Als Jari-Matti Latvala am 16. September 2012 den Sieger-Champagner der Rallye Grossbritannien versprühte, dachte M-Sport-Chef Malcolm Wilson damals wohl nicht daran, dass für sein Team eine lange Durststrecke folgen wird. Ende 2012 zog sich Ford werksseitig aus der Rallye-WM zurück, VW stieg 2013 ein und dominierte fortan fast nach Belieben. Immerhin konnte sich Thierry Neuville 2013 als Vizeweltmeister feiern lassen; Siege blieben aber aus. M-Sport belegte in den vergangenen vier Jahren als Privatteam die Plätze 3, 3, 4 und 4 in der Marken-WM. Mit dem neuen Ford Fiesta WRC und mit Weltmeister Sébastien Ogier soll es nun wieder bergauf gehen. «Es ist unsere stärkste Fahrerpaarung seit 2006/2007 mit Marcus Grönholm und Mikko Hirvonen. Nicht falsch verstehen, wir hatten seither viele tolle Fahrer, aber die Saison mit zwei Fahrern zu beginnen, die unglaubliche Leistungen zeigen können, ist für M-Sport eine komplett neue Dimension», sagte Wilson bei WRC.com vor dem Saisonauftakt in Monte Carlo. «Viele Mitarbeiter waren vor zehn Jahren noch nicht bei uns. Alle arbeiten momentan mit 110 Prozent.»
Ein «Detail» war anders
Nun, nach dem ersten Lauf zur WM an der traditionellen Rallye Monte Carlo darf sich Ford respektive M-Sport tatsächlich berechtigte Hoffnungen machen, am Ende der Saison die WM-Krone zu kriegen. Der vierfache Weltmeister Sébastien Ogier und sein Beifahrer Julien Ingrassia sind perfekt in die WM gestartet. Der 33-Jährige aus der französischen Alpenstadt Gap, dem zentralen Serviceplatz der 85. Rallye Monte Carlo, gewann zum vierten Mal «en suite» im Fürstentum an der Côte d’Azur. Beim phasenweise turbulenten Saisonauftakt auf den ziemlich verschneiten und vereisten Pisten in den französischen Alpen gab es an der Spitze nach einigen Dramen das fast schon gewohnte Bild auf den ersten beiden Plätzen. Ogier siegte 2:15.0 Minuten vor Jari-Matti Latvala. Doch da war ein wesentliches Detail doch anders: Die Autos von Ogier und Latvala waren keine VW Polo mehr, weil die Wolfsburger ja aus der WM ausgestiegen sind. Ogier sass bei seinem 39. Gesamtsieg erstmals im Ford Fiesta WRC von M-Sport, und Latvala steuerte den Yaris WRC (s. Text unten), mit dem Toyota nach 17 Jahren wieder in die Königsklasse zurückkehrte, mit dem zweiten Rang zu eher unerwarteten Ehren. Latvala profitierte dabei jedoch vom Pech des Teamkollegen von Ogier Ott Tänak, der nach Motorenproblemen beim «Monte»-Finale den dritten Platz (Rückstand 2:57.8 Minuten) erreichte. Mit dem sechsten Platz komplettierte Elfyn Evans im Dmack-Ford Fiesta den grossen Erfolg von M-Sport.
Ogier wie gewohnt vorne
Ogier beendete mit seinem Auftaktsieg für M-Sport und auch für Ford eine längere Durststrecke in der Weltmeisterschaft. Für Ford war es der 83. Gesamtsieg. Der letzte Sieger bei einem WM-Lauf in Monaco war 2006 Marcus Grönholm im Ford Focus WRC. Allerdings siegte 2010 Mikko Hirvonen im neuen Ford Fiesta S2000, doch damals zählte die Rallye nur zur Intercontinental Rally Challenge. «Um ehrlich zu sein, ich habe diesen Sieg eines Tages erwartet. Ich hatte auf ihn gehofft, aber gleich bei der ersten Rallye zu siegen, nachdem ich erst seit Kurzem im Team bin, ist schon fantastisch», jubelte Ogier. «Ich bin sehr glücklich. Die Bedingungen haben uns das Leben nicht leicht gemacht. Wir sind im Schnee gestartet und wir haben die Rallye in noch mehr Schnee beendet.» Womit Ogier den sehr starken Schneefall am Col de Turini ansprach. «Es ist schon etwas verrückt. Erstmals in einer Rallye mit einem anderem Auto und gleich Zweiter. Gratulation an das Team. Dieses hat fantastisch gearbeitet und das ist nun der Lohn. Und ich mit einem Auto ‹made in Finland›», freute sich Latvala. «Wir haben sehr hart gearbeitet. Bis heute Morgen gaben wir unser Bestes», mehr sagte der streckenweise auf Rang zwei liegende Tänak nicht, an dessen Ford Fiesta zwei Zylinder ausfielen.
Neuvilles Pech, Burri stark
Ogier hatte bei seinem Sieg freilich auch das Glück des Tüchtigen. Der -Vizechampion Thierry Neuville übernahm im Hyundai vom Start weg die Führung und baute diese mit fünf Bestzeiten zu einem Vorsprung von 51 Sekunden auf Ogier aus. In der letzten Samstag-Entscheidung beschädigte er die Aufhängung am linken Hinterrad. Nach einer selbst durchgeführten Notreparatur verlor er mehr als 32 Minuten und fiel damit hoffnungslos vom 1. auf den 15. Rang zurück, noch hinter den vierfachen Schweizer Meister Olivier Burri im Ford Fiesta R5, der bei seiner 16. Rallye Monte mit zwei siebten Rängen eine starke Leistung zeigte. Neuville: «Ich denke, wir waren die, die in dieser Woche zu schlagen waren. Das Team hat ein unglaubliches Auto gebaut.»
Citroën patzte
Citroën enttäuschte bei seinem WM-Comeback nach einer einjährigen Pause mit dem neuen C3 WRC trotz einer sehr intensiven Entwicklungs- und Testphase. Die Franzosen mussten mit dem neuen C3 WRC einige Dämpfer, teils durch Fahrfehler, teils wegen der Technik, einstecken. Stammfahrer Kris Meeke scheiterte an sich selbst sowie an der Technik und schied nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ganz aus. Stéphane Lefebvre sorgte immerhin am «Col de Turini» für die erste WM-Bestzeit des C3 WRC. In der Gesamtwertung erreichte er indes einen knappen Rückstand von 3:47.3 Minuten.
Andreas Mikkelsen hat noch kein WRC-Cockpit gefunden. Dafür stellte der Norweger die Konkurrenz im offiziellen Škoda Fabia R5 als Gesamtsieger der WRC2 in den Senkel. 3:25.4 Minuten betrug der Vorsprung von Mikkelsen vor Teamkollege Jan Kopecky.