MEHR SICHERHEIT IM MONT-BLANC-TUNNEL

Das französisch-italienische Gemeinschaftsbauwerk erhält ein Sicherheitssystem namens «Logos». Dieses stützt sich auf die neuesten Technologien ab.

Die französische Seite des Mont-Blanc-Tunnels. © DR

Der Mont-Blanc-Tunnel wurde am 19. Juli 1965 in Betrieb genommen. Am 24. März 1999 kam es zur Tragödie: Ein Brand kostete 39 Personen das Leben, und der Tunnel musste bis am 5. März 2002 geschlossen werden. Man hatte bereits mit extensiven Sicherheitsarbeiten angefangen, aber ein neues digitales Leitsystem erlaubt es heute, die neuesten Technologien einzubringen. Das neue System heisst «Logos» (Localiser, Organiser, Gérer les Opérations de Sécurité = lokalisieren, organisieren, Sicherheitsdienste verwalten) und ergänzt die Sicherheit in der Röhre. Es erlaubt den 22 Angestellten, die sich 24 Stunden pro Tag und 7 Tage pro Woche auf ihren Posten abwechseln, mit einigen wenigen Klicks alle sicherheitsrelevanten Installationen anzusteuern: Ventilation, Verkehrsunterbrechung durch Absenken von Schranken, Benachrichtigung der Notfalldienste.

Konkret bedeutet das, dass die Sicherheitsanlage dauernd 36 000 Datenströme analysiert, die von den 15 Kameras und 4000 im ganzen Tunnel verteilten Sensoren geliefert werden. Das elektronische Gehirn überwacht, analysiert und meldet alles, was von der Norm abweicht, wie etwa ein im Bauwerk angehaltenes Fahrzeug. Es hat die Kontrolle über 11 000 Systemteile und weist die menschlichen Überwacher im Bedarfsfall an, welche Mittel in einer gegebenen Situation am besten zu ergreifen wären, sei das die Schliessung des Tunnels, das Abschalten der Belüftung, das Senken der Schranken oder die Benachrichtigung der Rettungsdienste. Logos läuft übrigens über zwei identische Plattformen, eine in Frankreich und eine in Italien.

Beruhigende Tests 

Im Jahr 2012 gingen die Teams die Komplettrevision des gesamten Steuerungssystems der Sicherheitsanlagen an, mit dem Ziel, die neuesten verfügbaren Technologien einzubauen.

Dank einer zehnjährigen Erfahrung mit Versuchen und mit der Forschung haben die Techniker die neuen Systemfunktionen umrissen, welche den Betrieb des Tunnels optimal sicherstellen würden. Nach ersten Tests im Labor experimentierten die Teams von 2015 bis 2016 ein Jahr lang mit der Wirkungsweise des neuen Systems. Die Inbetriebnahme setzte eine Million Versuche voraus, 12 000 davon unter Realbedingungen, die während 25 Nächten bei geschlossenem Tunnel durchgeführt wurden. Ein Simulator diente dazu, die Strasseningenieure während des Testjahres am Logos auszubilden. Jeder Systemüberwacher in der Kontrollzentrale muss ausserdem einen Unterricht mit 40 Lektionen absolvieren, um die Installationen ab der Lancierung zu beherrschen.

Vier Sicherheitsstufen 

Logos funktioniert mit vier Sicherheitsstufen. Am Anfang steht die Unfallerkennung. Die Techniker lösen sich im «Kon-trollturm» ohne Unterbruch Tag und Nacht und an allen Wochentagen ab. Ihre drei Hauptaufgaben sind die Kontrolle des Verkehrs, das Bedienen der Sicherheitssysteme und das Melden der Verkehrsbedingungen. Gleichzeitig gilt es, den Verkehr zu steuern und die Benutzer in Echtzeit zu informieren: Geschwindigkeitslimite 70 km/h, durchschnittlicher Fahrzeugabstand 150 m, Kontrollen durch die französische oder italienische Polizei, 40 Leuchttafeln mit Informationen, 120 Rotlichter und 40 Halbschranken alle 600 m, aber auch ein Dutzend FM-Radiofrequenzen. Logos verwaltet zusätzlich den Schutz der Benutzer mit 116 Buchten und 37 gesicherten Schutzräumen von 40 m² Grösse. Diese bieten alle 300 m eine hermetisch abgeriegelte und mit Frischluft versorgte Überlebensstation, die unter anderem mit einem Video-Telefon und mit Trinkwasser versehen ist. Die Schutzräume sind über unterirdische Gänge auf der gesamten Länge des Tunnels (11.6 km) miteinander verbunden. Die neue Anlage erlaubt die Steuerung der Feuerwehrsysteme und der Aktiv-Einsatzposten: Zwölf Feuerwehrleute sind an beiden Portalen und in der Tunnelmitte Tag und Nacht mit ihren Proteus-Fahrzeugen auf Station. Die Ausstattung umfasst auch 76 Ventilatoren mit einer Luftevakuationskapazität von 150 m³/s über einen Abschnitt von 600 m Länge.

Investitionen von 4 Millionen Euro 

Der Mont-Blanc-Tunnel wird entsprechend einem Abkommen der zuständigen französischen und italienischen Minister von einer grenzübergreifenden Kommission betrieben. Die Verwaltung bringt das technische Wissen des Sicherheitskomitees ein, welches alle Gefahrenpunkte bewertet. Ein unabhängiger Fachmann überwacht gleichzeitig fortwährend, ob alle nötigen Massnahmen getroffen, regelmässige Unterhaltsarbeiten getätigt und die vier Sicherheitsübungen pro Jahr durchgeführt werden.

Logos kostete die Kleinigkeit von 4 Mio. Euro, die von den Tunnelbetreibern ATMB (Autoroutes et Tunnel du Mont-Blanc/Frankreich) und SITMB (Società Italiana per il Traforo del Monte Bianco/Italien) übernommen worden sind.

 

René Hug

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