Ohne Mobilität ist unser heutiges Leben nicht vorstellbar. Sie gehört wie selbstverständlich dazu. Zur Mobilität zählt nicht nur der öffentliche, sondern auch der private Verkehr und somit das Auto. Dieses hat enorme Vorteile gebracht, aber auch unbestrittenermassen Nachteile. Da sind die Unfälle, die mit dem Verkehr verbunden sind, wie ebenso die ökologischen Nachteile. Zwar sollte der Verkehr, wie der Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra) Jürg Röthlisberger an der Pressekonferenz ausführte, nicht tödlich sein. Trotzdem ereignen sich Strassenverkehrsunfälle mit Unfallopfern.
Um die Verkehrssicherheit weiter zu verbessern, soll deswegen die Fahrausbildung optimiert werden. Unbestreitbar ist die Zahl der Verkehrsopfer in den vergangenen Jahren erfreulicherweise stetig gesunken, verglichen etwa mit dem Jahr 1970, als 1770 Verkehrstote bei einem weitaus geringeren Fahrzeugbestand zu beklagen waren. Aber Tatsache ist immer noch, dass drei Viertel der Schwerverletzten und 87 Prozent der Getöteten junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren sind. Das sind Junglenker, die den Führerausweis noch nicht lange besitzen. Auch das Via-sicura-Programm hat viel zu mehr Verkehrssicherheit beigetragen, ebenso die seit 2005 bestehende 2-Phasen-Ausbildung für Junglenker, auch wenn sie aufgrund der gemachten Erfahrungen noch nicht die gewünschte Wirkung erzielt hat.
So habe es sich gezeigt, dass diese Ausbildung inhaltlich und administrativ verbesserungsfähig sei. Sie werde teils als zu kompliziert und zu teuer empfunden. Im Weiteren sorge sie bei den angehenden Junglenkern für Ärger, wenn Fristen nicht eingehalten werden könnten und Ausbildungsschritte wiederholt werden müssten.
Diese Gründe lassen es als angezeigt erscheinen, die Vorschriften über die Zulassung von Personen zum Strassenverkehr (Personenzulassungsverordnung) in grossem Stil zu revidieren. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat eine Vernehmlassung gestartet. Es geht dabei in erster Linie darum, die Fahrkompetenz der Junglenker zu stärken. Das ist in einem immer komplexer werdenden Umfeld von Bedeutung. Zu diesem Zweck müssen Neulenker obligatorisch zwei Einzellektionen bei einem professionellen Fahrlehrer absolvieren. In der einen Stunde sollen sie lernen, eine Vollbremsung durchzuführen, was viele im Ernstfall nicht beherrschen, wie Untersuchungen gezeigt haben. In der anderen Stunde wird Wert auf energieeffizientes Fahren gelegt. Bisher war es möglich, zur Fahrprüfung anzutreten, ohne Fahrstunden bei einem Fahrlehrer genommen zu haben.
Begleitetes Fahren schon ab 17 Jahren
Neu soll weiter der Lernfahrausweis schon mit 17 Jahren abgegeben werden können. Allerdings ist auch dann nur begleitetes Fahren erlaubt. Der bisher für 24 Monate gültige Lernfahrausweis soll künftig unbeschränkt gültig sein. Die Erlangung des Nothelferausweises ist weiterhin erforderlich. Neu können Personen, die unter 25 Jahre alt sind, nur dann die praktische Führerprüfung ablegen, wenn sie mindestens 12 Monate im Besitz des Lernfahrausweises waren und während dieser Zeit Fahrpraxis gesammelt haben. Das wird nach den Erfahrungen der bfu (Beratungsstelle für Unfallverhütung) zu mehr Fahrpraxis führen, bevor die Junglenker alleine auf der Strasse unterwegs sind. Die bfu hält es zudem für wichtig, dass vor der Prüfung in Begleitung mindestens 3000 Kilometer zurückgelegt werden, was rund 100 Fahrstunden entspricht.
Die bfu zeigt sich skeptisch
Die Abgabe des Lernfahrausweises schon ab dem 17. Geburtstag ermöglicht die Beibehaltung des Mindestalters 18 für den Erwerb des Führerausweises für Personenwagen. Infolgedessen ist geplant, den Besuch des Verkehrskundeunterrichts auf das Mindestalter von 16 Jahren herabzusetzen. Die bfu macht in diesem Zusammenhang allerdings darauf aufmerksam, dass die Vorverlegung des Lernfahrausweises ab dem 17. Geburtstag theoretisch dazu führen könnte, dass rund 40 000 Fahrer ein halbes Jahr früher auf die Strasse kommen als bisher. Das könnte sich negativ auf das Verkehrsgeschehen auswirken. Nicht einverstanden mit der vorgeschlagenen vorgezogenen Ausbildung ist der Schweizerische Fahrlehrer Verband (SFV). Er hält das Mindestalter für den Erwerb des Lernfahrausweises für weiterhin sinnvoll und dem Reifegrad der Jugendlichen angemessen.
Die bisherigen zwei Weiterausbildungs(WAB-)Kurse (14 Stunden) in der dreijährigen Probezeit, die nach wie vor gilt, sollen auf einen Tag (7 Stunden) verkürzt werden. Der Besuch dieses Kurses hat jedoch in den ersten sechs Monaten der Probezeit stattzufinden. Dagegen wendet sich der SFV. Er hält dafür, dass die neu vorgesehenen zwei obligatorischen Fahrschullektionen den wegfallenden zweiten Kurstag nicht kompensieren können.
Als weitere Neuerung ist geplant, dass derjenige, der die praktische Führerprüfung auf einem Auto mit Automatikgetriebe erfolgreich absolviert hat, neu auch handgeschaltete Autos fahren darf.
Führerausweis bleibt unbefristet
Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit hätte sich auch angeboten, den Führerausweis künftig zu befristen und dessen Gültigkeit von einer Prüfung nach 5, 7 oder 10 Jahren abhängig zu machen. Davon hat man laut Astra-Direktor Röthlisberger aber abgesehen. Zum einen appelliere man an die Eigenverantwortung jedes Lenkers, zum anderen gebe es schon heute genügend Verbände, die Weiterbildungskurse anböten und Versicherungen, die auf die Autoprämie nach dem Besuch eines Weiterbildungskurses Rabatte gewährten.
Schliesslich sind bei den Motorrädern ebenso gewichtige Neuerungen vorgesehen. Der Einstieg ins Motorradfahren soll künftig nur über die Kategorien A1 (125 cm³) und A2 (bis 35 kW) erfolgen. Der Aufstieg in eine höhere Kategorie ist nur mit Prüfung möglich. Autofahrer (Kategorie B) sollen auch für Motorräder der Kategorie A1 (125 cm³) den Ausweis nicht mehr prüfungsfrei erhalten wie bisher.
Die Vernehmlassung dauert bis
26. Oktober. Die Auswertung der Antworten und die Bereinigung der Vorlage sollen von November 2017 bis Juni 2018 erfolgen. Die ersten Pakete sollen dann ab dem 1. Juli 2019 in Kraft treten.
Gegen Weiterausbildungskurse für alle
Was die WAB-Kurse für Junglenker in der dreijährigen Probezeit ganz grundsätzlich angeht, gibt es noch eine kleine Anmerkung: Im Kanton Uri wird am 21. Mai nicht nur über die Energiestrategie 2050 landesweit abgestimmt. Es wird auch über die kantonale Volksinitiative zur Einreichung einer Standesinitiative zur Abschaffung der obligatorischen Neulenkerkurse (WAB-Kurse) abgestimmt. Danach verlangt der Kanton Uri vom Bund eine Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) dahingehend, dass die Weiterbildungskurse, gestützt auf Artikel 15a Ziffer 2 lit. b SVG, nur für diejenigen Neulenker obligatorisch sind, welche in der Probezeit eine schwere Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz begehen. Regierungsrat und Landrat empfehlen, die Initiative abzulehnen.
Der Landrat hat die Initiative mit 40 zu 21 Stimmen abgelehnt. Sagen die Stimmbürger des Kantons Uri indes Ja, muss die Standesinitiative eingereicht werden. Es liegt dann an der Bundesversammlung, darüber zu entscheiden.
Raoul Studer