DER KÄSE-FAN LIEBT DEN MOTORSPORT IN ALL SEINEN FACETTEN

TAG Heuer und Motorsport sind seit Jahrzehnten eng miteinander verbunden. Euphorisch erklärt TAG-CEO und Star-Manager Jean-Claude Biver, wieso man nun in die Game-Welt einsteigt und warum Autos und Uhren so viele Gemeinsamkeiten haben.

Claude Biver

Da steht er am Salon in Genf, der Star-Manager Jean-Claude Biver, an «seinem» Stand, nein, in seiner quasi eigenen, kleinen Halle mit der Sonderausstellung. TAG Heuer und Motorsport gehören zusammen wie Nutella und Brot (s. Box). Der 68-jährige Biver referiert und erklärt, weshalb TAG nach Formel 1 und Formel E nun auch in den virtuellen Rennsport einsteigt. Die Schweizer Edel-Uhrenmarke ist Partner der demnächst lancierten, neusten Version des Playstation-Bestsellers «Gran Turismo Sport». Der Entwickler Polyphony Digital hat TAG Heuers Live-Timing-Technologie in das neue Spiel integriert. Demzufolge werden fortan Millionen von Gamern weltweit, wenn das Spiel auf den Markt kommt, das Logo von TAG Heuer zu Hause auf ihren Bildschirmen sehen. «Ich habe selbst gespielt und es ist alles so echt und aufregend», grinst Biver. Passen denn Uhren und Autos zusammen? Und wie: «Autos und Uhren haben viel gemeinsam: Räder, Getriebe, Kupplungen, Bremsen, Schrauben, Stifte, Lager … beide brauchen gelegentlich mehrere Tropfen Öl auf ihre mechanischen Teile, um wie geschmiert zu laufen, beide sind hochentwickelt, komplex, designt, präzise, basierend auf höchster Ingenieurskunst.» Ausserdem werden Sportwagen und Uhren an Leistung und Stil gemessen. «Wir sind jetzt in der Formel 1, der Formel E und im Game-Bereich engagiert; das zeigt, wie sehr wir uns seit vielen Jahrzehnten mit dem Motorsport identifizieren», sagt Biver. Und: «Wir verkaufen jedes Jahr 800 000 Uhren und müssen folglich jedes Jahr um 800 000  Kunden kämpfen. Darum müssen wir immer neue Wege gehen, um diese Kunden von morgen auf uns aufmerksam zu machen.» Ideenreich sein also, wie das TAG Heuer seit Jahrzehnten beispielhaft ist. «Wir wollen mit der Zukunft in Kontakt sein und kein Museum bleiben.» Und: «Wir behalten die Vergangenheit und machen die Zukunft», sagt Biver. «Wer kann das von sich sagen?»  Unter Top-Uhrenfirmen der Welt entscheidet sich das Rennen um Marktanteile über Aufmerksamkeit und Prominenz. Heute werden so oft 20 % und mehr des Umsatzes in die Werbung gesteckt. Gigantische Summen also.

Der hartnäckige Käse

Um die Zusammenarbeit mit den Japanern zu symbolisieren, versuchen Polyphony-Digital-Chefentwickler Kazunori Yamauchi und Jean-Claude Biver in Genf, gemeinsam einen Laib Käse zu teilen. Der Käse leistete indes pickelharten Widerstand. Yamauchi auf der einen und Biver auf der anderen Seite schafften es nicht, das lange Messer durch den Laib zu drücken. Während Yamauchi auf halbem Weg aufgibt, lässt das hartnäckige Stück verarbeitete Kuhmilch Biver keine Ruhe. Kameras, Fragen, Medien, Gäste, Zeremoniell  hin oder her – Biver nimmt das Messer selbst in die Hand und schafft es schliesslich, den Käse zu teilen. Stolz wie Oskar und strahlend wie ein Honigkuchenpferd präsentiert er das Werk seiner Beharrlichkeit. Eine bezeichnende Episode, die exemplarisch zeigt, wie dieser wohl  bedeutendste Mann in der jüngeren Geschichte der Schweizer Uhren-industrie, der so viel auch für den Motorsport tut und ein Autofan ist, tickt.

James Bond und Bo Derek

Jean-Claude Biver beherrscht die Kunst der Produktplatzierung – die Zur- Schau-Stellung von Produkten durch Promis, vornehmlich aus den Sparten Film, Musik und Sport  – virtuos. Nach dem Verkauf von Blancpain 1992 an die SSIH-Group (heute Swatch Group) für 60 Millionen Franken, der Kaufpreis 1982 betrug notabene 22 000 Franken, trat Biver in die Konzernleitung der Swatch Group mit dem Ziel die Marke Omega zu erneuern ein. Biver nutzte die Produktplatzierung in James-Bond-Filmen. Aber auch Promis wie Cindy Crawford, Michael Schumacher oder Pierce Brosnan waren für alle sichtbar im Namen von Omega unterwegs. 2003 verliess der gebürtige Luxemburger Omega, nachdem er den Umsatz verdreifacht hatte. 2004 wurde Biver CEO und Mitglied des Verwaltungsrats des Edel-Unternehmens Hublot. Unter Biver war Hublot die erste Luxusmarke, die Partnerschaften im Fussball einging. Im Jahr 2008 wurde Hublot offizieller Zeitnehmer von Manchester United und der Fussball-EM. Im Jahr 2010 dann von der Fifa und von den nächsten beiden Fussball-WMs, unmittelbar nachdem die Marke als offizielle Uhr der Formel 1 vorgestellt worden war. Zudem engagiert sich die Marke im Segelsport – unter anderem beim America’s Cup –, im Golf-, im Polo- und im Skisport. Seit 1. März 2014 ist Jean-Claude Biver zusätzlich verantwortlich für TAG Heuer. Und auch mit der durch Jack Heuer, den Urenkel des Firmengründers, seit Jahrzehnten im Motorsport fest verankerten Marke fährt Biver auf der Überholspur.

Überall da, wo es PS hat

TAG Heuer ist heute Zeitnehmer, Uhrenpartner und Team-Performance-Partner von Red Bull in der Formel 1. Der neue Wagen geht heuer unter dem Titel «Red Bull Racing TAG Heuer RB13» an den Start und wird aller Voraussicht nach während den kommenden Monaten sehr oft und sehr lang auf sehr vielen TV- und anderen Medienkanälen weltweit zu sehen sein. Wer weiss, vielleicht ist man Ende Saison sogar Weltmeister. Max Verstappen und Daniel Ricciardo haben durchaus das Zeug dazu. «Red Bull ist ein junges, dynamisches, ehrgeiziges Team, das perfekt zu unserer Marketingstrategie passt», sagt Biver. Red-Bull-Teamchef Christian Horner ergänzt: «Das Motto «Don’t Crack Under Pressure» von TAG Heuer ist ein Leitsatz, den wir bei Red Bull Racing täglich leben.» Selbstverständlich wird ein TAG-Chronometer auch diese Saison die Handgelenke der Piloten und der Teammitglieder zieren. Nebst der Formel 1 ist TAG auch Gründungspartner und offizieller Zeitnehmer der boomenden FIA-Formel-E-WM, der legendären Carrera Panamericana und des Pikes Peak in den USA, beim Goodwood Festival of Speed, dem Automobile Club von Monaco (ACM), dem GP von Monaco, beim Indy 500 in Indianapolis sowie beim Patrick Dempsey Racing Team.

Gehen fortan gemeinsame Wege; selbst wenn es bisweilen etwas «harzt» – Renn­sport-Fan Jean-Claude Biver (r.)und Kazunori Yamauchi. © MS

Genie bleibt Genie

Das «Marketing-Genie» Biver wäre nicht Biver, wenn er nicht jetzt schon erkennen würde, welch immenses Potenzial in der Online-Game-Sport-Welt steckt. Biver hat sich sein kindliches Gemüt bewahrt und ist deshalb immer leidenschaftlich neugierig geblieben. Das schärft die Sinne ungemein. Sich dem «man» unterzuordnen, also «man darf …, man sollte …, man müsste … oder das schickt sich nicht, wenn man so alt ist …» gibt es für den energetischen hochgezüchteten Manager nicht, er lebt seine Leidenschaft. Selber veranschaulicht er das mit mit Hilfe einer Metapher, die einen Jungen beschreibt, der vom Ferrari träumt. «Ein paar dieser Jungs erfüllen sich als Männer später diesen Wunsch. Ferrari und andere Luxusmarken leben davon, dass sie Träume erfüllen.» Sein eigener Traum war es, einmal einen Bauernhof zu besitzen und Käse herzustellen. Heute produziert er Käse gleichsam einer Luxusuhr: aus besten Rohstoffen und in Handarbeit. Die Milch dafür  kommt von Kühen, die auf 1400 m über Meer saftiges Gras fressen, und die nicht entrahmte Milch wird über einem Holzfeuer erhitzt. Die Bakterienkulturen für die Fermentation macht man selbst. Das mache den Unterschied, sagt Biver derart getrieben, dass man ihm alles abkaufen würde, wenn die Dinge, die er verkauft, nicht so (unge)heuer teuer wären.

Motoren für das Handgelenk

Handarbeit, Tradition und Präzision seien seine Leidenschaften, sagt Biver, der neben alten -Uhren auch alte Autos sammelt. Die Parallelen dabei sind offensichtlich: «Die erste Kupplung wurde von den Uhrmachern erfunden, um die Sekunde anzutreiben.» Eine Marke wie Ferrari baue Motoren für die Strasse, Uhrmacher bauten Motoren für das Handgelenk. Inzwischen hat die Informatik hüben wie drüben die -Mechanik als Primärtechnologie abgelöst. Biver bedauert das nicht. Er respektiere die Tradition, sei jedoch kein Nostalgiker. «Ich lebe nicht in einem Museum.»

Das Sammeln von klassischen Fahrzeugen wie dem Ferrari 275 GTB/4 von 1966 sieht Biver nicht als Widerspruch zu seinem Vertrauen in den Fortschritt. Auch ein Tesla begeistere ihn. Handwerk und Tradition könne man auch dann lieben, wenn einen die Möglichkeiten der Zukunft fasziniere. Zu seiner Autosammlung gehört darum auch gleich ein Garagen-betrieb: «Donati Biver DB12» in Vevey VD, der die Klassiker des Sammlers, der von sich sagt, null handwerkliche Fähigkeiten zu haben, pflegt.

Und wie ist er selbst als Autofahrer? Eher schnell mit gutem Antizipationsvermögen. Trotzdem lasse er sich gern chauffieren. Biver meint: So, wie die Uhr am Handgelenk etwas über ihren Träger verrate, so könne man auch an der Art, wie jemand Auto fahre, Rückschlüsse auf den Charakter ziehen. Dazu das: Er habe einmal eine Frau, die sich bei ihm für das Marketing von Omega beworben habe, gebeten, ihn am Flughafen abzuholen. Zusammen seien sie auf einem vierspurigen Highway unterwegs gewesen, als er bemerkt habe, dass sie in die falsche Richtung führen. Als er das der Frau gesagt habe, habe diese langsam von ganz rechts nach ganz links gewechselt und als auf den gegenüberliegenden fünf Spuren kein Auto gekommen sei, habe sie einen U-Turn gemacht. Worauf Biver sagte: «Wir müssen nicht mehr ins Büro, sie haben den Job.» Wieso? Erstens habe die Frau Mut und Selbstvertrauen und keine Angst vor ihm bewiesen. Zweitens habe die Frau einen Fehler sofort korrigiert und drittens habe sie zwar eine Regel gebrochen, eine aber, die nur im Notfall wichtig sei. Dabei  sei sie vorsichtig geblieben. Das ist dynamisch.

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