Nach dem Dieselabgasskandal, der das Vertrauen in die Seriosität der Autohersteller nachhaltig erschütterte, gibt es nun auch bei den Nutzfahrzeugen Grund zu einiger Sorge. Allerdings ist das Ausmass dieser Vertuschungen viel kleiner, als man ursprünglich angenommen hatte. Dabei geht es darum, Adblue-Manipulationen an Lastwagen aufzudecken, die durch eine Recherche des ZDF Anfang Jahr ans Licht gebracht worden waren.
Für eine bessere Umwelt
Es handelt sich um Folgendes: Moderne Lastwagen und Busse mit Dieselmotoren der aktuellen Euro-6-Norm verfügen über eine Abgasnachbehandlung mit Adblue-Einspritzung. Diese Flüssigkeit besteht aus einem Drittel Harnstoff und destilliertem Wasser und zersetzt rund 90 Prozent der schädlichen Stickoxide in Wasser und Stickstoff. Und das wiederum kommt der Umwelt zugute. Nun wurde bei Lastwagenkontrollen festgestellt, dass manche Logistikunternehmen die Bordsysteme ihrer Fahrzeuge manipulieren, um kein Adblue tanken zu müssen. Die Folgen sind eine hohe Umweltbelastung durch ungereinigte Abgase. Das Adblue kostet übrigens pro 100 km 1.50 Franken.
Bei einem Treffen der Bundesämter für Strassen (Astra) und Umwelt (Bafu), der Schwerverkehrs-Kontrollbehörden, der Astag und auto-schweiz (Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure) haben sich diese vergangene Woche besprochen und sich gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht im Kampf gegen die Manipulatoren.
Hierzu haben Kontrollorgane und die Fahrzeugimporteure wertvolle technische Hinweise ausgetauscht, wo diese Geräte (Emulatoren) an die Bordelektronik angeschlossen werden können. Dies erleichtert und beschleunigt den Suchvorgang bei einer allgemeinen Lastwagenkontrolle, die in der Regel unter Zeitdruck stattfindet. Allerdings sei es, wie André Kirchhofer vom Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag, erklärte, oft schwierig, die entsprechenden Instrumente zu finden und extrem schwierig, wenn die Motorsteuerung entsprechend programmiert wurde.
Es gilt, Augenmass zu bewahren
Dabei gilt es aber, Augenmass zu bewahren und nicht in Hysterie zu verfallen. So wurden im Schwerverkehrszentrum Erstfeld UR zwischen Februar und April 2017 gemäss Kirchhofer rund 4500 Kontrollen durchgeführt und ganze 37 Verstösse gezählt.
Insgesamt wurden in den fünf Schwerverkehrszentren in der Schweiz in demselben Zeitraum über 10 000 Kontrollen durchgeführt. Die Zahl der dabei hängengebliebenen Fahrzeuge liegt laut Astra-Sprecher Thomas Rohrbach unter 1 Prozent. Die erwischten Fahrzeuge sind laut Astra ausnahmslos ausländischer Herkunft.
Finanziell spart der Lastwagenhalter bei Nichtverwendung von Adblue pro Fahrzeug je nach Gewicht und Kilometerleistung im Durchschnitt alljährlich rund 2000 Franken. Je nach Anzahl der Camions, die ein Lastwagenhalter besitzt, summiert sich das zu einer schönen Summe.
Beachtliche Wettbewerbsverzerrungen
Der ohnehin schon jetzt harte Preiskampf in der Transportbranche wird dadurch zugunsten derjenigen ausländischen Fuhrunternehmen verschärft, die sich solcher unlauterer Machenschaften bedienen. Die sich korrekt verhaltenden Schweizer Transportunternehmen erleiden anderseits dadurch einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Nach Aussagen von Astag-Sprecher Kirchhofer steht die Astag deshalb in Kontakt mit ausländischen Schwerverkehrsverbänden, die auch alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um diese Manipulationen zu unterbinden. Ob ihnen das gelingt, bleibt abzuwarten. Zu hoffen wäre es.