Der Nationalrat hat dem Begehren der vorberatenden Verkehrskommission Folge geleistet und entschieden, die vertrauensärztliche Kontrolluntersuchung für Automobilisten vom vollendeten 70. auf das vollendete 75. Altersjahr zu verschieben. In der Debatte ergriffen über zehn Votanten das Wort und legten dar, weshalb eine Änderung der jetzigen Gesetzesbestimmung angezeigt ist. Sie betonten die Eigenverantwortung der älteren Verkehrsteilnehmer und machten darauf aufmerksam, dass in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Österreich, die keine Untersuchung wie die unsere kennen, die Unfallstatistik keine nennenswerten Unterschiede in Bezug auf Autofahrer über 70 zeige. Ohnehin sei es jedem Lenker freigestellt, sich bei Bedarf zu einem beliebigen Zeitpunkt einer Untersuchung zu unterziehen oder auch Fahrkurse zu besuchen, um festzustellen, wie es um seine Fahrtüchtigkeit stehe.
Ärzteschaft ist uneinig
Die Fahrtauglichkeit sei nicht in erster Linie vom Alter, sondern vom Gesundheitszustand der betreffenden Person abhängig, wurde argumentiert und auch darauf hingewiesen, dass ein Grossteil der Ärzteschaft für die Erhöhung der Alterslimite sei, obwohl sie von dieser Vorlage wirtschaftlich gesehen negativ betroffen sei. Allerdings ist etwa Rolf Seeger, der bekannte Verkehrsmediziner vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, dem wohl kaum wirtschaftliche Interessen unterstellt werden können, ganz entschieden gegen die Heraufsetzung der jetzigen Alterslimite. Auch der Zürcher SP-Nationalrat Angelo Barillo, im Hauptberuf Arzt, wandte sich in seinem Votum gegen eine Änderung der jetzigen gesetzlichen Bestimmung. Vergeblich wiesen die Gegner im Weiteren darauf hin, die Fahrtauglichkeitsprüfung sei keine Diskriminierung, sondern eine Chance für die älteren Menschen – sie sei ein Schutz. Die heutige Regelung sei nicht aus Angst vor der älteren Generation eingeführt worden. Vielmehr stelle sie eine Massnahme zur Verkehrssicherheit im Interesse aller Verkehrsteilnehmer dar, also auch der älteren Fahrerinnen und Fahrer, aber auch von deren Angehörigen. Es nützten alle Einwände nichts.
Flankierende Massnahmen
Denn auch Bundespräsidentin Doris Leuthard sprach sich im Namen der Landesregierung für die neue Regelung aus mit der Begründung, es gehe in erster Linie darum, die Eigenverantwortung der älteren Autofahrer beim Entscheid zu stärken, wann sie mit dem Autofahren aufhören sollen. Das allein reiche aber nicht. Deshalb sei es notwendig, dass als flankierende Massnahmen regelmässige Informations- und Sensibilisierungsmassnahmen durchgeführt würden, damit sich eben Seniorinnen und Senioren auch ohne obligatorische Untersuchung spätestens, wenn sie 70 sind, mit ihrer Fahreignung befassten.
Mit grossem Mehr folgte das Nationalratsplenum den Argumenten ihrer Kommission und entschied sich für die Heraufsetzung der ärztlichen Untersuchung von heute 70 auf 75 Jahre. Das Geschäft geht nun an den Ständerat. Stimmt dieser ebenfalls zu, dürfte die neue Gesetzesbestimmung laut Bundespräsidentin Leuthard auf Anfang 2019 in Kraft treten. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass das Referendum nicht ergriffen wird.
Raoul Studer
Mit 65 muss man noch arbeiten, voll und mit 100 % Erwartung des Arbeitgebers. 5 Jahre später wird bereits die Fahrtauglichkeit „in Frage gestellt“. Da stimmt doch was nicht. 75 Jahre ist voll gerechtfertigt. Man sollte den test ganz abschaffen.