Zu Beginn der zweiten Staffel von „The Grand Tour“ sind Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May wieder unterwegs, um die Welt mit grossartigen Autos, irrwitzigen Abenteuern und idiotischen Sprüchen unsicher zu machen. Dafür haben sie sich als Startpunkt dieses Mal die Schweiz ausgesucht und sind auf den Strassen der „Grand Tour of Switzerland“ mit mehreren hochklassigen Sportwagen unterwegs: dem Lamborghini Aventador S, dem Honda NSX und dem vollelektrischen Supersportwagen Rimac Concept One. Richard Hammonds Unfall beim Hemberger Bergrennen, welches Konsequenzen für die Rennorganisation im nächsten Jahr nach sich ziehen wird, ist natürlich auch ein Thema in der ersten Episode, welche den Namen „Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft“ trägt. Zu guter Letzt hat sogar David Hasselhoff noch einen Auftritt, bei dem er gegen einen Juror von „The Voice UK“ antreten muss. Das alles anzuschauen macht natürlich wieder grossen Spass, zumal sich die Moderatoren nichts schenken, wenn es darum geht, auszudiskutieren, „…welcher von ihnen der grössere Idiot ist“ (Zitat Amazon).
Die Sendung, bei welcher fast jede Folge aus einem anderen Land aufgezeichnet wird, wechselte 2015 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten vom Sender BBC zum Streamingdienst Amazon Video. Das Moderatoren-Trio zusammen mit dem Produzenten Wilman stammt komplett von „Top Gear“, welche eine der teuersten Sendungen aus dem Vereinigten Königreich ist.
In Amazon Prime ist die Serie standardmässig enthalten. Wenn zu Weihnachten die Pakete also nicht ganz pünktlich kommen oder andere Katastrophen ins Haus stehen, kann man sich einfach mit einer oder mehreren Folgen dieser stimmungshebenden Sendung auf andere Gedanken bringen.
Meinung:
The Grand (De-)Tour
So, das war sie also, die erste Episode der zweiten Staffel von «The Grand Tour». Die «Boys», alle drei – Jeremy Clarkson, James Max und Richard Hammond – eigentlich Herren im besten Alter, besuchten mit ihrer Auto-Sendung auf dem Streaming-Dienst «Amazon-Prime» die Schweiz. Dass bei deren Produktion nicht alles glatt abgelaufen ist, ist hinlänglich bekannt. Der Crash Hammonds mit dem Rimac am Bergrennen von Hemberg sorgte für reichliche Schlagzeilen. Dass Clarkson, nie darum verlegen, sich allzu weit zum Fenster hinaus zu lehnen, über unser Land auch schon Begriffe wie «Car-hating Switzerland» und Ähnliches von sich gegeben hat, sei nur am Rande erwähnt. Gemäss Plot der ersten Episode war es denn auch der «Hamster», wie der kurz gewachsene Richard Hammond schon zu Zeiten von «Top Gear» genannt wurde, der die Idee hatte in die Schweiz zu fahren.
Als Domizil wählten die drei Auto-Unterhalter das Park Hotel Weggis. Interessant dabei: die Routenwahl um nach Luzern zu gelangen führt hier durch die Schöllenenschlucht und über die Teufelsbrücke, die alte notabene, was natürlich nicht ohne Komplikationen abgeht. Und die definitiv nicht an dieser Strecke liegt, aber besser wirkt.
In Luzern verfransen sich die drei Protagonisten, jeweils mit einem Supersportwagen ihrer Wahl unterwegs (Clarkson im Dinosaurier Lamborghini Aventador, May im «Sportscar of today» Honda NSX mit Hybrid-Antrieb und Hammond mit dem Supersportwagen der Zukunft, dem über 1224 PS starken Elektrosportwagen-Prototyp von Rimac), in der Altstadt von Luzern. Eine hübsche Idee und in ihrer Umsetzung ganz in der Tradition der automobilen Unterhaltung verpflichtet, wofür bereits «Top Gear», nach der vollständigen Übernahme und Neugestaltung durch Jeremy Clarkson und seinem Erfolgsproduzenten Ady Wilman, ab 2002 bis 2015 bekannt gewesen war. Im Verkehrshaus der Schweiz angelangt, steht der Autolift des Schaulagers im Zentrum, bedient wird dieser laut Grand Tour mittels Touch-Screen – eine Idee, die zwar fiktiv ist, aber worüber sich die verantwortlichen Kuratoren vielleicht Gedanken machen sollten, Dass Clarkson nur lästernde Worte für ein statisches Museum übrig hat, liegt auf der Hand (respektive: es entspricht der für Clarkson zugedachten Rolle). Wie er richtig bemerkt, gehört der ausgestellte Renault 16 wirklich nicht zu den Highlights in der Ausstellung. In der Rangliste der vom Wunschlift den Besucher nähergebrachten Objekte rangiert der weissgraue Franzose tatsächlich auf dem letzten Platz – der Leader übrigens ist der Sauber C16 F-1.
Das grosse Finale der Episode ist die Teilnahme an einem Bergrennen. Toll umgesetzt, und dem Image der «Motorsport-freien˚ Schweiz entgegenwirkend, zeigt die Grand Tour die Ernsthaftigkeit und die Vielfalt des Rennbetriebs am Hemberg. Der dazu geschnittene Renn-Kommentar über Lautsprecher in unverständlichem Kauderwelsch tönt für Unsereins wohl wirklich so, wie ein Brite Schweizerdeutsch wahrnimmt.
Wir wissen es, der kroatische Elektro-Supersportwagen Rimac wird zu (un)guter Letzt in Flammen aufgehen, der «Hamster» erleidet eine Knie-Fraktur. Die Kenntnis aller darauf folgenden Umstände (Busse für die Veranstalter am Hemberg, Reglementsänderung, besagte Verletzung eines der Protagonisten) verbietet zwar die Vermutung, selbst der Crash sei Teil des Skripts gewesen. Für die Publizität und den gesamten Plot der Episode hingegen war das verkohlte Rimac-Wrack wohl das Beste, was dem Auftakt der zweiten Staffel der «Grand Tour» hat passieren können. Das irritiert doch ein wenig…
Martin Sigrist
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