf Audi, meinte zu den abenteuerlichen Momenten: «Das war tolles Racing! Ich hatte eine gute Pace, aber es ist in der Formel E nicht einfach zu überholen. Abgesehen davon weiss Jean-Eric auch, wie man sich verteidigt.» Es sei schön zu sehen, was das Team an einem perfekten Wochenende erreichen könne, meinte der gebürtige Belgier. «Für den Moment bin ich einfach nur happy, das Leben ist gut zu mir!»

Jean-Eric Vergne gewinnt im Techeetah, einem Kundenteam von Renault, den Formel-E-GP in Chile vor Teamkollege Lotterer.

Wie beim ersten Kind

Hinter dem Siegerduo verteidigte sich Sébastien Buemi wie gesagt  mit allem, was er mobilisieren konnte gegen die Angriffe von vor allem dem Schweden Rosenqvist. «Leider fiel ich schon am Start zwei Plätze zurück», meinte Buemi. In Runde 30 von 37 zog der Waadtländer dann an Nelson Piquet junior vorbei und belegte damit den letzten Podestrang. Und da blieb er dann auch. «Platz drei ist trotzdem ein grandioses Ergebnis, auch wenn es etwas enttäuschend ist, hinter dem Kundenteam zu sein», sagte Buemi. Im WM-Zwischenklassement verbesserte sich der Weltmeister von 2016, der soeben zum zweiten Mal Vater geworden ist (Sohn Théo), vom  sechsten auf den vierten Platz. Während der Waadtländer vor zwei Jahren in Mexiko Stadt, als er erstmals Papa geworden war, Dritter wurde, fuhr er jetzt also auch in Santiago de Chile als Dritter aufs Podest. In den ersten zwei Saisonrennen in Hongkong hatte Buemi nur einen Punkt gewinnen können. Der zweite Schweizer in Santiago, Edoardo Mortara, verzeichnete bei Temperaturen von über 30 Grad schon früh einen «Quersteher» und musste sich mit dem 13. Rang begnügen.

Nur fast disqualifiziert

Das chinesische Team Techeetah ist nach dem historischen Doppelsieg freilich nur knapp und umstrittenerweise einer Disqualifikation entgangen. Das Renault-Kundenteam hatte vor dem Rennen unzulässige Modifikationen am neuen Gurtsystem vorgenommen, ohne den Technischen Delegierten der Formel E darüber zu informieren. Nach langen Diskussionen hinter verschlossener Tür kam Techeetah mit einer Geldstrafe von zweimal 15 000 Euro glimpflich davon. Die gleiche Strafe ereilte Jerome d’Ambrosio, dessen Team Dragon Racing für das gleiche Vergehen ebenfalls mit 15 000 Euro zur Kasse gebeten wird. Mit der Abschaffung der Mindeststandzeit beim Autowechsel in der Box wurde in Santiago ein neues Anschnallsystem eingeführt, das die Sicherheit nach dem Boxenstopp gewährleisten soll. Ein Sensor an den oberen Gurten bestätigt dabei, dass der Fahrer richtig angeschnallt ist. Offenbar haben manche Teams bereits Wege gefunden, um die Standzeit trotzdem so kurz wie möglich zu halten. So schafften der Rennsieger Jean-Eric Vergne und der Zweitplatzierte André Lotterer beim Autowechsel die schnellste beziehungsweise drittschnellste Zeit.

Nach dem Urteil zur «Gurt-Affäre» sieht sich der Veranstalter einer gewissen Kritik ausgesetzt – und das durchaus zu Recht. Denn dass Techeetah bei einem Vergehen, das womöglich sogar einen Zeitvorteil gebracht hat, mit einer Geldstrafe davonkommt, hinterlässt doch immerhin einige Fragezeichen. «Lasst uns doch einfach alle unser Equipment modifizieren und dafür nur ein Bussgeld bezahlen», twitterte Virgin-Fahrer Sam Bird, der im Rennen Fünfter wurde und mit Vergne um den Titel kämpft. Inzwischen hat der Brite seinen Post wieder gelöscht.

Ohne Punkte blieb auch in Chile das Audi-Team: Weltmeister Lucas di Grassi schied aus und wartet damit nach wie vor auf den ersten WM-Punkt in dieser Saison. Das nächste Rennen findet am 3. März in Mexiko statt, am 10. Juni soll die Formel E dann erstmals in Zürich gastieren.

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